Es geschah im Dezember 1602. Die Franzosen griffen Genf an. Doch dank eines Suppentopfes wurden die Angreifer gestoppt. Genf feiert den Sieg bis heute mit der Fête de l’Escalade.
Es ist 422 Jahre her, doch der Sieg hallt bis heute nach und wird in Genf gross gefeiert. In der Nacht vom 11. auf den 12. Dezember 1602 schlug die Genfer Bevölkerung die Soldaten des Herzogs von Savoyen in die Flucht. In jener Nacht griffen 2000 Söldner, die im Dienst des Herzogs standen, die Stadt am Genfersee an. Einem harten Kern von 200 Mann gelang es, die Stadtmauern zu erklimmen. Bis sie von heisser Suppe am weiteren Angreifen gehindert wurden. Eine der grossen Symbolfiguren dieses Festes ist die Mère Royaume, zu Deutsch Mutter Königreich. Der Legende nach soll sie während der nächtlichen Schlacht einen savoyischen Soldaten in den Gassen der Stadt erschlagen haben, indem sie ihren gusseisernen Topf voll heisser Suppe auf ihn hinunterfallen liess. Die Geschichte wird im Lied «Cé qu’è lainô», der inoffiziellen Hymne des Kantons Genf, erzählt.
Dieser nächtliche Sieg blieb für immer in den Köpfen der Genfer Einwohnenden haften und wird seither gefeiert. Seit 1881 wird auch jedes Jahr an den Feierlichkeiten in Gedenken an Mutter Königreich ein Topf zerschlagen. Dieses Jahr fällt die Fête de l’Escalade auf das Wochenende vom 13. bis 15. Dezember. Dann befindet sich die Calvin-Stadt im Ausnahmezustand.
Auf den Plätzen und in den Gassen der Altstadt gedenkt die Genfer Bevölkerung dem historischen Ereignis mit Vorführungen von Handwerkskünsten, Essständen, patriotischen Liedern und Reden. In der Kathedrale Saint-Pierre findet ein interreligiöser Gottesdienst statt. Am Sonntag erreichen die Festlichkeiten ihren Höhepunkt mit einem Umzug von Hunderten von Teilnehmenden, alle in historische Kostüme gekleidet. Und seit 1978 wird die Course de l’Escalade, ein Stadtlauf durch Genf, veranstaltet. Dieser findet eine Woche vorher am 7. und 8. Dezember statt.
Die Wertschöpfung der Escalade ist in Genf noch nie erhoben worden. Doch Léonore Ehrsam Bimpage, Pressesprecherin vom Kanton Genf, weiss: «Es kommen mehr Gäste als an einem anderen Dezemberwochenende in unsere Stadt. Gut sichtbar ist das an der erhöhten Nutzung der Geneva Transport Card.» Kulinarisch steht die traditionelle heisse Suppe als Hommage an Mère Royaume im Zentrum. «Da es in jener Zeit üblich war, jeden Tag Suppe zu essen, sind keine Rezepte überliefert», sagt Ehrsam Bimpage. «Wir wissen deshalb nur wenig über die Essgewohnheiten jener Zeit.» Historiker gehen aber davon aus, dass es sich um eine Gemüsesuppe aus saisonalen Zutaten handelt und haben ein Rezept ausgearbeitet. Enthalten sind ein Kohlkopf, zwei Zwiebeln, ein Kohlrabi, vier bis fünf Lauchstangen, vier bis fünf Weisswurzeln, ein wenig Spinat, 200 Gramm Linsen, 200 Gramm Reis und 250 Gramm Speck.
(Ruth Marending)