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Die Zukunft liegt in der Zucht

Giftspuren im Bio-Lachs, mit Wasser aufgepumpte Fischfilets, Einsatz von Antibiotika in Fischfarmen – innovative Schweizer zeigen mit ihren Fischzuchten, dass es auch anders geht.

  • Die Fischbrutanlage Percitech kann Licht und Temperatur monatsweise in zwölf Becken nachstellen. So können in einem der Becken stets die Verhältnisse des Laichmonats Mai nachgestellt werden. (La Perche Loë)
  • Um den strengen Hygienevorschriften in der Lachs-Zuchtanlage gerecht zu werden, dürfen sich immer nur eine bestimmte Anzahl Personen in der Anlage aufhalten. (La Perche Loë)
  • Swiss Lachs in Lostallo/GR: Hier leben 30'000 atlantische Lachse. (ZVG)

Rund eine Million Lachse schwammen bis ins 20. Jahrhundert im Rhein – dem grössten Lachsfluss in Europa. Ihre Laichgründe reichten bis in die Flüsse der Voralpen. Doch wegen der Verbauungen durch Kraftwerke, der Kanalisation, der Verschmutzung und teilweise auch der Überfischung ist der Lachs in den 1950er-Jahren in der Schweiz ausgestorben. Im Atlantik ist der Fisch ebenfalls bedroht: Seine steigende Beliebtheit auf dem Speiseplan bringt seine Bestände in Bedrängnis.

Seit diesem Oktober leben in der Schweiz jedoch wieder 30'000 atlantische Lachse in der Fischfarm Swiss Alpine Fish AG, welche im nächsten Frühjahr geerntet werden. Die Anlage ist seit Dezember 2016 in Lostallo, im bündnerischen Tal Misox, in Betrieb. Dank einer Kreislaufanlage können die Fische dort ihrem natürlichen Trieb nachkommen und gegen den Strom schwimmen. Pro Stunde werden 20 Kubikmeter Wasser benötigt. Dies ist sauberstes Grundwasser aus 25 Metern Tiefe. «Unsere Kreislaufanlage im Fischbecken ist die technisch fortgeschrittenste und aufwendigste Art der Aquakultur. Unser Wasser wird siebenfach filtriert. Die nährstoffreichen Filterrückstände anschliessend zu Biogas verwertet», erläutert Ronald Herculeijns, Swiss-Alpine-Fish-AG-Mitinvestor sowie Director Sales & Marketing. Der Einsatz von Antibiotika und Chemie ist somit nicht notwendig.

Vom Bad Guy zum Good Guy

Fridolin Tschudi, Experte für Ökotechnologie und Aquakultur an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil, kennt und begleitet das Projekt. Für ihn ist klar: Lachs, der so produziert wird, ist nachhaltiger als Zuchtlachs aus Netzgehegen im Meer. Um Lachse zu produzieren, werden meist massiv Antibiotika eingesetzt, die Exkremente der Tiere zerstören Fauna und Flora am Meeresboden. Dies war Lachsliebhaber und Geschäftsleiter der Swiss Alpine Fish AG Julian Connor ein Dorn im Auge. So beschloss der ehemalige Stahlhändler nach Recherchen und Sitzungen mit dreissig F&B-Managern namhafter Schweizer Hotels 2013 nachhaltigen Schweizer Lachs zu züchten.

Um sich auf die neue Zucht der sensiblen Lachse vorzubereiten, arbeitete man in Lostallo erst mit Lachsforellen. Diese robusten Fische haben dazu gedient, den Biofilter für die erste Generation Lachse vorzubereiten. Ausser der Geschwindigkeit des Propellers im Wasserbecken mussten keine Anpassungen am System gemacht werden. «Alle Fische konnten verwertet werden», so Ronald Herculeijns. Jetzt werden in Lostallo nur noch atlantische Lachse gezüchtet. 40'000 Lachsforellen verkaufte die Firma zwischen April und August dieses Jahres. Jetzt, zur Weihnachtszeit, kommen die restlichen zehn Prozent der ersten Fischgeneration als geräucherte Filets auf den Markt.

