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Glamour-Ferien auf dem Campingplatz

In der Schweiz stehen in touristischen Betrieben 674 000 Betten zur Verfügung. 123 000 davon auf Campingplätzen. Und das Angebot an Glamping*- und Erlebnis-Unterkünften nimmt laufend zu.

  • Indianer-Feeling auf dem Campingplatz Disentis: Dieses Tipi ist nur eins von vielen Glamping-Angeboten auf Schweizer Campingplätzen. (TCS Camping)
  • Für Menschen im Rollstuhl gibt es auf den TCS-Campingplätzen in Bern, Buochs, Flaach, Sempach und Scuol barrierefreie Häuser. Ergänzt wird das Angebot durch Erlebnisse wie Kajakfahrten auf dem Vierwaldstättersee in nicht kenterbaren Kajaks und Radtouren mit Spezialvelos. In Scuol stehen im Winter Eisgleiter und Dualskier zur Verfügung. (Stiftung Cerebral)

Die ersten Frühlingsblätter rascheln sanft im Wind. Eine Rauchwolke, geschwängert mit dem Duft von Grillgut, wabert himmelwärts. Um die Feuerstelle herum sitzen Erwachsene. Sie plaudern, während ihre Kinder fröhlich auf dem Campingplatz herumtollen. 

«Wir machen gerne Campingferien», sagt Tamara Karner. Sie ist verheiratet und Mutter von zwei Buben im Alter von sechs und acht Jahren. Einen Wohnwagen oder ein Zelt hat die Familie nicht, trotzdem sind sie begeisterte Camper. Oder genauer gesagt Glamper, die sich eine Unterkunft auf dem Campingplatz mieten.

Tamara Karner zählt ein paar Gründe für diese Vorliebe auf: «Erstens: Wir können mit wenig Gepäck anreisen. Zweitens: Wir verlieren keine Zeit mit Zeltauf- und -abbau. Drittens: Wir haben meistens eine kleine Küche und auch ein eigenes Bad. Das macht den Aufenthalt mit Kindern leichter.» Das Wichtigste am Campingurlaub sei aber, dass sie als Familie gemeinsam die Natur und das Gefühl von Abenteuer und Freiheit erleben. Familie Karner ist eine von vielen Familien, die Campingferien für sich entdeckt haben. Das zeigen die konstant steigenden Ankunftszahlen.  

Über eine Million Arrivées und lange Aufenthaltsdauer

In der Schweiz gibt es rund 175 Campingplätze. Diese verzeichnen gemäss Bundesamt für Statistik pro Jahr über eine Million Ankünfte und über 3,3 Millionen Logiernächte. Dem Tourismus Monitor 2017 von Schweiz Tourismus ist zu entnehmen, dass fast zehn Prozent der Logiernächte im Sommer auf Campingplätze entfallen. 

Mehr als die Hälfte der Sommercamper (56 Prozent) bleiben acht oder mehr Nächte auf dem Campingplatz. Ein Wert, von dem Hoteliers nur träumen können. Im Schnitt bleiben Hotelgäste nämlich grade mal zwei Nächte.Trotz der positiven Zahlen ist Camping nach wie vor ein touristisches Nischenprodukt. Allerdings eines mit Potenzial, das die Campingplatzbetreiber gut zu nutzen wissen. 

Camping mit luxuriösem Touch

Dem globalen Trend «Glamping» folgend, wird vielerorts in aussergewöhnliche und luxuriöse Mietunterkünfte investiert. 

TCS Camping beispielsweise hat für die Saison 2019 sein Angebot an Glamping-Unterkünften allein in Sion um vier Chalets erweitert. Diese hochwertigen, mit Holz verarbeiteten Häuschen verfügen über eine liebevoll eingerichtete Kleinküche, ein eigenes Badezimmer und eine gemütliche Terrasse. Sie bieten Platz für vier Personen. 

Auf dem TCS Camping Interlaken sind fünf «Molos» entstanden. Diese trendigen Wohnboxen mit Fenstern, Belüftungsfilter und Ventilator verfügen über je zwei Einzelbetten. Drei luxuriöse Safarizelte mit zwei Schlafzimmern, Badezimmer und Küche sind auf dem TCS Camping Flaach/ZH aufgebaut worden. 

