Die Schweiz ist ein Schnapsland. Das Brennen von Fruchtdestillaten hat Tradition. Entsprechend gross ist die Vielfalt, deren Qualität die Brenner permanent verbessern.
Urs Hecht, Brenner aus dem luzernischen Gunzwil, ist eins ganz wichtig: «Unsere Destillate sind reine Naturprodukte.» Er mache keine Spirituosen, die andere Zusätze bräuchten. Will heissen: Der Alkohol in seinen Schnäpsen entsteht durch natürliche Gärung. Dazu braucht er kein Ethanol, das für die derzeit weit verbreitete Ginherstellung verwendet wird. «Wir verarbeiten einzig Schweizer Früchte und schätzen die enge Zusammenarbeit mit unseren langjährigen Produzenten», so Urs Hecht. Und auch wenn es ein weniger gutes Ertragsjahr gebe, stehe für ihn das Streben nach höchster Qualität an erster Stelle. Dafür braucht es eine gute Zusammenarbeit mit den regionalen Bauern, welche Neuanpflanzungen mit der Brennerei besprechen. «Die Qualität der Früchte ist entscheidend für die Qualität des Brandes», so Urs Hecht. «Ohne hochstehende Früchte gibt es keinen guten Brand. Sie sind das Fundament unseres Erfolges.»
Dieses Engagement wird an der Distisuisse gewürdigt. So durfte sich Urs Hecht an diesem Anlass zum neunten Mal zum Brenner des Jahres küren lassen. Dieses Jahr wurde diese Ehre insgesamt sieben Brennern zuteil. Auf dem Podest mit dabei waren: Humbel – Spezialitätenbrennerei AG aus Stetten/AG, Amstutz Manufaktur AG aus Rothenburg/LU, Distillerie Studer aus Escholzmatt/LU, Heiner’s Destillate GmbH aus Zug, Distillerie Willisau SA aus Willisau/LU, Z’Graggen Distillerie AG aus Lauerz/SZ.
Bei Urs Hecht hat alles mit der fahrbaren Lohnbrennerei angefangen, die er 1984 von seinem Vater Fritz übernahm. Doch die Anfänge waren hart. Das Konsumverhalten veränderte sich in jenen Jahren zunehmend. Ein Obstler war nicht mehr gefragt. Hinzu kamen schwindende Aufträge der Bauernbetriebe, die zunehmend ihren Betrieb einstellen mussten. Dies zwang Urs Hecht, seinen Betrieb neu zu positionieren, und er stellte auf die gewerbliche Produktion um und den Verkauf seiner Brände vor Ort.
Die Destillation war bereits bei den alten Ägyptern und in der griechischen Antike zur Herstellung ätherischer Öle bekannt. Erst ab dem Jahr 1000 nach Christus begann man mit der Herstellung von Spirituosen. Aufwind bekam die Spirituosenherstellung mit der Erfindung der Brennblase, entwickelt vom deutschen Bischof Albertus Magnus (1193–1290). Im Mittelalter wurden Früchte, Wurzeln, Knollen oder Getreide wild miteinander vermischt. Es galt die Regel, was vorhanden war, wurde in den Brennhafen getan. Der Genuss war zweitrangig. Das Gebräu von damals hatte wenig mit den edlen Destillaten von heute gemeinsam. Schnaps wurde aus angefaultem Obst und oxidiertem Trester aus der Weinbereitung oder der Mosterei hergestellt. Heute hat eine komplette Kehrtwende stattgefunden, und Qualität steht bei allen Brennern an oberster Stelle.
Obstbrand ist per Definition vergorene Maische, die nach dem Brennen und Herabsetzen auf Trinkbrandstärke rund 43 Volumenprozent Alkohol aufweist. Anschliessend werden die Brände oft für bis zu zwei Jahre in Holzfässern gelagert. So auch bei Urs Hecht, dem einerseits verschiedene Stahltanks und andererseits ein Barrique-Reifekeller zur Verfügung stehen.
Heute gibt es eine unglaublich grosse Vielfalt an Fruchtbränden. Das zeigt die Anzahl der Kategorien an der Distisuisse. Da gibt es Gewinner in den Kategorien Apfelbrand, Beerenbrand, Brand aus Wildfrüchten, Gemüse- und Kartoffelbrand, Kräuter- und Wurzelbrand, Pflaumen, Zwetschgen, Damasson rouge, Mirabellen- und Quittenbrand. Für die Schweiz am bedeutendsten ist aber nach wie vor der Kirsch.
Und in dieser Kategorie kommt man nicht um die Humbel Spezialitätenbrennerei AG herum. Das 1918 gegründete Unternehmen wird heute in dritter und vierter Generation geführt. Neben klassischen Fruchtbränden produziert Humbel sortenreine Kirsch- und Obstbrände, eine Obstbrand-Linie für Bartender, Vieille-Destillate sowie Schweizer Bio-Destillate. Seit Bestehen der Distisuisse-Prämierung wurde Humbel jedes Mal als «Brenner des Jahres» ausgezeichnet.
