Die Entscheide des Bundesrats sind ein harter Schlag für das Gastgewerbe. Wirte und Hoteliers sind konsterniert, geben sich aber auch kämpferisch.
Die Pandemie trifft das Gastgewerbe mit voller Wucht. Touristen bleiben aus, Gäste bleiben daheim. Die Konsequenz: Betriebe müssen schliessen, Fachkräfte verlieren ihre Stelle. Jene, die der Krise noch standhalten können, zeigen sich besorgt.
Geschäftsführer, Dialoghotel Eckstein, Baar/ZG, Mitglied bvham
«Die aktuelle Situation ist sehr schwer. Die Weihnachtsessen wurden annulliert und auch Tagesseminare finden nur verein-zelt statt. Dies, obwohl wir sehr strenge Schutzmassnahmen einhalten und über Räume verfügen, die so gross sind, dass wir die Distanzregeln problemlos einhalten können. Bereits beim ersten Lockdown habe ich mit der politischen Gemeinde Kontakt aufgenommen und unseren Saal und unsere Zimmer angeboten – als Unterkunft für den Zivilschutz und medizinisches Personal oder andere Menschen, die nicht mehr nach Hause gehen können. So haben wir eine Frau bei uns aufgenommen, die wegen häuslicher Gewalt dringend eine sichere Unterkunft brauchte, aber im überfüllten Frauenhaus keinen Platz mehr bekam.»
Geschäftsführer, KG Gastrokultur GmbH, Liebefeld/BE
«Als Unternehmer mit sechs Gas-trobetrieben in Bern und Umgebung sind wir nicht einverstanden mit den Hilfeleistungen für die Gastronomie. Deshalb und auch sonst engagieren wir uns politisch mit dem nachhaltig agierenden «Der Gewerbeverein» und lancieren eine Petition zur Rettung der KMU. Zwei Betriebe, das Restaurant zum Schloss sowie das Restaurant Marzer schliessen wir komplett. Die Betriebe Le Beizli und Bistrot sind von dienstags bis freitags nur mittags geöffnet, «Du Nord» und «Eiger» bleiben bis 19.00 Uhr geöffnet. Wir verkaufen in den offenen Betrieben Essen als Take-away und im «Du Nord» über schnellerteller.ch Essen für Zuhause. Zudem hoffen wir, dass wir viel Wein aus unserer Weinhandlung Weinerlei verkaufen können. Das ist das einzige Geschäftsfeld, das momentan funktioniert. Wir haben mit den Vermietern gesprochen und Mietzinsreduktionen erhalten. Wir schauen aber positiv in die Zukunft und lancierten unser neues Kultur-Online-Magazin.»
Gastgeberin, Restaurant Magdalena, Rickenbach/SZ
«Wir wollten just am Tag des ersten Lockdowns im Frühling Eröffnung feiern. Es kam dann aber nicht gut zum Laufen. Gerichte über die Strasse anzubieten, ist für unsere Küche keine Lösung, hinter der wir voll stehen können. Deshalb sehen wir von diesem Angebot ab. Für uns sind die neuen Massnahmen des Bundesrates leider nicht tragbar und uns blieb nichts anderes übrig, als unser Restaurant zu schliessen.»
Hotelfachfrau und Freelancerin, Buchs/ZH
«Derzeit arbeite ich bei der Event-Catering-Firma Dolce Far Niente. Aktuell sind wir fünf Wochen auf der Weihnachtsinsel in Zürich. Nach Weihnachten kommt dann das Januarloch, trotz Kurzarbeitsgeld eine fatale Situation im Niedriglohnsektor. Viele Betriebe haben Existenzängste und können sich mit der Schliessung um 19 Uhr nicht mehr retten. Die Gastronomie lebt vom Abendgeschäft, das jetzt nicht mehr möglich ist. Ebenso kehren viele Beschäftigte der Gastronomie den Rücken zu und wechseln in krisensichere Branchen. Ich selbst habe nur kurz darüber nachgedacht. Aber nein, Gastro ist seit 22 Jahren mein Gebiet, in dem ich mich wohlfühle. Ich arbeite aus Freude am Beruf, nicht nur des Geldes wegen. Gerade in dieser Zeit bekommt man viel Positives von den Gästen zurück, was ich sehr schätze. Nun brauchen wir einen Plan B, und an dem arbeiten wir.»
Gastgeber, «Landhaus Liebefeld»,Liebefeld/BE
«Wir arbeiten trotz Einschränkungen gut. Viele Gäste passen sich den neuen Öffnungszeiten an und kommen bereits um 17 Uhr zum Abendessen. Zwischen 19 und 23 Uhr kochen wir dann für unsere Auslieferungen. Während des Lockdowns im Frühling haben zahlreiche Gäste von diesem Angebot Gebrauch gemacht. Davon profitieren wir jetzt. Und wir bereiten uns auf die nächsten Ansagen des Bundesrates vor. Sollte er am Freitag einen zweiten Lockdown anordnen, sind wir bereit und können unseren Gästen sofort die Angebote für den Lieferdienst schicken.»
Gastgeberin, Hotel-Restaurant Hirschen, Villigen/AG
«Langsam gehen uns die Ideen aus und uns fehlt auch die Lust. Wir finden es enorm schwierig, sich immer wieder neu zu motivieren, neuen Kampfgeist zu entwickeln und immer das Beste zu geben. Die jetzige Situation ist sehr fragil. Einerseits geht es um die eigene Existenz, andererseits sieht man den Hilferuf der Spitäler. Was ist richtig, was ist falsch? Jeder weiss es besser als der andere, und die Schuld wird jedem zugeschoben. Es sollten einmal klare Regeln und eine Linie geben, mit der die ganze Schweiz leben kann bis sicher März/April. Wir geben weiter Gas und haben derzeit von 16.30 bis 19 Uhr geöffnet, so schicken wir 10 bis 16 Essen mit einer sehr reduzierten Karte. Das gibt mehr Einnahmen, als wenn wir das stillgelegte Mittagsgeschäft wieder versuchen hochzufahren. Am Mittag müssten wir für den gleichen Umsatz 36 Essen schicken und bräuchten mehr Mitarbeiter.»
Hotelier, Teufelhof Basel AG, Präsident des Basler Hotelier-Verbandes
«Grundsätzlich begrüsse ich alle Massnahmen, die helfen, die Pandemie zu bewältigen und die den Schutz der Gesundheit als Ziel haben. Dies aus ethischen Gründen, aber auch, weil ein relevanter Tourismus – gerade in den Städten – erst wieder stattfinden kann, wenn die Pandemie vorbei ist. Die dafür entstandenen Kosten sind dann solidarisch zu tragen. Weiter erlebe ich die Politik als sprunghaft, inkonsequent und überfordert. Ich bin konsterniert in jeglicher Hinsicht, da die Massnahmen einfach keinen Sinn mehr ergeben. Es fehlt klarer Leadership, griffige Massnahmen sowie austarierte Hilfsprogramme.»
(gab)