An der Fachtagung Brennpunkt Nahrung diskutierten Fachleute über ein nachhaltiges Ernährungssystem.
«Wir rennen schon seit Jahren in die falsche Richtung», sagte Markus Egermann. Er war Referent an der Fachtagung Brennpunkt Nahrung, die Anfang November zum zehnten Mal in Luzern stattfand. Die Transformation zu einem nachhaltigen Ernährungssystem bedeute, dass man einen systemischen Wandel vollziehen müsse. «Davon sind wir noch weit entfernt», erläuterte der Transformationsforscher vom Leibniz-Institut in Dresden (DE). Er zeigte auf, was die Pariser Klimaziele bedeuten: «Unser jährliches CO2-Budget müsste von derzeit durchschnittlich zehn auf zwei Tonnen sinken.»
Seine Vision ist, dass man in verschiedenen Städten und Dörfern sogenannte Reallabore für nachhaltige Ernährungssysteme errich-tet. Darin hätten die Menschen die Möglichkeit, ein nachhaltiges Ernährungssystem zu testen und dau-erhaft einzuführen.
Zufrieden mit der Nachhaltigkeit ihrer Unternehmen waren Ricarda Demarmels, CEO der Emmi-Gruppe, Coop-Chef Philipp Wyss, Jérôme Meyer, Aldi-Geschäftsführer, Markus Bigler, CEO von Bigler Fleischwaren, und Markus Ritter, Präsident des Bauernverbands. Sie erläuterten in ihren Referaten die Nachhaltigkeitsbemühungen in ih-ren Bereichen. Dabei zeigten sie sich wenig selbstkritisch. Philipp Wyss sagte, dass der Schweizer Detailhandel in Sachen Nachhaltigkeit Weltspitze wäre. Und Markus Ritter lobte die Landwirte dafür, dass sie die Biodiversitätsziele weit übertroffen hätten.
Lea Götz, Paula Moser und Sandro Meier, Studierende an der Berner Fachhochschule, zeigten in einer amüsanten Präsentation auf, welche Bedürfnisse die 16- bis 25-Jäh-rigen hätten. Dabei nahmen sie sich selber auf die Schippe und erklärten, dass die Generation Z eine Aufmerksamkeitsspanne von gerade einmal acht Sekunden hätte. Was die Ernährung anging, erklärten die drei, dass 30 Prozent der jungen Menschen nicht frühstückte und keinen Alkohol trän-ke. «Wir schätzen funktionale und gesundheitsfördernde Lebensmittel», erklärte Lea Götz. Jedoch essen viele junge Menschen nach dem Lustprinzip. Bei der Wahl der Lebensmittel wären Nachhaltigkeit und Ethik wichtige Faktoren. «Ausserdem mögen wir Gerichte, die kein Fleisch enthalten», ergänzte Paula Moser. Die drei Studierenden gaben zu bedenken, dass die Generation Z Werte wie Gerechtigkeit, Stabilität, soziale Kontakte, Selbstverwirklichung oder körperliche und geistige Gesundheit, also Prävention statt Reanimation, hochhielten.
Bundesrat Albert Rösti (SVP) sagte in seinem Referat, dass sich der Staat nicht in die Ernährung der Bevölkerung mischte, weil dies ein grosser Eingriff in die Persönlichkeit wäre. «Wenn der Staat das Private zur Staatsangelegenheit macht, geht es zu weit.» Die neu aufgelegte Ernährungspyramide wäre eine Empfehlung. Aus seiner Sicht wäre die Ernährung zusehends ideologisch, was sich in den Abstimmungsvorlagen widerspiegelte. Sorgen bereitete ihm, dass rund 30 Prozent der Lebensmittel weggeworfen würden. «Den Kampf gegen die Verschwendung hat sich der Bund gross auf die Fahne geschrieben.»
(Daniela Oegerli)