Auf den TCS-Campingplätzen in Böningen/BE und Sempach/LU wurden Pods Villages, bestehend aus halbrunden Häuschen, errichtet. «Auch auf anderen Plätzen ist das Angebot an Glamping-Unterkünften erweitert worden. Inzwischen bieten wir total 224 solcher Mietunterkünfte an», sagt Daniel Graf, Mediensprecher bei TCS. 

Mit 24 Plätzen ist TCS Camping seit 70 Jahren der grösste Anbieter in der Schweiz. Die Plätze erwirtschaften einen Jahresumsatz von fast 24 Millionen Franken und bieten, je nach Saison, Arbeitsplätze für rund 200 Personen. Der mit 66 500 Logiernächten bestbesuchte und mit 430 Stellplätzen auch einer der vier grössten TCS-Campingplätze befindet sich in Sempach. Er wurde mehrfach mit dem «Camping.Info»-Award ausgezeichnet. So auch 2019. Der Award ist ein reiner Publikumspreis und wird von den Usern der grössten Camping-Website im deutschsprachigen Raum verliehen.

100 Prozent Auslastung

Ob in Sempach oder auf den anderen Plätzen – mit dem Ausbau der Glamping-Angebote reagiert TCS Camping auf ein grosses Kundenbedürfnis. Während der Hauptsaison sind die Glamping-Unterkünfte teilweise zu 100 Prozent ausgebucht und könnten sogar mehrmals vermietet werden. 

Es gibt knapp 20 verschiedene Unterkunftsvarianten – von der Air Lodge, einem luftigen Zelt auf zwei Etagen, über die Schlafröhre bis zum Zeltbungalow. Besonders beliebt bei den Familien sind das Safarizelt, der Nostalgiewagen, das Tipizelt und die Pods (kleine halbrunde Häuschen).

Gebucht werden solche Unterkünfte hauptsächlich von Schweizer Gästen. Sie machen einen Drittel der TCS-Campinggäste aus. Die einen «Glamper» möchten nicht aufs Campen verzichten, sich aber keine eigene Ausrüstung anschaffen, die anderen wollen herausfinden, ob ihnen das Leben auf dem Campingplatz überhaupt behagt. Wieder andere sind körperlich eingeschränkt und auf eine etwas komfortablere Schlafstätte als eine Luftmatratze am Boden oder eine Pritsche im Campingbus angewiesen.

Campingerlebnisse für alle möglich machen

Damit alle Ferien auf dem Campingplatz machen können, arbeiten die Stiftung für das cerebral gelähmte Kind und TCS Camping eng zusammen (siehe Interview unten). 

Die Stiftung Cerebral möchte das Leben von bewegungsbehinderten Menschen und ihren Familien erleichtern. Deshalb stellt sie Hilfsmittel bereit, bietet Beratung und finanzielle Unterstützung an und schafft behindertengerechte Ferien- und Freizeitangebote für die ganze Familie. 

Camping ist dazu ideal, weil es das unkomplizierte Miteinander ermöglicht und Raum für gemeinsame Erlebnisse bietet. Thomas Erne, Geschäftsführer der Stiftung Cerebral, ist überzeugt: «Camping ist eine ideale Urlaubsform, um Menschen kennenzulernen, sich auszutauschen und die Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigung zu fördern.»

Gemeinsam haben die Stiftung Cerebral und TCS Camping schon auf den Campingplätzen  in Bern-Eymatt, Buochs, Flaach und Sempach barrierefreie Bungalows erstellt. Diese Unterkünfte sind komplett rollstuhlgängig und mit einem, je nach Standort sogar mit zwei Pflegebetten ausgestattet. 

Die Häuschen bieten Platz für maximal fünf Personen und verfügen über ein barrierefreies Badezimmer. Auch die Küchenzeile ist mit dem Rollstuhl unterfahrbar. Die Türen dieser behindertengerechten Bungalows lassen sich leicht und teilweise sogar automatisch öffnen. 

Diesen Sommer kommen  zwei weitere Einheiten in Scuol dazu. «Mit diesen Bungalows, die auch im Winter genutzt werden, können wir unseren Familien erstmals auch Campingurlaub in den Bergen ermöglichen», freut sich Thomas Erne. 

In Zukunft soll pro Jahr auf jeweils einem anderen TCS-Campingplatz ein solcher Bungalow gebaut werden, sodass ein schweizweites Netz von barrierefreien Glamping-Unterkünften entsteht. Ein behindertengerechter Bungalow kostet je nach Standort zwischen 40 000 und 50 000 Franken. 

