Cidre ist in der Schweiz ein Nischenprodukt. Ein Winzer ist jedoch vom Potenzial des Apfelweins überzeugt.
Markus Ruch stammt ursprünglich aus Mostindien, wie der Kanton Thurgau genannt wird. Seit 2007 betreibt der Winzer in Neunkirch/SH einen Weinbaubetrieb. «Ich wollte mich nach zehn Jahren vergrössern, jedoch war es sehr schwierig, neues Rebland zu erwerben», erinnert sich der 48-Jährige. Da es in seiner Wohngemeinde zahlreiche Hochstamm-bäume gibt, die nicht mehr genutzt werden, kam er auf die Idee, Cidre herzustellen. «Mit einem Weinbaubetrieb ist es schwierig, gleichzeitig Kernobst zu pflegen und zu verarbeiten», erklärt Markus Ruch. Darum wandte er sich an Beni Oswald, der Miteigentümer der Mosterei in Neunkirch ist.
«Grundsätzlich macht es für mich mehr Sinn, Cidre herzustellen als Wein», ist der Winzer überzeugt. Reben werden oft in Monokulturen angebaut, was bei Obstbäumen nicht der Fall sei. Zudem seien Hochstammbäume wichtig für die Biodiversität. Die Streuobstgürtel, die früher um viele Dörfer gediehen, boten Nützlingen Schutz, und das Obst versorgte die Bevölkerung mit Vitaminen. Viele der Apfel- und Birnensorten, die Markus Ruch und Beni Oswald für ihre Cidres verwenden, eignen sich nicht als Tafelobst. Sie verfügen über zu viel Säure und haben einen hohen Gerbstoffanteil. Für die Herstellung von Saft oder Cidre sind sie hingegen ideal.
«Am Anfang haben wir Versuche mit Tafelobst gemacht. Die Weine waren jedoch langweilig, ihnen fehlte der Charakter.» Zum Teil seien die Bäume, von denen das Mostobst stammt, bis zu hundert Jahre alt. «Beni Oswald und mir ist es wichtig, diesen Bäumen ihren Wert wieder zurückzugeben und sie dadurch zu erhalten.» Markus Ruch bedauert, dass es in der Schweiz keine richtige Cidrekultur gibt. Im Kanton Thurgau existieren zwar zahlreiche Mostereien. Viele stellen jedoch nur Most und keinen Cidre her. Den Grund dafür kennt er nicht. «Immer wieder habe ich von einem Cidre-Boom in der Schweiz gehört oder gelesen. Leider kann davon aber keine Rede sein.»
Egal ob aus Trauben, Äpfeln oder Birnen, dem Winzer ist es wichtig, seine Weine naturbelassen herzustellen. «Wir verwenden keine Zusatzstoffe und vergären spontan mit wilden Hefen.» Da die Hefe auf Kernobst sehr stark sei, müssten sie die Vergärung oft kontrollieren. Nachdem zwei Drittel des Zuckers im Most vergärt ist, füllen sie ihn in Champagnerflaschen ab und verschliessen diese. Danach fermentiert der Wein zu Ende und erhält so natürliche Kohlensäure. «Früher hat man auf diese Weise Champagner hergestellt. Die Methode nennt sich ancestral.» Sie wird nur noch selten angewendet, da sich die Gärung weniger gut kontrollieren lässt.
Am Cidre schätzt Markus Ruch, dass er weniger Alkohol als Wein aufweist. Durch die natürliche Kohlensäure ist er frisch und dank dem Obst gesund. Vor allem im Sommer sei Cidre ein guter Durstlöscher. Apfelwein passe zu jeder Art von Käse. «Ich gebe dem Fondue nur noch Cidre bei. Das gibt dem Käse einen besseren Geschmack», ist Markus Ruch überzeugt. Auch zu Fischgerichten oder weissem Fleisch passe Cidre ausgezeichnet.
(Daniela Oegerli)