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Influencer-Marketing: Zwischen Hype und Realität

Social Media prägt die Hospitality-Branche. Hotels und Destinationen setzen auf Influencer, um Reichweite und Buchungen zu steigern – doch lohnt sich das auch? Welche Plattformen bieten den besten «Return on Investment»? Eine Analyse von Zahlen, Strategien und Expertenmeinungen.

Die Hospitality-Branche setzt zunehmend auf Influencer-Marketing. Nicht als kurzfristigen Trend, sondern als nachhaltige Strategie. Ob Boutique-Hotel, Luxusresort oder Tourismusregion: Durch die Zusammenarbeit mit Social-Media-Creators erreichen sie ihre Zielgruppe authentisch und emotional. Der Markt boomt, doch wie wirkungsvoll ist diese Strategie wirklich? Manche Hotels erzielen mit Influencer-Kampagnen messbar mehr Reichweite und Buchungen, während andere den Nutzen infrage stellen. Welche Plattformen sind relevant? Welche Kennzahlen zählen? Und welchen Einfluss haben Mikro- und Makro-Influencer auf die Vermarktung?

Ein Blick durch die Kameralinse

Laut einer Analyse von Statista beläuft sich das Marktvolumen für Influencer-Marketing in der Schweiz aktuell auf 150 Millionen Franken und wird bis 2027 voraussichtlich um 30 Prozent wachsen 1. Eine Umfrage der Influencer Marketing Agentur Kingfluencers sagt aus, dass rund 55 Prozent der Schweizer Unternehmen Influencer-Marketing aktiv nutzen. Weitere 12 Prozent planen den Einstieg. Vor allem visuelle Plattformen wie Instagram, TikTok und YouTube dominieren, da sie durch Bilder und Videos eine emotionale Wirkung auf potenzielle Gäste und Besucherinnen haben 2.

Was bringen Influencer wirklich?

Die zentrale Frage ist: Wie messbar ist der Erfolg? Eine Untersuchung von Influencer Marketing Hub zeigt, dass Unternehmen im Durchschnitt einen Return on Investment (ROI) von 5,8 : 1 erzielen – das bedeutet, dass jeder investierte Franken im Durchschnitt 5,80 Franken Umsatz generiert 3. In der Praxis variiert der ROI je nach Zielsetzung der Kampagne. Während einige Betriebe auf direkte Buchungen setzen, geht es für andere um Reichweite, Markenbekanntheit und langfristige Kundenbindung. Das macht die Erfolgsmessung komplex. Laut einer Studie halten 70 Prozent der Marketer die ROI-Messbarkeit für die grösste Schwierigkeit 4. Doch es gibt praktikable Ansätze: Buchungscodes oder spezielle Angebotslinks ermöglichen, den Kampagnenerfolg zu verfolgen. Zudem können Interaktionen auf Social Media sowie Website-Analysen Aufschluss über die Wirkung einer Kampagne geben.

Das kostet die Erfolgsstrategie

Erfolgreiches Influencer-Marketing basiert auf einer klaren Stra­tegie. Die Wahl der passenden ­Plattform ist entscheidend: TikTok, ­Instagram und YouTube dominieren. Facebook hingegen verliert zunehmend an Bedeutung. TikTok verzeichnet mit einer durchschnittlichen Engagement-Rate von 9,38 Prozent die höchste Interaktionsrate, es folgen Instagram mit 3,86 Prozent und YouTube mit 2,5 Prozent 5.

Die Kampagnen-Kosten variieren je nach Reichweite, Content-Format und Kooperationsmodell. Nano-Influencer mit bis zu 10 000 Followern kooperieren oft im Rahmen eines Barter-Deals und erhalten dafür einen kostenlosen Hotelaufenthalt. Makro-Influencer mit über 100 000 Followern verlangen zwischen 500 und 10 000 Franken pro Beitrag. Eine Influencer-Kampagne kostet zwischen 15 000 und 50 000 Franken – inklusive Honoraren, Produktion, Werbebudget und Agenturgebühren. Besonders kostenintensiv sind exklusive Influencer-Events oder Langzeit-Kooperationen mit bekannten Personen.

Wo Sonne ist, ist auch Schatten

Trotz des Potenzials von Influencer-Marketing gibt es auch Risiken. Dazu zählen Fake-Influencer und gekaufte Follower – Schätzungen zufolge nutzt jeder fünfte Content Creator manipulierte Engagement-Zahlen. Daher sollten Auftraggeber mit Monitoring-Tools wie Hype Auditor oder Up-fluence überprüfen, ob ein Influencer tatsächlich eine echte Community hat. Hinzu kommt die begrenzte Kontrolle über Inhalte. Influencer sind keine klassischen Werbeträger, sondern agieren eigenständig – das kann für Auftraggeber ein Nachteil sein, wenn die Inhalte nicht der gewünschten Botschaft entsprechen. Zudem besteht das Risiko von Shitstorms, wenn Influencer unzufrieden sind oder ihre Community eine Kampagne kritisch aufnimmt.

