Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Mit vereinten Kräften aus der Krise»

Das Jahresende ist eine Zeit, um Rückschau zu halten und sich neu auszurichten. Auch für Urs Masshardt, Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union.

«Das Gastgewerbe braucht gut ausgebildete Fachkräfte. Sie sind für den Erhalt, den Wiederaufbau und die Neuausrichtung der Branche wichtig.» (ZVG)

Urs Masshardt, was sehen Sie, wenn Sie auf das Jahr 2020 zurückblicken?
Ich schaue auf eine sehr anspruchsvolle Zeit zurück. Covid-19 und die Massnahmen des Bundes stellten uns alle vor vollendete Tatsachen, mit denen wir lernen mussten zu leben.

Gelang das dem Gastgewerbe?
Ja, denn trotz Planungsunsicherheit, Existenzängsten, unerwarteter Herausforderungen und Hin-dernissen sind die Gastgewerbler gute Gastgeber geblieben. Sie boten Liefer- und Take-away-Services an, verkauften Hausgemachtes online, richteten Gaststuben coronakonform ein und stellten Hotelzimmer zur Homeoffice- Benutzung zur Verfügung. Man hat zusammengehalten und sich gegenseitig unterstützt. Das finde ich, allen Widrigkeiten zum Trotz, sehr positiv. Ich sehe aber auch, dass die Branche, insbesondere die Arbeitnehmenden müde sind.

Was unternimmt die Hotel & Gastro Union, um die Branche und Mitarbeitenden wieder munterer zu machen?
Wir unterstützen unsere Mitglieder auf verschiedenen Ebenen. Sei es mit Informationen und Rechtsberatung oder bei der Suche nach einer neuen Stelle über unsere Plattform www.gastrojob.ch Wir greifen auch Mitgliedern, die wegen Corona in Not geraten sind, im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten unter die Arme.

Vor Corona war der Fachkräftemangel ein grosses Thema. Hat sich das nun erledigt?
Gut ausgebildete Mitarbeitende sind immer ein wichtiger Erfolgsfaktor. Sie werden auch nach der Pandemie zum Wiederaufbau und zur Neuausrichtung der Branche gebraucht. Deshalb werden sich die Hotel & Gastro Union und ihre Berufsverbände noch intensiver für die Förderung der Aus- und Weiterbildung einsetzen.

Wie werden Sie das tun?
Durch Information. Was viele noch immer nicht wissen: Seit 2010 unterstützt der L-GAV des Gastgewerbes Aus- und Weiterbildungswillige äusserst grosszügig. Mitarbeitende, die in einem dem L-GAV unterstellten Betrieb angestellt sind, können ihren gesamten Bildungsweg fast kostenlos absolvieren. Je nach Lehrgang beträgt die Ersparnis bis zu über 15 000 Franken. Mitarbeitenden bei der Weiterbildung zu unterstützen, lohnt sich auch für die Arbeitgeber. Sie profitieren nicht nur vom Know-how der besser qualifizierten Angestellten, sie werden für deren Ausfälle in der Regel mit Lohnersatz bis zu über 7000 Franken entschädigt. Diese Botschaft werden die Berufsverbände im neuen Jahr verstärkt auf allen Kanälen verbreiten.

Welche Ziele haben Sie sich sonst noch gesetzt?
Wir werden die bestehenden Netz-werke und damit die Solidarität und Verbundenheit zwischen den Mitgliedern weiter fördern. Ausserdem lancieren wir neu eine Botschafterkampagne.

Wie sieht diese Kampagne aus?
Die einzelnen Verbände werden berufsspezifische Botschaften an ihre Mitglieder und an mögliche Neumitglieder richten. Diese Botschaften sollen durch geeignete Mitglieder in deren Betrieben verbreitet und so zu allen Arbeitnehmenden in der Verpflegungs- und Beherbergungsbranche gelangen. Vor allem zu jenen, die als Nichtmitglieder zwar von den Annehmlichkeiten des L-GAV profitieren, selber aber noch nichts dafür tun.

«Betriebe profitieren, wenn sie ihren Mitarbeitern Weiterbildung ermöglichen.»

 

Werden die Botschafter bei dieser Aufgabe unterstützt?
Ja. Dafür haben wir extra eine Stelle geschaffen und sie mit Kilian Koch besetzt. Er hat soziokulturelle Animation studiert und ist Experte darin, Menschen für eine gute Sache zu mobilisieren.

Warum sollen sich Arbeitnehmende den Berufsverbänden anschliessen?
Weil es sinnvoll ist, sich gemeinsam mit Gleichgesinnten für seinen Beruf und gute Arbeitsbedingungen einzusetzen. Nur zu profitieren ist unfair und egoistisch. Wie wichtig Solidarität, sozialer Zusammenhalt und Kooperationen sind, haben wir spätestens im Corona-Jahr gelernt. Um für zukünftige wirtschaftliche und politische Herausforderungen gewappnet zu sein, werden sich daher auch die Berufsverbände Gleichgesinnte und Verbündete suchen. Wir sind überzeugt, dass es die gibt und wir uns gegensei-tig unterstützen und fördern können.

Wo suchen Sie diese?
Hauptsächlich innerhalb der Gastronomie, Hotellerie und Tou-rismusbranche. Wir sind aber auch offen für Kooperationen mit externen Partnern. Ich denke an Zulieferer, Lebensmittelproduzenten, Bildungsinstitutionen und Verbände anderer Branchen.

Welche weiteren Themen stehen 2021 auch an?
Wir möchten möglichst bald die L-GAV-Verhandlungen wieder aufnehmen können. Damit das möglich wird, müssten aber Gastrosuisse und die Gewerkschaft Unia ihren Konflikt endlich lösen und wieder gesprächsbereit werden. Ein weiteres Them betrifft die Lernenden. Bevor sie überhaupt die Ausbildung im Betrieb beginnen, müssen sie rund 2500 Franken für Lehrmaterial, Laptop und so weiter ausgeben. Das trägt nicht zur Attraktivität der gastgewerblichen Grundbildungen bei. Es gilt daher, ein anderes Finanzierungsmodell finden.

Im Herbst 2021 soll Ihre Delegiertenversammlung* stattfinden. Trotz Corona?
Wir hoffen, die DV wie geplant, natürlich mit entsprechendem Schutzkonzept, durchführen zu können. Der finale Entscheid fällt aber erst im Juli. Bis dahin bereiten wir die DV wie üblich vor.

(Interview Riccarda Frei)


Zur Delegierten­versammlung

Die Delegiertenversammlung ist das oberste Organ der Hotel & Gastro Union. Sie findet alle drei Jahre statt. 140 Delegierte aus allen Landesteilen wählen den Präsidenten/die Präsidentin sowie die Mitglieder des Zentral­vorstands. So bestimmen sie die weitere Ausrichtung der Hotel & Gastro Union sowie der Berufsverbände. Inter­essierte Mitglieder, die Delegierte sein wollen, melden sich bei ihrem Berufsverband.

Mehr Informationen unter:

www.hotelgastrounion.ch/de/hgu/ueber-uns/die-delegiertenversammlung