Die besondere Wertschätzung gegenüber dem Kirsch zeige sich gemäss Humbel darin, dass nach dem Zweiten Weltkrieg ein amtliches Echtheitszeichen eingeführt wurde. Dieses sollte die Spirituose vor Panscherei schützen. Die Auflagen für diese Auszeichnung waren streng und trugen in den folgenden Jahrzehnten wesentlich zur Qualitätssteigerung bei. Mit der Lancierung sortenreiner Kirschbrände und dem Slow Food Presidi* Brenzer Kirsch hat sich Humbel einen Namen als Kirschbrenner gemacht. Brenzerkirsch bedeutet, dass der Kirsch nur aus alten Brennkirschensorten hergestellt wird.
Doch während in der Schweiz und in Europa die kontrollierte Ursprungsbezeichnung AOC an Bedeutung gewinnt, kann seit den 1990er-Jahren ein Schweizer Kirsch auch aus ausländischen Kirschen hergestellt werden. «Die nötige Liberalisierung der Spirituosenbranche, jedoch ohne klaren Ursprungsschutz für einheimische Brände, hat die Produktion von Kirschen für die Brennereien aus der Schweiz innert 20 Jahren um gut 75 Prozent zurückgehen lassen», gibt Humbel zu bedenken. «Nichtsdestotrotz hat der Schweizer Kirsch Zukunft, denn es sind heute noch über 400 Kirschsorten bekannt.» Diese Vielfalt inspiriere sein Unternehmen zur Herstellung einer brei-ten Anzahl von Kirschdestillaten. Und die zahlreichen Auszeichnungen an der Distisuisse sprechen eine eindeutige Sprache. Stolze neun Goldmedaillen hat der Familienbetrieb dieses Jahr entgegennehmen dürfen – fünf davon alleine für Kirschprodukte.
(Ruth Marending)
*Mit den Presidi unterstützt Slow Food vom Verschwinden bedrohte Lebensmittel. So sind weltweit über 500 Presidi mit mehr als 13 000 Produzenten entstanden.
Am Samstag, 13. November, ist nationaler Brennertag. Die besten Schweizer Brennereien öffnen an diesem Tag ihre Tore und zeigen dem Publikum ihr Handwerk. Es erwarten die Gäste edle Schweizer Brände und kulinarische Köstlichkeiten. Schweizweit beteiligen sich 41 Brennereien an diesem Aktionstag.
In der Schweiz gibt es über 40 Brennereien, die Obstbrände herstellen. Nachfolgend eine Auswahl der Brennereien und eine Auswahl ihrer Auszeichnungen an der Distisuisse.
1 | Amstutz Manufaktur AG, Rothenburg/LU
Das Familienunternehmen mit Gründungsjahr 1929 wird heute in vierter Generation geführt. An der Distisuisse hat es Gold für seinen Eierkirschlikör und den Vieille Kirsch erhalten. Zudem war die Manufaktur Kategoriensieger beim Randendestillat.
www.amstutz-manufaktur.ch
2 | Bauernhofbrennerei Röllin, Baar/ZG
An der Grenze zwischen Zug und Zürich bewirtschaften die Röllins einen Bauernhof mit 24 Hektaren Land. Unter den über 200 Kirschbäumen sind über 30 Sorten auszumachen. In der Brennerei neben dem Wohnhaus werden seit 1858 Obst und Kirschen destilliert. Auszeichnung an der Distisuisse für den Zuger Kirsch Zopf AOP.
Keine Webseite
3 | Brennerei Eichhof, Walchwil/ZG
Peter Hürlimann ist auf dem Eichhof aufgewachsen und führt heute zusammen mit seiner Frau Nicole die Brennerei und den Hofladen. An der Distisuisse war ihr Vieille Poire Williams Kategoriensieger.
www.eichhof-walchwil.ch
4 | Brennerei Stalder, Weggis/LU
Die Brennerei erhielt Gold für ihr Weggiser Wildpflümli und den Weggiser Mirabellenbrand. Mit dem La Vieille Williams ergatterte sie den Kategoriensieg.
www.brennereistalder.ch
5 | Destillaria Daguot, Ilanz/GR
Über 40 Jahre waren die beiden Schwager Simeon und Robert Cathomas gemeinsam auf der Jagd, und während der langen Abende haben sie darüber sinniert, wie sie ihren Ruhestand gestalten könnten. Mit der Destillerie Daguot wurde der Ruhestand 2014 zwar etwas unruhig, aber erfolgreich. Distisuisse belohnte sie mit Gold für ihre Produkte Vogelbeere mit Honig, Trabero butschin, Surselva Puaunas, Vieille Framboise, und Tschereschas neras, Vieille Cerises. www.daguot.ch
6 | Distillerie Studer & Co AG, Escholzmatt/LU
130-jährige Erfahrung. Gold für Studer Apfel, Studer Himbeere, den Old Barrel Rum und den Titlis Gin.
