Zum Ersten, zum Zweiten ...

Auch wenn die Landwirtschaft seit Mitte der 1950er-Jahre hierzulande an Bedeutung verloren hat, sind Viehschauen vorab in alpinen und voralpinen Gegenden noch immer wichtig – wie jene in Zug.

Kontrastreicher könnte die Kulisse nicht sein: die Zuger Hochhäuser im Hintergrund und das bäuerliche Leben im Vordergrund. Das Braunvieh-Areal des Stierenmarkts liegt mitten in der Stadt und bildet mit seinen Stallungen einen Gegensatz zum nordöstlich gelegenen, modernen Arenaplatz.  

Seit 1898 organisiert der Verband Braunvieh Schweiz den Markt. Die 133. Auflage findet am Mittwoch, dem 4. und Donnerstag, dem 5. September statt. Am ersten Tag stehen 200 Stiere im Mittelpunkt, die gemustert werden. Die Abteilungssieger werden aus den Original-Braunvieh- und den Brown-Swiss-Stieren im Ring zu Mister ZM Zug und zu Junior-Mister ZM Zug erkoren, wobei ZM für Zuchtstierenmarkt steht.

Am Donnerstag finden neben dem Stierenhandel Auktionen von Rindern, Kühen und Jungtieren statt. Die Stiere werden nach altem Brauch per Handschlag verkauft. Die weiblichen Tiere, also Kühe, Rinder und Kälber, werden über die Auktion dem Höchstbietenden zugeschlagen. «Nach jedem getätigten Handel beginnt die Währschaft von gesund und recht von zehn Tagen. Ansonsten können die Tiere zurückgegeben werden», erklärt Andreas Kocher, Vizedirektor und Fachbereichsleiter Zucht bei der Organisation Braunvieh Schweiz in Zug. Der durchschnittliche Verkaufspreis pro Stier liege bei über 2900 Franken, so Kocher. Der genaue Preis sei abhängig von Alter, Gewicht und Abstammung des Zuchtstiers. 

Sehen und gesehen werden

Als Braunvieh Schweiz erstmals den Stierenmarkt in Zug organisierte, verfolgte der Verband vor allem das Ziel der Vereinheitlichung der Braunviehzucht. «Zuvor gab es einen Schwyzer Schlag, einen Appenzeller Schlag und weitere mehr», erklärt Kocher. Der Zuger Stierenmarkt ist schweizweit der grösste Markt für Zuchtstiere. «Das Publikum, die Händler und Käufer reisen aus allen Landesteilen und dem benachbarten Ausland an», weiss Kocher. Im Durchschnitt kommen pro Jahr zwischen 10 000 und 12 000 Besucherinnen und Besucher. 

Das Brauchtum Die Schweiz ist voller Bräuche. Während eines Jahres picken wir einige davon heraus wie jenen in Zug.

Der Stierenmarkt hat sich als wichtiger Zuger Anlass bis heute gehalten. Auch wenn seit der Einführung der künstlichen Besamung in den 1960er-Jahren der Viehmarkt für die Züchter an funktionaler Bedeutung verloren hat. Auf der Website der Stadt Zug steht dazu: «Der Anlass ist für die Zugerinnen und Zuger – ob Trader, Banker, Gewerbler oder Bauer – bis heute ein wichtiger Fixpunkt. Vor allem in Wahljahren wissen die Kandidatinnen und Kandidaten um die Bedeutung des Stierenmarkts und mischen sich unters Publikum.» 

Zum Kulinarischen hält Kocher fest: «Früher gab es Kutteln und Kalbskopf. Heute stehen zeitgemäss unter anderem Älplermagronen und Würste auf dem Menüplan.» Dafür zuständig ist das ­Migros-Catering.

(Ruth Marending)