Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Meine Zündschnur hat sich in den letzten Jahren verkürzt»

Nach 17 Jahren an der Spitze der Union geht Geschäftsleiter Urs Masshardt in Pension. Ein Rückblick mit Zündstoff.

Urs Masshardt: «Es gilt, unseren Errungenschaften Sorge zu tragen und das Bildungsangebot in unserer Branche systematisch zu erweitern.» (Filipa Peixeiro)

HGZ: Urs Masshardt, was sollte zu Ihrem Abschied gespielt werden: «Time to say goodbye» oder «I did it my way»?

Urs Masshardt: Ganz klar Frank Sinatras «I did it my way!»

Sinatra singt von seiner Art, wie er sein Leben meisterte. Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben, mit dem sie 17 Jahre die Geschicke der Union in Luzern leiteten?

Ich antworte gerne mit Rock-Klassikern. In «Eye of the Tiger» von Survivor geht es um Kampfgeist und Entschlossenheit. Beides ist nötig, um eine Institution erfolgreich zu leiten. In «Don’t Stop Believin’» von Journey wird man ermutigt, an seine Visionen  und Träume zu glauben, auch in schweren Zeiten. Der Song symbolisiert Durchhaltevermögen und Optimismus, Eigenschaften, die auf mich zutreffen.

Wenn Sie zurückblicken, worauf sind Sie besonders stolz?

Sicher auf die schnelle, pragmatische und unkomplizierte Integration des damaligen Berufsverbandes Sbkpv in die Union. Ohne Union gäbe es den Berufsverband Bäckerei & Confiserie nicht mehr. Und dann ist da natürlich das Weiter- und Ausbildungskonzept des L-GAV, welches die Union massgeblich initialisiert und umgesetzt hat. Betriebsintern, quasi innenpolitisch, bin ich stolz darauf, dass wir während rund 15 Jahren die Personalkosten auf gleichem Niveau halten konnten – ohne Kürzung von Dienstleistungen für Mitglieder. Die Hotel & Gastro Union ist ein gut aufgestellter Verband und attraktiver Arbeitgeber.


«Die Hotel & Gastro Union muss man nicht lieben, aber achten!»


Und was ärgert Sie, nicht hingekriegt zu haben? 

Ich habe mir am Anfang vorgestellt, dass das Thema Mitgliedergewinnung einfach anzupacken sei. «Member gets member» ist die erste Wahl in einem Verband. Ich wünschte mir, dass die Berufsleute in der Branche diesbezüglich aktiver werden. Da habe ich wortwörtlich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Nach wie vor werden Mitarbeitende in unserer Branche sehr stark von den Arbeitgebern beeinflusst und die Union wird als «böse» Gewerkschaft tituliert.

Ein Seitenhieb gegen Gastrosuisse. Wie war Ihr Verhältnis zu deren langjährigem Präsidenten Casimir Platzer?

Er stammt aus Kandersteg, ich bin mit Grindelwald verbunden. Das Berner Oberland ist das verbindende Element. Oft wird den Berglern nachgesagt, dass sie engstirnig sind. Ich hätte mir gewünscht, dass Casimir Platzer für die Branche weitsichtiger gewesen wäre.

Sie haben nie ein Blatt vor den Mund genommen, wenn es in der Branche und im Verband mal krachte. Bereuen Sie es, manchmal nicht diplomatischer gewesen zu sein?

«Everybody’s Darling» war und ist nicht mein Ding. In der Tat hat sich meine Zündschnur in den letzten Jahren sogar verkürzt. Eine Institution wie die Union und deren Repräsentanten muss man nicht lieben, aber man muss sie achten. Da braucht es Klartext.

Bei welchem Typ Mensch ist Urs Masshardts Zündschnur besonders kurz?

Bei jenem, der in Dossiers nicht sattelfest ist und sich überschätzt. Und mit Intriganten wollte und will ich auch in Zukunft nichts zu tun haben.

Und welchen Menschenschlag schätzen Sie?

Jenen, der lösungsorientiert ist. Also nicht die Zweifler, sondern die Macher.

Wenn Sie an die Branchenentwicklung denken, was bereitet Ihnen Sorge?

