Einen der grössten Kochwettbewerbe der Welt zu jurieren, ist Herausforderung und Ehre zugleich. Doris Vögeli und Jung-Juror David Lanz über ihren Einsatz beim Culinary World Cup 2022.
David Lanz: Mein absolutes High-light war der Weltmeistertitel 2014 mit den Junioren. Hinter dieser grossartigen Teamleistung steckten viel Herzblut, Schweiss und Tränen – diese Emotionen werde ich nie vergessen.
Doris Vögeli: Ich habe selbst als Wettbewerbsteilnehmerin eine schöne Medaillensammlung gewonnen. Als ich in das Jury-Team wechselte, war das am Anfang schon speziell: Wenn man genau weiss, wie viel Aufwand dahinter steckt, ist es eine umso grössere Herausforderung, korrekt zu bewerten.
Lanz: Es ist essentiell, eine Mischung aus langjähriger Erfahrung und frischem Wind in der Jury zu haben. Ich denke, wir können uns perfekt ergänzen und das Verständnis für verschiedene Sichtweisen auf die Kochkunst fördern.
Lanz: Eine wichtige Änderung war sicherlich die Abschaffung des Ausstellungstisches bei den Nationalmannschaften. Einerseits aus Nachhaltigkeitsgründen, andererseits, weil der Chef’s Table mit Komponenten wie dem Fingerfood viel näher an der Praxis ist. Heute ist zudem alles viel stärker reglementiert, was manchmal die Kreativität der Teams etwas einschränkt.
Vögeli: Die Kalte-Plattenshow in Luxemburg zieht viele Besucher an, die Eintritt bezahlen. In der Hotellerie ist die kalte Show ein Auslaufmodell, wurde von vielen Teams aber immer noch verlangt. Das ist ein langer Prozess des Umdenkens, der für viele Nationen nicht so einfach zu vollziehen ist. Aber am Ende gibt der Gastgeber die Regeln bekannt, ganz einfach.
Vögeli: Ich denke, wir werden mehr in Richtung «Zero Waste» gehen und sehen, wie die Teams die ganzen Lebensmittel verarbeiten. Auch fleischlose und vegane Gerichte liegen im Trend. Die Regionalität und Saisonalität, die bei uns wichtige Themen sind, spielen in vielen teilnehmenden Ländern keine Rolle, da beispielsweise die Saisons weniger ausgeprägt sind.
Lanz: Derzeit ist eine sehr naturbezogene Küche im Trend, bei welcher das Produkt im Fokus steht. Letztlich liegt für mich die Herausforderung eines solchen Wettbewerbs aber darin, sich als Team zu präsentieren. Aktuelle Trends spielen da sicher eine Rolle, aber wichtiger ist zu zeigen, was das Team ausmacht und worauf es den Fokus legt.
Vögeli: Druck spüre ich nicht. Aber es ist wichtig, die Verantwortung für seine Bewertungen zu übernehmen und wenn nötig, auch Erklärungen dazu abzugeben. Alle Teilnehmenden wollen gute Punkte und niemand hört gerne, was nicht gepasst hat. Das bringt oft schwierige Momente mit sich, aber die Erfahrung hilft, damit umzugehen.
Lanz: Ich denke, diesen Druck darf man eigentlich gar nicht spüren, sonst lässt man sich bereits beeinflussen. Die Herausforderung ist, alle Leistungen komplett neutral zu betrachten und die eigenen Vorlieben sowie den eigenen Geschmack aussen vor zu lassen.
Lanz: Wenn man als Kandidat dabei ist, gibt es sicher immer Momente, in denen man die Bewertung nicht ganz versteht. Immerhin hat man zwei Jahre lang intensiv auf etwas hingearbeitet. Trotzdem gilt es, das Resultat zu 100 Prozent zu respektieren und zu akzeptieren.
Vögeli: Den Teams als Jurorin gerecht zu werden, heisst, alles mit derselben Brille anzuschauen und das eigene Raster vom ersten bis zum letzten Tag beizubehalten. Konkret heisst das: Wenn ich am ersten Tag das Punktemaximum vergebe und später ein besserer Teilnehmer kommt, habe ich ein Problem. Darum muss man genug Raum lassen zwischen den Rangierungen, damit jeder den verdienten Platz bekommt.
Vögeli: Das ist kein Problem. In jedem Jurybüro machen wir das gleich am ersten Tag ab: Beim eigenen Land tritt man in den Ausstand und nimmt den Durchschnitt der anderen Juroren. Alles andere kommt nicht in Frage.
Lanz: Die Schweiz ist mittlerweile eine Nation, mit der man rechnen muss. Ich denke, sowohl die Junioren wie auch die Kochnationalmannschaft haben dieses Jahr sehr grosses Potenzial.
Vögeli: Für die Schweizer Teams ist es genauso schwierig wie für die anderen, nach der langen Pandemiepause wieder einzusteigen. Den Fokus wieder aufbauen und die Spannung über so eine lange Zeit zu halten, kostet Energie. Aber der Weg ist glasklar: Go for Gold!
(Interview Angela Hüppi)