Ob Alpenbitter oder Käse – die Appenzeller wissen ihre Produkte mit Kräutern zu veredeln. Die Rezepte sind geheim, aber in der Kräuterwelt wirdeiniges aufgedeckt.
Im Eingangsbereich der Kräuterwelt der Appenzeller Alpenbitter AG in Appenzell/AI wabert einem angenehm der Duft getrockneter Kräuter und Wurzeln entgegen. Sofort kommt Schatzsucher-Stimmung auf. Ob es einem gelingt, das geheime Kräuterrezept zu entschlüsseln?
«Das schafft niemand», ist Pascal Loepfe-Brügger überzeugt. Selbst er, Geschäftsführer der Appenzeller Alpenbitter AG und Mitglied der Gründer- und Aktionärsfamilie, kennt das Rezept nicht. «Es gibt immer nur zwei Geheimnisträger in der Familie. Zurzeit sind das Beat Kölbener und Walter Regli.» Ausser diesen beiden Herren darf niemand die Kräuterkammer betreten. Dafür steht aber die Kräuterwelt, ein multimedialer Betriebsrundgang, allen Interessierten offen.
Lichtinstallationen, Film- und Tonsequenzen wechseln sich ab. Sie werden durch Erklärungen von Gastgeberinnen ergänzt, die das Publikum durch die Ausstellungs- und Produktionsräume begleiten und mal auf dieses, mal auf jenes Detail hinweisen. Zum Beispiel auf ein gesticktes Werbeplakat oder die ausgestellten Gläser.
Pascal Loepfe-Brügger erklärt: «Im Laufe der Jahrzehnte wurde der Appenzeller Alpenbitter je nach gerade herrschendem Modetrend mit und ohne Eis, als Aperitif, Digestif oder Medizin getrunken. Darum die verschiedenen Gläsergrössen und Formen.»
Bereits im ersten Ausstellungsraum werden 41 der 42 für die Alpenbitterherstellung verwendeten Kräuter vorgestellt. «Nur die Vanille fehlt. Die müssen wir kühl lagern», sagt Pascal Loepfe-Brügger. Alle anderen Kräuter – von A wie Angelica archangelica (Engelwurz) bis Z wie Zimt – lassen sich mit allen Sinnen entdecken. Einige, etwa der gelbe Enzian, werden auf dem Gelände der Appenzeller Alpenbitter AG oder von lokalen Bäuerinnen angebaut. Die meisten Kräuter und Wurzeln müssen aber importiert werden. Entweder, weil die regionale Ernte noch zu klein ist oder sie hier gar nicht gedeihen.
Obschon sich der Appenzeller Alpenbitter immer wieder neu vermarktet und inzwischen auch als Praliné und Stängeli daherkommt, ist seine geheime Rezeptur seit 1902 unverändert geblieben. Dass sie verschwiegen sind, beweisen die Geheimnisträger Beat Kölbener und Walter Regli gleich zweifach. Sie stellen nämlich auch die geheime Kräutersulzmischung für den Appenzeller Käse her.
(Riccarda Frei)
Jeden Mittwoch um 10 Uhr findet eine öffentliche Führung statt. Sie wird in Deutsch durchgeführt und dauert rund 90 Minuten. Für Gruppen ab 10 Personen sind gegen Voranmeldung auch Führungen an anderen Terminen und in den Sprachen Deutsch, Französisch oder Englisch möglich.