www.distillery.ch
7 | Diwisa Distillerie Willisau SA, Willisau/LU
Die Diwisa, gegründet 1918, wird seit 2014 von Adrian Affentranger geleitet. Distisuisse hat den Landtwing Pomme im Fass gereift, den Tucano Coquito Cocos, den Landtwing Vieille Prune Suisse Garantie, Xellent Swiss Organic Wheat Vodka Bio und den Goldwäscher Whisky Rye Virgin Oak mit Gold gekürt.
www.diwisa.ch
8 | Ernst Zuber AG
Brennerei Arisdorf/BL Die Erfolgsgeschichte der Brennerei Zuber ist nicht nur dem brennerischen Können der beiden Schwestern Yvonne und Rosmarie Zuber zu verdanken, welche das Unternehmen 1970 von ihren Eltern übernommen haben. Sondern seit einigen Jahren auch dem ausgebildeten Edelbrandsommelier Andreas Gerber. Gold für den Williamslikör.
www.zuber-destillate.ch
9 | Etter Söhne AG, Zug
Das Unternehmen wird in vierter Generation von Eveline und Gabriel Galliker-Etter geführt. An der Distisuisse erfolgreich waren vier Produkte: Etter Gravensteiner, Etter New Generation Quitte Fruchtbrand-Liqueur, Etter Vieille Orange Barrique und Etter Vieille Kirsch Barrique.
www.etter-distillerie.ch
10 | Familie Häseli, Gipf-Ober-frick/AG
Der Bauernhof an der Landstrasse mit der kleinen Brennerei wurde einst von Grossvater Gottfried Häseli gegründet. An der Distisuisse gab es Gold für den Fricktaler Eierkirsch sowie den Pflümli.
www.haeseli-huus.ch
11 | Gunzwiler Destillate Urs Hecht AG, Gunzwil/LU
Die Gunzwiler Destillate Urs Hecht AG (siehe Haupttext links) ist ein richtiges Familienunternehmen. Urs Hecht, seine Frau Theres, der Sohn Elias (26) sowie die Zwillinge Nina und Anja (24) helfen tatkräftig mit.
www.gunzwiler-destillate.ch
12 | Heiner’s Destillate GmbH, Zug
Das Ziel der Schnapsmacher Thomas und Cordula Heiner ist es, aus den besten Grundprodukten hochstehende Destillate herzustellen. Keine Massenware, sondern Craft Spirits. Von sieben an der Distisuisse eingereichten Produkten wurden vier ausgezeichnet: Himbeere, Vogelbeere, Gin 6317 und der Weichsellikör.
www.heiners-destillate.ch
13 | Humbel Spezialitätenbrennerei, Stetten/AG
Neunmal Gold gab es für die Destillerie (siehe auch Lauftext links): Bio Muscat Bleu Traubenbrand 2020, Bio Rüeblibrand, Clouds Gin Nr 7 Bio, Nr 5 Bio Mirabelle, Bio Kornelkirschenlikör, Bio Kikerikirsch, Bio Kirsch, Nr 2 Bio Hochst. Basler Langstieler 2020 und Nr 22 Brenzer Hochstamm.
www.humbel.ch
14 | Macardo Swiss Distillery, Amlikon-Bissegg/TG
Traditionelle Handarbeit wird bei der Macardo Swiss Distillery GmbH im Herstellungsprozess ganz grossgeschrieben. An der Distisuisse Erfolg hatten La Guapa Mandarin Liqueur und der Vieille Poire Williams, die beide mit Gold ausgezeichnet wurden. www.macardo.ch
15 | Orator AG – Destillerie für edle Spirituosen und feine Anlässe, Pfungen/ZH
2016 eröffneten Christian Orator und seine Frau Eva in Pfungen im Tösstal in einer ehemaligen Fabrik ihre Destillerie. Über Generationen war hier die Eskimo Textilfabrik tätig. In diesen historischen Mauern knüpfte das Ehepaar Orator an die eigene, seit vielen Generationen geübte Familientradition des Destillierens an. Der älteste Brennkessel des Urgrossvaters Karl stammt aus dem Jahr 1908. An der Distisuisse wurde der Orator Mandarine Kategoriensieger und der Orator Orange mit Gold ausgezeichnet.
www.orator.ch
16 | Wildbiss, Laufen/BL
Wildbiss ist ein kleiner Verein, der Wildbirnenschnaps produziert – ein ausgezeichnetes Feuerwasser. Dafür gab es von Distisuisse den Kategoriensieg.
www.wildbiss.ch
17 | Z’Graggen Distillerie AG, Lauerz/SZ
Seit mehr als 70 Jahren wird bei der Z’Graggen Distillerie AG Schnaps gebrannt. Die Brüder Andreas und Tony führe das Unternehmen in zweiter Generation. Der Himbeergeist, Mirabellen und Vieille Prune wurden Kategoriensieger. Gold erhielten Kräuter und Wildkirsch.
www.zgraggen.ch