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Der Morgenstreich von Bern

Einmal im Jahr stehen die Berner früher auf als sonst. Ab sechs Uhr ist der «Zibelemärit» offiziell eröffnet. Doch wer die besten Zöpfe haben möchte, ist bereits um vier Uhr am Stand.

Noch liegt die Dunkelheit über den Gassen von Bern. An den Marktständen hängen die Landwirte ihre schön geflochtenen Zwiebelzöpfe auf und drapieren Gestecke, Arrangements und Figuren aus Zwiebeln. Auch die Zuckerzwiebeln, geflochten zu Strängen und in orangefarbenes Cellophan gewickelt, fehlen nicht.

Der «Zibelemärit» findet jedes Jahr am vierten Montag im November statt. In diesem Jahr ist es am 25. November wieder so weit. Seinen Ursprung findet der Markt im 15. Jahrhundert. In der Zeit um Martini fand damals eine zwei Wochen dauernde Martinimesse statt, ein grosser Gemüsemarkt mit Volksfest. Zum heutigen «Zibelemärit», bei dem die geflochtenen Zwiebelzöpfe der Bauern die Hauptattraktionen sind, wandelte er sich erst um 1850.

Damit am grossen Tag alles bereit ist, beginnen die Landwirte bereits Wochen zuvor mit ihrer Flechtarbeit. Ein involvierter Betrieb ist der Hof Iseli Früchte und Gemüse in Täuffelen/BE, der neben vielem anderen Zwiebeln anbaut. «Für das Flechten der Zöpfe ist unsere 82-jährige Mutter zuständig, die das ihr grösstes Hobby nennt», schreibt der Familienbetrieb auf Anfrage. Bereits Anfang August werden die Zwiebeln in Handarbeit aufgelesen und auf dem Hof getrocknet.

Meistbesuchter Brauch von Bern

Mitte September beginnt dann die eigentliche Arbeit. Die Zwiebeln werden von Hand geputzt und zu Zöpfen geflochten. «Wir verarbeiten rund zwei Tonnen Zwiebeln», so der Familienbetrieb. Zum Binden der Zöpfe verwenden Iselis Weidentriebe und dekorieren das Gebundene mit Trockenblumen aus Eigenproduktion. «In diesem intensiven Handwerk steckt nicht nur viel Arbeit, sondern auch viel Herzblut», hält die Familie fest. Die Zöpfe verkaufen Iselis ab Oktober einerseits im eigenen Hofladen und andererseits auf dem lokalen Markt. Für den «Zibelemärit» stellt die Familie dann nochmals weitere Zöpfe her. «Der grösste Teil der Zöpfe wird speziell für Bern gefertigt», so Iselis.

Das Brauchtum Die Schweiz ist voller Bräuche. Während eines Jahres picken wir einige davon heraus wie jenen in Bern.

Dort werden ähnliche Gebinde an hundert weiteren Marktständen verkauft. Das weiss Norbert Esseiva, Leiter Orts- und Gewerbepolizei der Stadt Bern, der für sämtliche Bewilligungen für die Benutzung des öffentlichen Grunds zuständig ist. Über 300 weitere Stände ergänzen das Marktangebot mit Wintergemüse, Magenbrot, Glühwein, Souvenirs und Weiterem. Der Tag ist auch für die Berner Restaurants wichtig: «Für Betriebe, die im und ums Zentrum liegen, ist es der umsatzstärkste Tag im Jahr», weiss Tobias Burkhalter, Präsident von Gastro Bern. In rund zweihundert Gastrobetrieben werden an diesem Tag die typischen Zibele- und Chäschueche serviert. «Kommen wie im letzten Jahr bis zu 100 000 Besucher an den Markt, benötigen wir an diesem Tag rund 50 000 Stück Wähen», mutmasst Tobias Burkhalter.

(Ruth Marending)


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