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«Wir wollen in der ersten Liga spielen»

Der Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union schaut auf das Jahr zurück und findet deutliche Worte für die derzeitige Entwicklung im Gastgewerbe.

Urs Masshardt empfiehlt Arbeitgebern, bei der Stellenbesetzung, umzudenken von «Wir suchen» zu «Wir bieten». (ZVG)

Urs Masshardt, was hat Sie und die Hotel & Gastro Union dieses Jahr besonders gefordert?
Urs Masshardt: Neben den wirtschaftlichen Problemen und den aktuellen Unsicherheiten haben uns unsere internen Prozesse stark beschäftigt. Wir haben das Projekt Futuro lanciert. Es hat zum Ziel, die Berufsverbände zu stärken und ihnen mehr Einfluss und Verantwortung innerhalb der Hotel & Gastro Union zu
geben. Die Berufsverbände können dadurch von sich aus noch mehr spannende Inhalte für ihre Mitglieder schaffen.

Um so neue Mitglieder zu gewinnen?
Ja, denn wir wollen berufspolitisch in der obersten Liga mitspielen. Dazu brauchen wir eine starke Mannschaft mit grosser Gefolgschaft. Es ist wie im Fussball. Man kann auch mit einem kleinen Team Fussball spielen, allerdings nur an Grümpelturnieren oder in der Amateurliga, aber ganz sicher nicht in der Champions League.

«Für gut geführte Betriebe ist es nach wie vormöglich, Initiativ­bewerbungen zu erhalten.»

Aber dort müssen wir hin, um nachhaltig etwas für die Lernenden und Mitarbeitenden im Gastgewerbe bewegen zu können und die Branche als Arbeitgeber attraktiver zu machen.

Der Fachkräftemangel ist ein Dauerbrenner-Thema. Wie stehen Sie dazu?
Für mich ist Fachkräftemangel das Unwort des Jahres 2022. Im Gastgewerbe gibt es gar keinen Fachkräftemangel. Jedoch gibt es in der Branche ein strukturelles Problem sowie einen stark verschärften Kampf um die Talente.

Wie meinen Sie das?
Es gibt zu viele von unqualifizierten Vorgesetzten schlecht geführte Betriebe. Diese absorbieren unnötig Fachkräfte und sind mitverantwortlich dafür, dass gute Leute die Freude am Gastgewerbe verlieren und die Branche verlassen. Fachkräftemangel gibt es dort, wo die Betriebe und Unternehmer ihre Aufgaben nicht richtig machen. Wenn man die Forderungen, welche wir in unserem Manifest* stellen, erfüllt, ist es nach wie vor möglich, gute Mitarbeitende zu finden und sogar Initiativbewerbungen zu bekommen. Das Art Deco Hotel Montana in Luzern ist ein gutes Beispiel dafür. Es hat kaum Probleme, vakante Stellen zu füllen.

Und trotzdem hat die Hotel & Gastro Union die Unterschriftenkampagne «Gemeinsam gegen Personalmangel» ins Leben gerufen.
Mit dieser Kampagne leisten wir einen Beitrag dazu, dass die Arbeitgeber sich verändern und die Sozialpartnerschaft wieder belebt wird. Wir wollen mit den Arbeitgebern zusammen aus dem Gastgewerbe wieder eine stolze Branche machen, deren Berufe erste Wahl sind und die man nicht nur ausübt, weil man keinen anderen Job findet.

Eine dieser Forderungen lautet: faire Löhne.
Genau, denn der Lohn ist im Kampf um die Talente ein wichtiger Faktor. Will man die besten Mitarbeitenden, muss man ihnen auch mehr bieten als drei Prozent Teuerungsausgleich. Auch hier nimmt das Art Deco Hotel Montana eine Vorreiterrolle ein. Ab Ende 2026 sollen dort alle Mitarbeitenden einen Mindestlohn von 5000 Franken erhalten. Die indirekte Lohninflation ist bewusst gewollt, um sich von anderen Betrieben und auf dem Arbeitsmarkt abzuheben. Im Moment werden dazu die internen Prozesse entsprechend optimiert.

Geld allein macht nicht glücklich, heisst es.

Stimmt. Umso wichtiger ist es, dass die Betriebe bei der Mitarbeitersuche umdenken und sich als attraktive Arbeitgeber auf dem Stellenmarkt positionieren. Statt zu sagen, was sie suchen, müssten sie sagen, was sie ihren Mitarbeitenden – zusätzlich zum L-GAV – bieten. Zum Beispiel flexible Arbeitszeitmodelle, einen bezahlten Ferientag, wenn der Mitarbeitende Geburtstag hat, konkrete Karriereplanung sowie Aus- und Weiterbildungen.

Zum Jahreswechsel fasst man traditionellerweise gute Vorsätze. Was haben Sie sich persönlich fürs neue Jahr vorgenommen?
Ich werde in zwei Jahren in Pension gehen. Für mich ist es wichtig, bis dahin so viel wie möglich auf eine gute Art voran- und rüberzubringen. Ausserdem möchte ich meine Nachfolgeregelung so gestalten, dass in der Hotel & Gastro Union die Kontinuität sichergestellt ist.

(Interview Riccarda Frei)

* In ihrem Manifest hat die Hotel & Gastro Union Forderungen zu den Themen Bildung, Arbeitszeiten, Führung/Wert­schätzung/Arbeitsklima, Strukturdefizite überwinden und Löhne formuliert. Das Manifest sowie die Unterschriftsbogen «Gemeinsam gegen Personal­mangel» können heruntergeladen werden unter: hotelgastrounion.ch


Zur Person

Urs Masshardt ist seit16 Jahren Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union. Er ist zudem Stiftungsratspräsident der SHL Schweizerischen Hotelfachschule Luzern sowie Verwaltungsratspräsident des Art Deco Hotel Montanain Luzern.