Neben inhaltlichen Herausforderungen gibt es auch rechtliche Vorgaben, die in der Schweiz gelten. Influencer müssen Werbung klar kennzeichnen – Beiträge mit finanzieller Gegenleistung oder einem gesponserten Aufenthalt sind entsprechend als Werbung zu deklarieren. Verstösse gegen diese Vorgaben können zu Abmahnungen oder Geldstrafen führen. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollten Hotels mit Influencern klare Verträge aufsetzen, in denen Nutzungsrechte, Leistungserwartungen und Vergütung geregelt sind. Besonders die Weiterverwendung des erstellten Contents durch den Auftraggeber sollte schriftlich festgehalten werden. Auch Datenschutz spielt eine Rolle: Influencer sollten nur mit Hotels kooperieren, welche die Datenschutzrichtlinien einhalten – etwa durch Einwilligungen von Gästen, die in Inhalten zu sehen sind.

(Andrea Decker)


Zahlen und Fakten

5,8 : 1 ROI

Jeder investierte Franken in Influencer-Marketing bringt 5,80 Franken Umsatz.

Nano-Influencer haben eine viermal höhere Engagement-Rate als Makro-Influencer.

90 Prozent

der Konsumenten vertrauen persönlichen Empfehlungen. Influencer gehören zu den Top dreien der vertrauenswürdigsten Werbeformen.

64 Prozent der ­Weltbevölkerung sind aktive Nutzer sozialer Medien.


Ina Thedens

Bürgenstock Resort

Influencer-Marketing ist fester Bestandteil der Kommunikationsstra­tegie des Bürgenstock Resorts in Ennetbürgen/NW und positioniert die Destination als exklusive Adresse. «Durch Kooperationen mit kreativen Persönlichkeiten schaffen wir authentische, visuell ansprechende Inhalte, welche die Vorzüge unseres Resorts gezielt in Szene setzen», sagt Ina Thedens, Content Marketing Manager im Luxusresort. Neben der Markenbekanntheit steht die Festigung der Position als «Must-Visit-Location» in der Schweiz im Fokus.


«Echte und markennahe Inhalte sind der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg.»


Entscheidend für das Resort ist zudem der Aufbau langfristiger Beziehungen zu Content-Creators und Meinungsbildnern (Key-Opinion-Leaders). «Wir setzen auf Partner, die langfristig mit uns zusammenarbeiten.» Bei der Auswahl geeigneter Influencer zählt für das Bürgenstock Resort nicht die Anzahl der Follower, sondern deren Authentizität, Relevanz und inhaltliche Verbundenheit zur Marke. «Wir setzen auf Qualität vor Quantität, um nachhaltige Beziehungen aufzubauen und Content zu kreieren, der das Resort glaubwürdig repräsentiert.» Die Inhalte sollen sich harmonisch in den Markenauftritt einfügen und eine Zielgruppe ansprechen, die sich vom Resort visuell und emotional angezogen fühlt. Reels und Karussell-Posts mit mehreren Bildern in einem Beitrag auf Instagram, Facebook, Linkedin und TikTok funktionieren sehr gut. Auch nutzergenerierte Inhalte spielen eine wachsende Rolle, da sie die Echtheit der Erlebnisse betonen, die Glaubwürdigkeit stärken und das Engagement fördern. «Nur durch eine enge Zusammenarbeit entstehen Inhalte, die sowohl die Zielgruppe ansprechen als auch die Markenbindung stärken.» Glaubwürdigkeit ist der entscheidende Faktor, der professionelles Influencer-Marketing für das Resort so wertvoll macht.


Sarah Schmid

Kingfluencers

«Authentizität und Storytelling sind im Influencer-Marketing wichtiger als Hochglanz­bilder», sagt Sarah Schmid, Head of Marketing der Zürcher Influencer Marketing Agentur Kingfluencers. Gäste suchen nach echten Tipps und immersiven Einblicken, besonders durch Videoformate wie Reels, ­TikToks oder YouTube Shorts. Ein Barter-Deal, also eine Kooperation, bei der Influencer statt einer monetären Vergütung Sachleistungen wie Übernachtungen erhalten, reicht dafür nicht mehr aus. Entscheidend ist ein ganzheitliches Erlebnis, das weitere Angebote des Hotels oder der Destination beinhaltet. «Zusätzlich zu Reichweite, Engagement-Rate und Click-Through-Rate gewinnen qualitative Faktoren an Bedeutung. Besonders der Earned Media Value, also die Weiterverwendung des erstellten Contents, wird zunehmend als zentraler Erfolgsindikator betrachtet.


«Hochglanzbilder waren gestern. Heute zählt authentisches Storytelling.»


