Upcycling: Wenn Resten zum Rohstoff werden

Bei der Herstellung von Lebensmitteln fallen Neben- und Abfallprodukte an. Diese werden immer öfter zur Grundlage neuer Produkte, zum Beispiel aus Biertreber oder Kakao.

In der Schweiz fallen laut dem Schweizer Brauereiverband in den inländischen Brauereien jährlich etwa 80 000 Tonnen Nasstreber, auch als «Malz» oder «Biertreber» bezeichnet, an. Treber enthält sehr viele Nahrungsfasern, Proteine, Enzyme und einiges mehr, was ihn zu einem wertvollen Nebenprodukt macht und dadurch auch sehr interessantfür die weitere Verwendung in «neuen» Lebensmitteln. Ein grosser Teil dieses Trebers wird jedoch an Nutztiere verfüttert

Es gibt eine kleine Anzahl ­Firmen, die sich auf die Verarbeitung von Biertreber spezialisiert haben. So stellt beispielsweise die Firma Circular Food Solutions mit Sitz in Lenzburg/AG vegane Produkte auf Basis von Treber aus Schweizer Braugerste her. Einige dieser Produkte wie zum Beispiel Hamburger, Geschnetzeltes oder Gehacktes sind hierzulande bei verschiedenen Grossverteilern unter dem Namen V-Love oder Yup erhältlich.

Verschiedene Lebensmittel direkt aus der Brauerei

Dass sich Biertreber für Nahrungsmittel eignet, weiss Karl Locher, Inhaber der Brauerei Locher­ in Appenzell/AI, schon lange. So stellt die Brauerei seit 25 Jahren aus dem Vorbier – dem Vor- und Nachlauf bei der Abfüllung – verschiedene Bieressigsorten her. Und seit zehn Jahren produziert sie Chips, Müesli und verschiedene andere Produkte, die Biertreber enthalten. Karl Locher, der die Brauerei in der fünften Generation führt, störte schon immer, dass der wertvolle Rohstoff Biertreber an Tiere verfüttert wird, anstatt ihn zu Lebensmitteln zu verarbeiten. «Es kann doch nicht sein, dass die guten Nähr- und Ballaststoffe nicht so verwertet werden, wie sie es verdienen.»


«Wir gehen stets sorgsam mit den Ressourcen um.»

Karl Locher, Inhaber Brauerei Locher, Appenzell


Vor drei Jahren tat sich Locher mit der Firma Upgrain zusammen. Upgrain wurde von Vincent Vida gemeinsam mit Joel Steiner gegründet. Zusammen haben sie ein Verfahren entwickelt, um aus dem nassen Biertreber mit 80 Prozent Wassergehalt ein Pulver mit nur fünf bis acht Prozent Feuchtigkeit herzustellen und dabei Proteine und Ballaststoffe zu trennen.

Aus Biertreber lässt sich beispielsweise Geschnetzeltes herstellen. (zvg)

Kürzlich haben die beiden Partner in Appenzell die grösste Food-Upcycling-Anlage Europas eingeweiht. Die neue Treberaufbereitungsanlage kann jährlich rund 25 000 Tonnen Biertreber in wertvolle Rohstoffe verwandeln. Hergestellt werden drei verschiedene Produkte für die Lebensmittelindustrie: Upgrain Classic ist als Mehlersatz für Bäckereien geeignet. Upgrain Fiber ist ein Ballaststoffpulver, das zur Textur­verbesserung in Backwaren oder in Fleischersatzprodukten verwendet werden kann. Und Upgrain Protein verwendet die Lebensmittelindustrie für proteinreiche Getränke oder Snacks.

Auch die Kakaobohne gibt viel her

Ebenso bei der Herstellung von Kakao wird vermehrt darauf geachtet, keinen Abfall zu produzieren, sondern diesen als Rohstoff zu nutzen. Darum wird das Fruchtfleisch, welches die Kakaobohnen schützend umhüllt, beispielsweise zu Saft verarbeitet. Der Jus wird pasteurisiert und ergibt ein erfrischendes, exotisches Getränk. ­Dessen Aroma erinnert an Litschi, Pfirsich, Honig und Holunderblüte. ­Der Saft eignet sich unter anderem, um Glace, Cremen oder Pralinés zu aromatisieren. In konzentrierter Form dient er als Süssungs­mittel. Das Kakao-Fruchtfleisch kann auch getrocknet werden. Es kommt dann als Frühstücksflocken oder Pulver auf den Markt. Dieses kann zum Backen verwendet werden. Ein weiteres Nebenprodukt sind die Kakaokerne, auch Cocoa Nibs genannt. Sie finden hauptsächlich in Backstuben Verwendung. Erhältlich sind ­diese Kakao-Nebenprodukte im Felchlin-Online-Shop.

(Daniela Oegerli und Riccarda Frei)


Lokale Initiativen

Auf foodwaste.ch sind Projekte aufgelistet, die beispielsweise altes Brot oder fleckige, überreife Bananen als Rohstoffe für neue Produkte nutzen. Unverkäufliches Obst und Gemüse wird eingemacht, zu Sirups oder Brotaufstrichen verarbeitet.


Mehr Informationen unter:

upgrain.ch

brauereilocher.ch