Es ist ein Spektakel sondergleichen: das Klausjagen in Küssnacht am Rigi/SZ. Heute ist es der bekannteste Brauch des Ortes am Vierwaldstättersee. Aber nicht immer war er dort gerne gesehen.
Um Viertel nach acht Uhr abends hallt ein Donnerschlag durch die Gassen von Küssnacht am Rigi/SZ. Nach diesem Böllerschuss gehen schlagartig die Lichter aus. Es ist finstere Nacht. In den Ohren der Zuschauer hallt noch das Geiselklöpfen der Jungen nach, die vorgängig durch die Strasse zogen.
Am Horizont tauchen die ersten Laternenträger auf, die so genannten Iffelenträger. Die Iffel bezeichnet eine Kopflaterne in Form einer beleuchteten, übergrossen Bischofsmütze. Die bis zu zwei Meter hohe und gut zwanzig Kilogramm schweren Laternen sind aus Balsaholz oder Karton gefertigt, mit farbigem Transparentpapier bespannt und mit Motiven verziert. Mit ihrem Scherenschnittmuster sehen sie aus wie Kirchenfenster. «Bei guter Wetterprognose rechnen wir mit rund 250 Iffelenträgern, die am Hauptumzug teilnehmen», weiss Pascal Knüsel, Präsident der St. Niklausengesellschaft Küssnacht am Rigi.
Jeweils 30 000 Zuschauer zieht der Hauptumzug jedes Jahr an. Eine Wertschöpfungsstudie ist zwar noch nie durchgeführt worden, aber Pascal Knüsel hält fest: «Man kann von einem beachtlichen Umsatz ausgehen, zumal die Zuschauenden aus der ganzen Welt anreisen.» Am Hauptumzug nehmen 1700 Klausjäger teil und am folgenden Morgen um sechs Uhr findet zum Abschluss das Sächsizügli statt, bei dem meistens noch 600 Mitglieder mitlaufen.
Das Klausjagen in Küssnacht am Rigi ist ein St.-Nikolaus-Brauch. Allerdings wird er nicht am 6. Dezember durchgeführt, sondern jeweils einen Tag früher, am 5. Dezember. Dieses Jahr fällt der Anlass auf einen Donnerstag.
Um die Entstehung kursieren mehrere Legenden. Und nicht immer war man dem Anlass wohlgesinnt. Dass das Klausjagen für die Küssnachter Behörden ein Ärgernis war, zeigt die erste Erwähnung im Protokoll des Bezirksrats von 1732: «Wegen den Buben, die durch ihr Hornblasen und Tricheln in nächtlicher Zeit die Leute beunruhigen, ist erkannt, dass bei einem Pfund Busse sie solches in solchem Ungestüm nicht mehr tun sollen.»
Um 1920 nahmen die Ausschreitungen immer heftigere Formen an. Um die drohende Gefahr behördlicher Verbote abzuwenden, fanden sich 1928 engagierte Küssnachter zusammen.
Daraus entstand in den Folgejahren die St. Niklausengesellschaft. Diese zählt heute über 1900 männliche Mitglieder. Der Vorstand ist für die Durchführung des Klausjagens verantwortlich. «Mit dem Mitgliederbeitrag von 25 Franken erhalten die Klausjäger einen Znünibon», so Pascal Knüsel. «Dafür können sie nach dem Hauptumzug in den Küssnachter Restaurants das traditionelle Menü ‹Rippli mit Chruut› essen.»
(Ruth Marending)