Die Fischzucht hat ein Volumen von rund 4500 Kubikmetern Wasser und das Potenzial, sechs Generationen Lachse mit 45'000 Fischen gleichzeitig grosszuziehen. Die Fischeier aus Island benötigen rund ein Jahr, um zu einem 150 Gramm schweren Junglachs heranzuwachsen. Danach vergehen weitere zehn bis zwölf Monate, bis dieser sein Zielgewicht von rund drei Kilogramm erreicht. Nach der Aufzucht und dem Erreichen des optimalen Erntegewichtes werden die Lachse zuerst elektrisch betäubt und dann durch einen Kiemenschnitt getötet. Dieser Prozess dauert wenige Sekunden.

Die ersten nachhaltig produzierten atlantischen Lachse aus der Schweiz kommen im Mai des kommenden Jahres auf den Markt. Sie werden ganz, filetiert, kalt und warm geräuchert in den Geschmacksrichtungen Alpenkräuter und Whisky von den grossen Distributoren, aber auch direkt online und im Farm Shop in Lostallo verkauft. Für ein optimales Resultat sorgt der Räuchermeister aus Schottland mit über 30 Jahren Erfahrung.

Neben Lachs gehört der Egli zu den beliebtesten Schweizer Fischen. Jährlich werden 2500 Tonnen Eglifilet gegessen. Unsere Seen geben jedoch nur noch 200 Tonnen pro Jahr her, der Rest wird meist aus Osteuropa importiert. Vielfach werden auch diese Fische, wie die Lachse, mit Antibiotika und anderen chemischen Mitteln behandelt. Zudem mache der Transport die Fische kaputt, so David Morard, Direktor der Valperca AG in Raron/VS. Unter dem Namen La Perche Loë ist er verantwortlich für den grössten Zuchtbetrieb von Schweizer Egli.

Zusammenarbeit mit Gastronomen durch Events stärken

In der eigenen Brutanlage Percitech in Chavornay/VD wird jeden Monat eine Generation Laich, die ursprünglich aus dem Neuenburgersee stammt, grossgezogen. Dann kommen die Fische in Raron/VS in unterschiedliche Becken, die mit 18 Grad warmem Wasser aus dem Lötschberg-Massiv gespeist werden. Zudem hat Valperca ein ökologisches Wasser-Rückführungssystem entwickelt. Ein Teil des Wassers wird wiederverwendet, um die Becken alle 45 Minuten zu regenerieren. Der Rest des Wassers wird gereinigt und in den natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt. Die Fische fressen Futtermittel aus natürlicher Produktion. Nach zwölf Monaten werden sie von Hand zu Filets verarbeitet und innert 48 Stunden ausgeliefert. Rund 80 Tonnen Eglifilet werden jährlich in der Fischzucht produziert, Ziel sind 160'000 bis 200'000 Tonnen. Um dies zu erreichen, will David Morard verstärkt mit der Gastronomie zusammenarbeiten. Derzeit verwenden rund 100 Restaurants den Schweizer Zuchtegli. «Wir haben einen Verkaufsleiter nur für die Gastronomie eingestellt. Es ist geplant, weitere Events mit Köchen durchzuführen.» Bereits dieses Jahr hat das Unternehmen solche bei Markus Arnold in der «Steinhalle» in Bern, bei Vreni Giger im Restaurant Rigiblick in Zürich sowie bei Benjamin Luzuy im Eventlokal Conte-Goûts in Lausanne durchgeführt, um einerseits Köche und andererseits deren Gäste auf den Schweizer Egli aufmerksam zu machen.

Barramundis machen Kräuter

Anders macht es Paul Wreford, Gründer der Firma Aquaponic Gardens in Balterswil/ZH. In Workshops zeigt er Interessierten, wie er Barramundi und Pflanzen in einer ressourcenschonenden Kreislaufanlage erzeugt. Während die Exkremente der Fische die Kräuter nähren, reinigen diese das Wasser, so dass es mehrere Jahre lang verwendet werden kann. Nachhaltigkeit pur. Der 38-Jährige hat Barramundi als Knusperli, frisch oder gefroren, filetiert oder kalt geräuchert im Angebot. Wie alle anderen Fischzuchten arbeitet auch er mit
den grossen Fischhändlern der Schweiz zusammen.

(Sarah Sidler)


Mehr Informationen:

www.swisslachs.ch
www.lapercheloe.ch
www.fishngreens.ch