Marketing-Expertin Antje Stensel ist überzeugt, dass die Bedeutung von Influencer-Marketing weiter zunehmen wird. Sie gibt Tipps für eine gute Zusammenarbeit.
Antje Stensel, was kann Influencer-Marketing besser als herkömmliche Werbung?
Influencer holen ihre Community auf einer sehr persönlichen, emotionalen Ebene ab. Ihre Erfahrungen mit einer Marke oder einem Betrieb können die Follower mit allen Sinnen miterleben. Wie riecht und schmeckt das Essen? Wie ist die Atmosphäre im ausgesuchten Hotel? Influencer lassen ihre Community unmittelbar teilhaben.
Ein Vorteil des Influencer-Marketings ist die Authentizität. Gilt dieses Argument trotz wachsender Skepsis gegenüber gekauften Posts?
Bei einer seriösen Kooperation zwischen einem Betrieb und einem Influencer werden die Posts offiziell als Werbung deklariert. Umso wichtiger ist es, einen Influencer zu finden, der Vertrauen bei seinen Followern geniesst und zudem vor allem eins ist: authentisch.
Wie findet man die passenden Influencer?
Es gibt spezialisierte Suchmaschinen wie Buzzsumo oder Influma, aber auch Online-Agenturen, die bei der Suche helfen. Bevor eine Kooperation eingegangen wird, empfiehlt es sich jedoch, den potenziellen Partner über einen gewissen Zeitraum zu beobachten. Wie ist die Stimmung unter den Followern? Wie viele Kommentare oder Likes erhält ein durchschnittlicher Post? Passt der Stil zum eigenen Unternehmen?
Wie wichtig ist die Followerzahl?
Sie ist ein wichtiges Kriterium, jedoch nicht das einzige. Ist einem Hotel in erster Linie die Steigerung des Bekanntheitsgrades wichtig, spielt die Anzahl der Follower natürlich eine wesentliche Rolle. Reichweite ist aber nicht alles. Wenn Sie etwa ein Unternehmen führen, das mit besonderer Exklusivität im gehobenen Preissegment wirbt, ist eine Mikro-Influencerin mit einer überschaubaren, dafür erlesenen Community sinnvoller.
Wie kann man echte von gekauften Followern unterscheiden?
Der wichtigste Indikator ist die Aktivität innerhalb der Community. Sollte die Aktivität, also die Anzahl der Likes, Re-Posts und Kommentare trotz hoher Followerzahl gering sein, ist Skepsis angebracht. Auch wenn ein Influencer selbst 30 000 anderen Kanälen folgt, sollte man Abstand nehmen. Man kann davon ausgehen, dass ihm ein Grossteil seiner eigenen Community aus reiner Höflichkeit folgt.
Wie viel Kontrolle hat man beim Influencer-Marketing über das fertige Produkt?
Influencer arbeiten nicht nach einem vorgegebenen Skript. Es handelt sich um outgesourcte Werbung, die neben einem vertraglichen Rahmen auch auf Vertrauen basiert. Eine völlige Kontrolle gab es im Marketing allerdings ohnehin noch nie, und auch die klassische PR ist grundsätzlich mit Unsicherheiten behaftet.
Wie wird sich das Potenzial von Influencer-Marketing Ihrer Meinung nach entwickeln?
Die Social-Media-Welt hat sich im vergangenen Jahrzehnt rasend schnell bewegt. Bereits heute geben drei Viertel der in einer Studie von Pricewaterhouse Coopers befragten 16- bis 19-Jährigen an, schon einmal durch Influencer auf ein Produkt aufmerksam geworden zu sein. Das Potenzial ist enorm, und das wird sich so schnell auch nicht ändern, denn die Ära der Influencer hat gerade erst begonnen.
(Interview Angela Hüppi)