Wenn weinverrückte Brüder sich austoben, entsteht Einmaliges

Noel und Michel Baumgartner zeigen mit ihrer Serie Brüderwerk, wie sie die Tradition neu interpretieren.

Der Familienbetrieb Baumgartner Weinbau in Tegerfelden/AG ist bekannt für seine grosse Weinvielfalt. Auch dafür, dass vieles ein bisschen anders gedacht wird. So definierten Lukas und Sandra Baumgartner schon früh die Qualitätsstruktur ihres Sortiments. Die Basis bilden attraktive und günstige Gutsweine. Als künftige Nachfolger durften ihre Söhne Noel und Michel Baumgartner bei der Gestaltung des neuen und feschen Auftritts mitentscheiden. «Allerdings müssen unsere Vorschläge durchdacht und gut begründet sein», sagt Noel. Nun tragen die Weine Namen wie «mach keis büro uf», «träum wiiter» oder «es hät, solangs hät». Unterstützt werden sie im Marketing von ihrer Schwester Danielle, einer Absolventin der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern.

Die grosse Mitte des Sortiments bildet die Terroir-Serie mit sortenreinen Lagenweinen und einer Auswahl an Assemblagen. An der Spitze stehen Grand-Cru-Weine aus Toplagen. Ein Beispiel ist der Pinot Noir Edelblut aus über 50-jährigen Reben, der seit dem Jahrgang 2019 in Barriques aus Tegerfelder Eiche reift.

Erreichtes bewahren ...

«Mir gefällt die Philosophie meiner Eltern, sortentypische Weine zu produzieren», sagt Noel. Das will er mit seinem Bruder Michel weiterführen. Besonders wichtig ist ihnen dabei die Arbeit im Rebberg und deren Einfluss auf den Wein. «Da wir manchmal aus einer Rebsorte verschiedene Weinstile keltern, wird jede Parzelle entsprechend ihrem Zielprodukt bewirtschaftet», sagt Noel.


«Brüderwerk wird jedes Jahr ein Experiment.»

Noel Baumgartner, Winzer


Als Beispiel nennt er den Rheinriesling Sandacher, der in Endingen/AG auf Sandstein wächst und den er seit dem Jahrgang 2022 im Sandsteintank ausbaut.

... und neue Ideen verwirklichen

Pinotivo, Noels erste eigene Kreation aus Pinot Noir und Diolinoir, entwickelte sich zum Verkaufsschlager. Nach zwei kleinen Ernten wird er im nächsten Jahr den ersten Schweizer Lagrein präsentieren können. Während einer Projektwoche im Südtirol hatte Noel diese Rebsorte für sich entdeckt und zu Hause davon geschwärmt. Während er in Neuseeland arbeitete, erneuerte Vater Lukas in Tegerfelden eine Rebparzelle und pflanzte zur Überraschung seines Sohnes Lagrein.

Noel und Michel Baumgartner präsentieren ihren ersten Brüderwerk-Wein. (zvg)

Bereits jetzt erhältlich ist die erste Ausgabe des Brüderwerks. «Mit dem Brüderwerk wollen wir eine Weinserie schaffen, die uns erlaubt, besondere Weinstile, neue Rebsorten und innovative Vinifikationsmethoden zu erproben», erklärt der Weinbautechniker Noel. «Wir wollen uns kreativ ausleben und frischen Wind in die Schweizer Weinszene bringen», ergänzt der ausgebildete Önologe Michel. Jedes Jahr verbirgt sich hinter dem Brüderwerk eine neue Kreation. Den Anfang macht ein Chardonnay «Orange». Dafür haben sie die beliebte Weissweinsorte mit Maischengärung wie Rotwein vinifiziert. Entstanden ­ist ein Tropfen mit tief goldener Farbe. Intensive Aromen erinnern an Quitten, Mirabellen und Orangenschalen. Dazu kommen Noten von Honig, Baumnüssen und am Gaumen klar erkennbare Tannine. Man darf gespannt sein, wie es mit dem Projekt Brüderwerk weitergehen wird.

(Gabriel Tinguely)


Brüderwerk

Noel Baumgartner (30)

Der Weinbautechniker HF wurde vom Magazin Falstaff im Jahr 2021 zum beliebtesten Nachwuchswinzer der Schweiz gekürt. Er ­arbeitet seit Oktober 2017 im Familienbetrieb.

Michel Baumgartner (25)

Nach der Winzerlehre holte er sich den Schweizer Meister-Titel an den Swiss Skills 2018. Dann studierte er Önologie an der Fachhochschule in Changins/VD. Er arbeitet seit Mai 2024 im Familienbetrieb.


Mehr Informationen unter:

baumgartner-weinbau.ch