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Wie gut schmeckt alkoholfreier Wein?

Alkoholfreies Bier ist etabliert. Mocktails sorgen für Furore. Wein ohne Alkohol ist kaum bekannt. Zu Unrecht.

Viele Entdeckungen in der Weinbereitung wurden in Labors gemacht. So auch der Entzug von Alkohol. Was im Vakuum-kolben aus Glas begann, wird heute industriell mit grossen, chromglänzenden Geräten ausgeführt. (Adobe-Stock)

Einen Monat auf Alkohol verzichten? Das klingt machbar. Doch welcher Weingeniesser verzichtet gerne auf sein Lieblingsgetränk? Das ist kaum mehr nötig, denn mittlerweile gibt es ganz ansprechende, alkoholfreie Tropfen. In einer kleinen Runde verkostete der Autor eine Auswahl an Weiss-, Rosé- und Rotweinen.

Was funktioniert?

Weil der Geschmacksträger Alkohol fehlt, wird alkoholfreien Weinen Zucker in Form von Traubensaft oder Traubenmostkonzentrat beigemischt. Es entsteht ein interessantes Süss-Sauer-Spiel, wie dies auch bei gewissen traditionellen Weinen geschätzt wird. Zum entalkoholisieren eignen sich vor allem Weine aus hoch aromatischen Sorten wie Riesling, Sauvignon Blanc oder Muscat.

Die mit Kohlensäure angereicherten Schaumweine haben den Verkosterinnen und Verkostern gut geschmeckt. Auch die stillen Weissweine mit 0,0 Volumenprozent Alkohol fanden Anklang. «Den Riesling ‹Eins, Zwei, Zero› könnte ich mir als alkoholfreien Aperitif ganz gut vorstellen», sagte Michel Gygax, Gastronom und Weinhändler in Bern. Von den zwei Rosé schmeckte einer schal und der andere war, der Kohlensäure sei’s gedankt, ganz passabel. Die Rotweine dufteten nach purer Frucht. Was ihnen fehlte, war ganz klar die Tanninstruktur.

Mitverkosterin Esther Tinguely, die für gewöhnlich nach einem Glas traditionellem Wein niesen muss, reagierte auf keinen der zwölf Weine allergisch. «Ausser dem Muscat ‹Sangre de Toro› hat mir trotzdem keiner der Weine gemundet. Ich bleibe definitiv bei Wasser und Fruchtsaft», war ihr Fazit. Alkoholfreie Schaum- und Weissweine können eine Alternative zu traditionellem Wein sein. Die Rotweine können wie eine vegane Wurst das Original nicht ersetzen.

«Null-Prozenter aus aromatischen Sorten kann ich mir als alkoholfreien Aperitif vorstellen.»

Michel Gygax, Gastronom und Weinhändler


Wie Weine aus pilzwiderstands-fähigen Rebsorten oder Naturweine sind auch alkoholfreie Weine Geschmackssache. Auf jeden Fall verbrachten die Verkostenden einen ausgesprochen lustigen Abend – ganz ohne Alkohol.

Gesunde Alternative

Die Methode der schonenden Entalkoholisierung ist nicht neu. 1908 entwickelte Dr. Carl Jung aus Rüdesheim (DE) ein Vakuum-Des-tillationsverfahren. Dabei wurde traditionell vergorener Wein auf 30 Grad Celsius erwärmt, unter Vakuum der Alkohol abgesogen und die Aromastoffe separat aufgefangen und dem entalkoholisierten Wein wieder zugefügt. Das Verfahren wurde verbessert und heute reichen bereits 27 Grad ­Celsius. Anders als traditioneller Wein mit bis zu 90 Kalorien pro Deziliter enthält die alkoholfreie Variante nur rund 20 Kalorien pro Deziliter.

Drei Artikel im Gesetz

In der Verordnung über Getränke definiert das Eidgenössische Departement des Innern alkoholfreien Wein oder Schaumwein als Wein, dem der Alkohol auf physikalischem Weg entzogen wurde. Auch kann die Gärung so gelenkt werden, dass kein Alkohol entsteht. Grundsätzlich gelten die Anforderungen an traditionellen Wein. Die Sachbezeichnung lautet «alkoholfreier Wein», «Wein ohne Alkohol» oder «entalkoholisierter Wein». Anders als bei klassischem Wein ist die Zugabe von Traubenmost oder rektifiziertem Trauben-mostkonzentrat zulässig. Angaben über den Ursprung, die Traubensorten oder den Jahrgang sind in der Schweiz nicht zulässig. Hierzulande produziert nur Rimuss & Strada in Hallau/SH ein Aperitif-Getränk aus entalkoholisiertem Wein.

(Gabriel Tinguely)


Drei beste Weine

Eins, Zwei, Zero
Der Schaumwein auf der Basis von entalkoholisiertem Riesling duftet nach Holunderblüten und Pfirsich und hat eine ­typische Petrolnote. Knackig und fein perlend am Gaumen.

Kolonne Null Riesling 2020
Kolonne Null wurde 2018 ­gegründet. In jeder Region wird mit einer Winzerpersönlichkeit gearbeitet. Der kräftige ­Riesling von Axel Pauly duftet unter ­anderem nach Pfirsich, Ananas und Backapfel.

Sangre de Toro 2020
Ein roter Null-Prozenter aus Garnacha- und Syrah-Trauben. Die Farbe gefällt. Auch der Duft von Cassis, Gewürz­nelken, Minze und Thymian. Ein Schmeichler am Gaumen. Die Tanninstruktur fehlt.


Informationen

leitz-wein.de
kolonnenull.com
sangredetoro.com