Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Madrid Fusión bricht Besucherrekord

16 500 kulinarisch interessierte Personen pilgerten nach Madrid, um sich über gastronomische Kreativität und neueste Kochtechniken zu informieren.

  • René Redzepi (rechts) erklärt Andoni Luis Aduriz wohin die gastronomische Reise zukünftig geht. (ZVG)
  • Sieben Tage zuvor war Ksenia Amber noch auf der Flucht aus Odessa.

Trotz Corona-Auflagen reiste das Publikum Ende März in rekordhoher Anzahl zur Madrid Fusión in die spanische Hauptstadt. Während drei Tagen waren die Säle, das grosse Auditorium sowie die Workshopräume bis zum letzten Platz besetzt. «Ohne Madrid Fusión wären wir nicht das, was wir sind. Der Kongress hat uns ermöglicht, eine Gemeinschaft zu bilden, uns auszutauschen und zu zeigen, dass die Gastronomie ein mächtiges Werkzeug für den Wandel ist.» Mit diesen Worten begann der spanische Dreisternekoch Joan Roca vom «El Celler de Can Roca» in Girona (ES) seine Jubiläumsrede. Die 20. Austragung der Madrid Fusión nutzten zahlreiche prominente Köche aus der ganzen Welt, um zuzuhören, zu lernen oder um sich auszutauschen.

Kohlrabi statt Ananas

Viele wegweisende Kochpersönlichkeiten präsentierten ihr Know-how. Dazu gehörte Santiago Lastra vom «KOL» in London (GB). In seinem Restaurant kocht er mit englischen Zutaten, um damit mexikanische Gerichte zu replizieren. Beispielsweise ersetzt Santiago Lastra Bananen durch Pastinaken. Ananas wiederum substituiert der visionäre Koch durch grillierten und in Sirup marinierten Kohlrabi. Mit dieser Art der Übersetzung von Aromen möchte Santiago Lastra neue kulinarische Traditionen schaffen. «Diese Transformation der Zutaten hat eine grosse Zukunft und ist ein wichtiger Beitrag zur kulinarischen Nachhaltigkeit», ist Santiago Lastra überzeugt.

Vor dem Spiegel serviert

Mit ihrem Auftritt verblüfften die Köche des «Disfrutar» in Barcelona (ES) das Publikum. Bereits vor 16 Jahren kreierte das ehemalige Küchenteam des «El Bulli» mithilfe der Mikrowelle so genannte Sponge Cakes, die zwischenzeitlich zu Klassikern wurden. Die Sponge Cakes hatten, genauso wie viele andere kulinarische Innovationen in den vergangenen Jahren, an der Madrid Fusión ihre Premiere. In diesem Jahr zeigte das «Disfrutar»-Team kleine Biskuits aus handelsüblichen Käsesorten, die in einer beliebig geformten Silikonform innerhalb von 30 Sekunden im Mikrowellengerät «gebacken» werden. Momentan werden diese Käsesnacks den «Disfrutar»-Gästen vor einem Spiegel serviert. Der Gedanke, dass man beim Schmecken und Kauen sein Gesicht sieht, soll zum Nachdenken anregen.

René Redzepis neueste Ansage

«Heutzutage zeichnet sich die Avantgarde dadurch aus zu wissen, wie man das Team im Restaurant führt, den fairen Einkauf von Lebensmitteln organisiert und die sozialen Werte im Team stärkt», erklärt Dreisternekoch René Redzepi vom «Noma» in Kopenhagen (DK) im Dialog mit Andoni Luis Aduriz vom Restaurant Mugaritz in Errenteria (ES). René Redzepi ist der Meinung, dass zukünftige Innovationen darin bestehen zu wissen, wie man Restaurants führt und nicht in der Herausforderung, immer neue Gerichte zu erfinden. Um seine Position zu verdeutlichen, kehrte er auf der Bühne der Madrid Fusión gedanklich zum «El Bulli» zurück, wo er einst ein Praktikum absolvierte: «In Spanien war das ‹El Bulli› der erste Ort, an dem eine Experimentierküche eingerichtet wurde. Das war dazumal absolute Avantgarde. Jetzt sollten Restaurants Labore einrichten, in denen es um die Klärung sozialer Fragen geht.»

Zahlreiche ­kulinarische ­Innovationen hatten ihre Premiere an der Madrid Fusión.


Die 20. Ausgabe der Madrid Fusión endete mit einem Akt der Solidarität mit der Ukraine. Auf der Bühne kochte die erst kurze Zeit zuvor aus der Ukraine geflüchtete Köchin Ksenia Amber eine moderne Version von Borschtsch. Sie beendete ihren Auftritt mit den Worten: «Ich hoffe, dass ich eines Tages zurückkehren und meine Tätigkeit in Odessa wieder aufnehmen kann.» Das emotional ergriffene Publikum bedankte sich mit einer Ovation für Ambers Präsentation und für ihre bewegenden Worte. Damit gingen drei intensive Tage zu Ende, an denen facettenreich über die Gastronomie in einer Zeit zwischen zwei Krisen nachgedacht wurde.

(Patrick Zbinden)


Informationen

madridfusion.net/en