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«Wenn Macht, dann im Sinne von Gestalten»

Dächlikappe statt Kochmütze. Rainer Hoffer hat mit der Übernahme des «Rössli Illnau» einen neuen Führungsstil eingeführt. Nun zieht er eine erste Bilanz.

Rainer Hoffer, nur wenige geben gerne Auskunft über ihren Jahresumsatz. Wir wagen trotzdem die Frage.
Wir haben 2023 einen mittleren einstelligen Millionen-Umsatzbetrag erzielt und sind damit genau in unserem Plan. Bei rund 700 Events im Jahr und einem Sieben-Tage-Betrieb mit 90 À-la-carte-Sitzplätzen kommt schon was zusammen, nämlich 11 000 Tischreservationen mit 44 '000 Sitzplätzen.

Wie verliefen das Weihnachts- und das Silvestergeschäft?
Wir waren an mehreren Tagen im Dezember im À-la-carte-Restaurant ausverkauft und konnten rund 45 kleine und grosse Weihnachtsfeiern ausrichten.

Das klingt, als hätten Sie nahtlos an die erfolgreichen Jahre Ihres Vorgängers René Kaufmann anknüpfen können.
Mir war immer klar, dass das erste Jahr nicht einfach wird. Es sind Fehler passiert. Wir haben als Team aus ihnen gelernt. Das Ziel war immer, das gute Level zu halten und den Betrieb punktuell zu verbessern. Die Möglichkeiten durch den Umbau konnten wir optimal nutzen. Die Begrüssungssituation am Eingang ist heute eine bessere, die Flächen haben insgesamt an Attraktivität gewonnen. Unterm Strich sind wir happy. Die Gästezufriedenheit ist stabil hoch, so wie bei meinem Vorgänger René Kaufmann.

Neben Schweizer Klassikern haben Sie die Karte vor allem mit österreichischen Spezialitäten erweitert. Was kommt besonders gut an?
Der Tafelspitz verkauft sich gleich gut wie das Züri Geschnetzelte. Im Eventbereich ist der Apfelstrudel das meistverkaufte Dessert.

René Kaufmann spielte die Rolle des traditionellen Patrons in weisser Kochbluse. Sie treten «zivil» und mit Dächlikappe auf und nutzen vermehrt Social Media. Mit welchem Ergebnis?
Die Dächlikappe hat sich als Markenzeichen etabliert. Es wird darüber geredet, und damit ist der Zweck erfüllt. Auf Social-Media-Kanälen wie Facebook und Instagram sind wir sehr aktiv. So gelingt es uns, neue Zielgruppen zu erreichen. Gerade die Wirkung der Influencer auf Instagram ist beachtlich. Der Verkauf von letzten freien Plätzen über Storys klappt erstaunlich gut.

Welchen Führungsstil pflegen Sie im «Rössli»?
Einen, der für manche Mitarbeiter neu ist. Ich halte gar nichts von Macht durch Organigramm. Natürlich bin ich der Chef. Aber wenn schon Macht, dann im Sinne von Gestalten, Vorantreiben, Entscheide herbeiführen.

Rainer Hoffer ist seit Mitte 2022 neuer Pächter des «Rössli» in Illnau/ZH. (zvg)

Pächter suchen händeringend nach Fachkräften. Sie auch?
Ja. Wir haben ein 24-Punkte-Programm entwickelt, das von Übernahme des Handy-Abos bis sechs  Wochen bezahltem Papa-Urlaub vieles bietet. Das kostet mich alles Geld, das reduziert meinen Jahresgewinn. Aber das ist es mir auch wert. Ich möchte ein stabiles Team, das routiniert zusammenarbeitet. Dazu muss ich die Mitarbeiter nicht nur gewinnen, sondern im Unternehmen halten. Wir bilden zwei Lernende aus. Und wir halten uns an die Regel, keine Mitarbeiter von anderen Betrieben abzuwerben. Mir wäre übrigens lieber, vom Kampf um die Talente zu sprechen als vom Fachkräftemangel. Ich mache mir ernsthaft Sorgen, wenn bald die geburtenschwachen Jahrgänge auf den Arbeitsmarkt kommen.


«Wer im Beruf seine Berufung findet, der schaut nicht auf die Minuten.»


Wie sieht es bei Ihnen privat aus? Ihre Familie lebt in Basel. Wie gelingt Ihnen die Work-Life-Balance? 
Die Balance ist eine Frage der Definition. Die Generation Z meint damit, dass der Beruf ums Privatleben herum organisiert werden soll. Ich sehe das anders. Wer im Beruf seine Berufung findet, der schaut nicht auf die Minuten. Der gewinnt Lebensqualität, ist auch privat motiviert und ausgeglichen. Was nützt mir ein «8 to 5»-Job, wenn ich nicht motiviert bin – und im schlimmsten Fall meine schlechte Laune an meinem privaten Umfeld auslasse? Kurz: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Und den haben Sie für sich gefunden. Kompliment. Verraten Sie uns noch Ihre Ziele für 2024?
Wir werden noch mehr ins Hochzeitsbusiness investieren und unser Catering ausbauen. Aus meiner Sicht ist das ein globaler Trend in der Gastronomie: weg vom klassischen À la carte hin zu Events und Catering. Wir investieren ins Angebot, erweitern das Wein- und Spirituosen-Segment und nehmen uns Zeit für Gespräche mit dem Team. Ende 2024 will ich erstmals eine Umsatz- und Gewinnbeteiligung an die Mitarbeiter auszahlen.

(Jörg Ruppelt)


Zur Person

Der 50-jährige Rainer Hoffer ist Absolvent der Hotelfachschule in Salzburg (AT). In der Schweiz ­arbeitete er unter anderem im «Kronenhof», Pontresina, und wechselte dann in die Systemgastronomie. Er war bei der SV Group und Head of Restaurant & Catering bei Roche in Basel.

Mehr Informationen unter:

roessli-illnau.ch