Der mangelnde Berufsnachwuchs. In den letzten zehn Jahren bildete die Branche rund 40 Prozent weniger Köche aus. Die Demografie spielt hier sicher eine Rolle, der Rückgang an Nachwuchs ist damit allein nicht zu entschuldigen. Das Nachwuchsmarketing und das Image der Branche sind mehrheitlich Sache der Arbeitgeber.

Und was gibt Ihnen Anlass zur Hoffnung auf Besserung?

Immer mehr Arbeitgeber verfügen über eine umfassende Ausbildung. Die Hotelfachschule Luzern diplomiert jedes Jahr rund 200 Kaderleute. Auch profitieren nach wie vor Hunderte von Absolventen von den L-GAV-subventionierten Weiterbildungen.

Ein Satz zu Ihrem Nachfolger Oliver Schärli.

Er darf sich auf ein engagiertes und eingespieltes Team freuen, mit dem er die Union in die Zukunft führen kann. 

Was macht Urs Masshardt in seinen ersten Rentnerwochen?

Mit meiner Frau reise ich nach New York, um unseren jüngeren Sohn zu besuchen und hoffentlich unser sechstes Enkelkind in die Arme zu nehmen.

(Jörg Ruppelt)


Zur Person

Urs Masshardt wuchs in Emmenbrücke/LU auf und absolvierte die Berufslehre zum Mechaniker. Nach einem Wechsel in die IT-Branche bildete er sich zum Wirtschaftsinformatiker WISS weiter und besuchte eine höhere Wirtschaftsfachschule. Urs Masshardt war IT-Projektleiter Coop-Supercard und später Mitglied der Geschäftsleitung bei Bern Mobil. 2007 wechselte er als Geschäftsleiter zur Hotel & Gastro Union.


Mehr Informationen unter:

hotelgastrounion.ch­


Stimmen langjähriger Weggefährten

Georges Knecht

Ehemaliger Präsident der Hotel & Gastro Union

Urs als Geschäftsleiter und ich als Präsident der Hotel & Gastro Union und vorher Präsident des Kochverbands hatten turbulente und spannende Zeiten zusammen. Toll fand ich, wie er sich für die Berufsverbände einsetzte und unsere Seite gegen aussen gut vertrat. Er hat sich für all die verschiedensten Tätigkeiten des Kochverbandes engagiert und unterstützte uns sehr.

Miriam Böger

Direktorin Art Deco Hotel Montana, Luzern

Urs ist für mich und mein Team immer offen für neue Ideen, Trends und Innovationen. Nie hört man von ihm ein «Das haben wir schon immer so gemacht, das bleibt so». Das schätze ich sehr an ihm. Schön, dass er als Verwaltungsratspräsident dem Art Deco Hotel Montana, Luzern, auch nach seiner Pensionierung noch länger erhalten bleibt!

Adrian Wüthrich

Präsident des Arbeitnehmendendachverbands Travail Suisse

Es war Urs, der mich im Namen der Findungskommission angefragt hat, fürs Präsidium von Travail Suisse zu kandidieren. Seither habe ich Urs als Strategen und Unterstützer kennen- und schätzen gelernt, dem das Wohl der Arbeitnehmenden am Herzen liegt und der tagtäglich für pragmatische Lösungen kämpft, um einen Schritt in diese Richtung weiterzukommen.

Max Züst

Ehemaliger Direktor Hotel & Gastro Formation Schweiz

Urs ist ein Macher. Er kann austeilen, jedoch auch einstecken, er kann Leute motivieren, ist verlässlich, wirkt vertrauensbildend, und er ist wertschätzend. Diese Eigenschaften waren, speziell in seinen Jahren als Präsident von Hotel & Gastro Formation Schweiz, sehr unterstützend für mich. Sein tolerantes und offenes Menschenbild ist in einer multikulturellen Branche sehr wertvoll.

Casimir Platzer

Ehemaliger Präsident Gastrosuisse

Urs Masshardt und ich vertraten auch mal unterschiedliche Ansichten. Unsere Differenzen führten stets zu lebhaften und konstruktiven Diskussionen. Er hat sich mit grosser Hingabe für die Interessen der Branche eingesetzt und dabei eine wichtige Rolle gespielt. Seine Entschlossenheit und sein Einsatz verdienen Anerkennung. Ich wünsche ihm für seine Zukunft alles Gute.