Zum Essen auf den Campingplatz

Campingplätze ziehen nicht nur Übernachtungsgäste an. Sie überzeugen auch als Event Location mit abwechslungsreichem Kulturprogramm sowie als Gastronomiebetriebe. Das «Pier 11» auf dem TCS Camping Solothurn beispielsweise ist seit fünf Jahren ein fester Wert im gastronomischen Angebot der Stadt. Auch die «Gartäbeiz Eymatt 62» in Bern wird regelmässig von Gästen aus den umliegenden Wohnquartieren besucht. Daniel Graf, TCS-Mediensprecher, bestätigt: «Viele unserer Gastronomiebetriebe erwirtschaften 80 Prozent des Umsatzes mit Campingplatz-externen Gästen.»

(Riccarda Frei) 

*Glamping ist eine Wortschöpfung aus Glamour und Camping. Sie bezeichnet eine Art des Campings, bei der das Naturerlebnis mit einem gewissen Luxus verbunden ist.


Interview mit Thomas Erne

HGZ: Die Stiftung Cerebral arbeitet mit TCS Camping zusammen. Wie sieht diese Zusammenarbeit konkret aus?
Thomas Erne: Wir finanzieren behindertengerechte Bungalows und beraten den TCS im Bereich Barrierefreiheit. Die Zusammenarbeit ist langfristig. In den nächsten Jahren werden wir das Netz an barrierefreien Bungalows auf die ganze Schweiz erweitern.

Wieso setzen Sie sich dafür ein, dass Menschen mit einer Behinderung Campingferien machen können? 
Als Familie gemeinsam Urlaub in der Natur zu verbringen, ist ein grosses Bedürfnis und sehr beliebt. Auch Familien mit Angehörigen mit einer Beeinträchtigung möchten das Gefühl von Freiheit und Abenteuer in der Natur als Gemeinschaftserlebnis haben. Dank der Zusammenarbeit mit dem TCS können wir das ermöglichen.

Wie muss ein Campingplatz sein, damit er sich für Menschen mit einer cerebralen Lähmung eignet?
Geografisch sind kaum Grenzen gesetzt. Wichtig ist, dass der Leiter der Campinganlage und seine Mitarbeitenden Verständnis für die Anliegen von Menschen mit einer Beeinträchtigung zeigen. Dieses Verständnis ist bei den TCS-Campingplätzen sehr ausgeprägt. Deshalb fühlen sich unsere Familien dort sehr wohl.

Wie sind die Reaktionen auf das Campingangebot? 
Die betroffenen Familien sind vom Angebot begeistert. Bereits ein Jahr nach Eröffnung der Bungalows am Vierwaldstättersee waren sie im Sommer zu über 90 Prozent ausgelastet. Diese Familien sind sehr loyale Gäste, die gerne immer wieder an Orte zurückkehren, wo sie wissen, dass die nötige Infrastruktur und die Gastfreundschaft stimmen. 

Zur Person
Thomas Erne ist seit 2017 Geschäftsleiter der Schweizerischen Stiftung für das cerebral gelähmte Kind (Stiftung Cerebral). Ursprünglich war er im Tourismus tätig. Zuletzt als Geschäftsführer der Bielersee-Schifffahrts-Gesellschaft.


Zahlen und Fakten 

3 364 000 Logiernächte werden pro Jahr auf Schweizer Campingplätzen erwirtschaftet. 

Zwei Drittel der Logiernächte werden von inländischen Touristen generiert.

989 000 Logiernächte stammen von europäischen Touristen. Die Gäste aus Deutschland machen mit knapp 410 000 Logiernächten den grössten Markt aus. Die zweit wichtigste Gästegruppe stammt aus den Niederlanden. Auf sie entfallen 218 000 Logiernächte.

2,9 Tage beträgt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer auf einem Schweizer Campingplatz. Mit einer Aufenthaltsdauer von 3,8 Tagen verweilen die Gäste aus dem Fürstentum Liechtenstein am längsten auf den Campingplätzen. Gäste aus den Niederlanden bleiben im Schnitt 3,3 Tage und Gäste aus Portugal und der Schweiz 3,1 Tage.


Mehr Informationen unter:

www.swisscamps.ch