Wenn an den Wänden alte Telefone hängen und im Badezimmer ein rosa Pudel steht, muss es sich um ein besonderes Hotel handeln. Ein Besuch im «Beau Séjour» in Luzern.
«Ihr seid einfach grossartig! Ich werde eine super Bewertung auf Tripadvisor schreiben!» Solche Worte hört wohl jeder Hoteldirektor gern. Gerade kommen sie aus dem Mund einer Touristin, die aus dem Hotel Beau Séjour in Luzern auscheckt. Ziel erreicht: Das kleine Boutique-Hotel, das ein wenig versteckt zwischen den vielen Grand Hotels an der Luzerner Seepromenade liegt, will die Gäste mit Herzlichkeit und Liebe zum Detail von sich überzeugen. Während vor dem Hotel nebenan die grossen Cars vorfahren, erleben Individualreisende hier den so genannten Wow-Effekt. «Petit Grand Hotel» nennen Hoteldirektor Manuel Berger und Geschäftspartner Walter Willimann ihr Haus im Dreisternesegment dann auch liebevoll.
Wenn Manuel Berger durch sein Hotel führt, wird sofort klar: Der Luzerner ist Hotelier aus Leidenschaft. «Ich liebe meinen Beruf», sagt er dann auch, «die schönen Begegnungen mit den Gästen machen mich jeden Tag glücklich.» Das «Beau Séjour», ein Bijou aus dem 19. Jahrhundert, hat es ihm besonders angetan. Stundenlang sassen Berger und sein Team in jedem Zimmer und überlegten sich, wie es am besten gestaltet werden könnte. «Ein derart altes Haus zu renovieren, ist eine Herausforderung. Die Gäste wollen Komfort, gleichzeitig sollen die Räume nicht ihren Charme verlieren. Das ist anstrengend – aber es macht auch unglaublich viel Spass», so Berger.
In nur 100 Tagen haben er und sein Team das «Beau Séjour» auf Vordermann gebracht. Dabei war viel Flexibilität gefragt, die sich heute in liebenswerten Details zeigt. «Uns war es wichtig, mit dem Haus zu arbeiten, anstatt gegen es», so Berger. So gibt es nun beispielsweise den so genannten «Signature Room», bei welchem sich die Dusche ausserhalb des Zimmers befindet. Damit die Gäste den Raum trotzdem buchen, erhalten sie zusätzlich Bademäntel sowie jeden Tag zwei Gläser Crémant aufs Zimmer. Eine besondere Herausforderung war auch ein Badezimmer mit rosa Lavabo und blauen Fliesen. «Wir wussten, dieses Badezimmer müssen wir ultraschräg gestalten, um der Farbgebung gerecht zu werden», so Berger. So zieren die Wände nun ein rosa Pudel und ein altes Faust-Reclam-Heft, das auf des berühmten «Pudels Kern» verweist. «Wir wollten das Zimmer nicht komplett neu gestalten, sondern haben es zum Erlebnis gemacht.» Das gilt für das ganze Haus: So hängen in einem Zimmer beispielsweise alte Drehscheiben-Telefone aus dem Fundus des Hotels an der Wand. In anderen wurden die alten, beschädigten Tapeten mit neuer Farbe übermalt, so dass die Struktur der Tapete noch erkennbar ist. Die gehisste Flagge auf dem Dach besteht aus einem Teil der blauen Blumentapete aus Zimmer 12 – «eine Schweizer Fahne hissen kann schliesslich jeder».
Um den Spagat zwischen alt und modern perfekt in Szene zu setzen, wurde vom Zürcher Designer Daniel Hunziker eine eigene Möbellinie für das Haus entworfen. Manche Gäste erwerben diese zeitlosen Designermöbel nach dem Hotelaufenthalt für ihr Zuhause. Und sogar Kunst entsteht exklusiv für das Hotel: Von Hauskünstlerin Nina Staehli hängen nicht nur Bilder an den Wänden, sie hat auch Installationen und grossformatige Malereien für das Hotel entwickelt.
Aus der Not wird im «Beau Séjour» eine Tugend. Das Haus liegt an der Hauptstrasse, so dass die Fenster im Sommer nicht ohne Lärmbeeinträchtigung geöffnet werden können. Daher stehen in den Zimmern nun Klimageräte, die optisch zugegebenermassen nicht ganz ins Konzept passen. Kein Problem für Manuel Berger: Er beklebt die Geräte einfach mit einem grossen rosa Button mit der Aufschrift «ugly but cool» – und schon werden sie zum Blickfang.
Es sind die Details, die das «Beau Séjour» so besonders machen. Die «Maimous» etwa, von einer in der Schweiz lebenden Griechin gestrickte Plüschtiere, die in jedem Zimmer zu finden sind. Oder die Tafel Schokolade, die jeder Gast erhält. «Pralinen gibt es überall. Eine Tafel Schokolade ist nicht teuer, überrascht die Gäste aber positiv», so Berger. Eine Geste, die perfekt zum «Petit Grand Hotel» passt. Denn hier dreht sich alles darum, das Grosse im Kleinen zu schätzen.
(Angela Hüppi)
Erbaut
1871
Renoviert
November 2017 bis März 2018
Mitarbeitende
1000 Stellenprozent verteilt auf 15 Mitarbeitende
Zimmer
28
Zielpublikum
Design- und kunstaffine Gäste, die die Nähe zur Stadt schätzen
Preise
ca. 100 bis 350 Franken pro Zimmer/Suite
Kassenschlager
Crémant von Amiot Guy & Fils, bezogen über «Vin & Vinyl» in Luzern