Die Wahl des Influencers hängt dabei vom Ziel ab: Nano- und Mikro-Influencer (bis 50 000 Follower) sind ideal für lokale Restaurants und Boutique-Hotels, während Mid- und Makro-Influencer mit 50 000 bis 500 000 Followern eine grössere Reichweite erzielen. Oft empfiehlt sich eine Mischstrategie, bei der kleinere Influencer für Vertrauen und Nähe sorgen und grössere die überregionale Sichtbarkeit erhöhen. Eine nachhaltige Strategie setzt auf langfristige Kooperationen mit den passenden Creators und eine Integration in die gesamte Customer Journey – etwa durch Buchungscodes oder exklusive Events. «Marken haben erkannt, dass plattformübergreifender Influencer-Content nicht nur für Social Media, sondern auch in klassischen Marketing-Kanälen hervorragend funktioniert», so die Expertin. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in strategisch und professionell umgesetzten Kooperationen mit den richtigen Influencern.


Markus Manfredi

Swissaround

Content Creator Markus Manfredi erstellt hochwertige Foto- und Videoaufnahmen von Schweizer Landschaften, Hotels, Restaurants und Erlebnissen, die er mit seiner Community von 2,9 Millionen Followern teilt. «Ich schätze es, wenn mir ein Hotel oder eine Destination kreative Freiheit lässt, damit die Inhalte authentisch und ansprechend wirken», sagt er. Ein Briefing hilft ihm dabei, die Schwerpunkte zu setzen – allerdings ohne enge zeitliche Vorgaben. «So kann ich Licht und Szenerie optimal nutzen.» Als selbständiger Fotograf und Content Creator mit festen monatlichen Kosten kann Manfredi keine kostenlosen Gutscheine oder ähnlichen Angebote akzeptieren. «Hochwertige Inhalte verdienen in einer nachhaltigen Partnerschaft ein angemessenes Honorar.» Seine Community interessiert sich für authentische Empfehlungen aus der Schweiz. «Interessanterweise erzielen sommerliche Szenen mit sattem Grün oft mehr Likes und Shares als winterliche Motive», so Manfredi. Bei der Wahl seiner Partner achtet er darauf, dass die Kooperation zu seiner Community passt. Seine Follower begeistern sich für Abenteuer und Reisen – daher lehnt er Projekte ausserhalb dieses Bereichs ab.


«Mein Content ist am besten, wenn ich zeitlich und inhaltlich flexibel bin.»


Stattdessen setzt er auf qualitativ hochwertige Inhalte, die sowohl seinen Partnern als auch seinen Followern echten Mehrwert bieten. Influencer-Marketing bietet aus seiner Sicht klare Vorteile gegenüber klassischer Werbung. «Menschen folgen Content Creators, weil sie deren Hintergrundberichte und Empfehlungen schätzen», so Manfredi. Im Gegensatz zu traditioneller Werbung entstehen dabei emotionale Verbindungen und langfristige Markenerlebnisse. «Dennoch setzen viele Marken weiterhin auf kostenlose Kooperationen, statt den Wert professionellen Influencer-Marketings anzuerkennen.»


Natalie Schönbächler

Schweiz Tourismus

Schweiz Tourismus ST setzt schon seit geraumer Zeit auf strategisches Influencer-Marketing. «Mit Content-Creators können wir einen noch persönlicheren und authentischeren Einblick in Erlebnisse geben», sagt Natalie Schönbächler, Head of Media bei ST. Der von Creators erstellte User Generated Content als eine moderne Form der Mund-Propaganda wird oft als vertrauensvoller wahrgenommen als klassische Werbung. Dabei ist die Auswahl der richtigen Influencer essenziell. Entscheidend für ST sind nicht nur Reichweite, Demografie und Community-Interessen, sondern auch die inhaltliche Relevanz und die Fähigkeit zum Storytelling. «Jeder Creator muss zur Kampagne passen und unsere definierten Personas widerspiegeln», erklärt Schönbächler.


«Geschichten mit persönlicher Note kommen besonders gut an.»


Neben der Expertise der Mitarbeitenden helfen intelligente Analyse-Tools bei der Auswahl der Creators. «Besonders gut kommen ­Geschichten an, die eine persönliche Note haben.», so Schönbächler. Und speziell mit Videoformaten lassen sich Geschichten noch authentischer erzählen. Die Erfolgsmessung basiert bei ST auf quantitativen und qualitativen Faktoren. Neben, Views, Likes, Shares und Reichweite geht es auch darum, ob die erzählten Geschichten auf die übergeordnete Strategie einzahlen. Eine Herausforderung ist das Reporting der Influencer. «Wir verfeinern interne Benchmarks und etablieren einheitliche Standards für Verträge und Leistungen in all unseren Märkten.» Auch das Community-Management erfordert viel Planung, da Creators oft live aus der Destination berichten. Trotz des Aufwands ist der Nutzen von Influencer-Marketing für Schweiz Tourismus unbestritten. «Dank Kooperationen mit Creators lenken wir die Aufmerksamkeit unserer Zielgruppen auf unbekanntere Orte und die Nebensaisons.»


Quellen: 1Statista, 2024; 2 Kingfluencers, 2023; 3 Influencer Marketing Hub, 2024; 4 Hootsuite, 2023; 5 Influencer Marketing Benchmark Report, 2024