Welches Vögelchen hat Jeroen Achtien gezwitschert, nebst seiner Arbeit als Executive Chef noch ein eigenes Restaurant zu eröffnen? Wir haben nachgefragt.
Jeroen Achtien, Sie sind Chefkoch des mit zwei Michelin-Sternen dotierten «Sens» im «Vitznauerhof» in Vitznau/LU. Ist das nicht Erfolg genug oder warum haben Sie Ihr eigenes Restaurant Birdy’s in Brunnen/SZ eröffnet?
Das Vögelchen fiel mir quasi vor die Füsse (lacht). Ein Freund fragte mich, ob ich Interesse hätte, ein neues Gastrokonzept zu entwickeln. Tatsächlich hatte ich schon länger vor, ein Restaurant in der Nähe zu eröffnen, das für ein breiteres Publikum gedacht ist. Das war also meine Chance: das neue Gebäude, die tolle Seelage und die Nähe zum «Sens». Ich wollte einen Ort schaffen, an dem man sich auf Drinks und Snacks trifft, ein Überraschungsdinner geniesst oder das A-la-carte-Menü mit kleinen Gerichten wählt, damit man viel kosten kann.
Sie selbst stehen nicht in der «Birdy’s»-Küche. Wen haben Sie für die Aufgabe gefunden?
Meinen Freund Christian Vogel, den ich kennenlernte, als ich in die Schweiz kam. Kaum jemand gibt so viel Geld aus wie er, um tolle Restaurants weltweit zu besuchen. Er ist ein wahrer Feinschmecker. Zudem kommt Christian aus der Region und war schon in Brunnen im Restaurant Beaufort tätig.
Sie sind also nicht nur Koch, sondern auch Unternehmer.
Obwohl ich mich nie als solchen gesehen habe, denke ich, dass ich mittlerweile einer bin. Ich sehe überall Chancen. Und aus diesen Chancen wachsen Ideen. Zudem möchte ich so viel wie möglich für meine Mitarbeitenden und deren Zukunft tun. Wenn sie gut und zuverlässig arbeiten, wissen sie, dass ich ihnen bei ihrer Karriereplanung helfe. Das dient nicht nur ihnen, sondern auch uns als Arbeitgeber und Unternehmer.
Ist das Restaurant nicht auch eine Doppelbelastung?
Nur bedingt. Denn Christian Vogel ist als Teilhaber ein verlässlicher Partner, der das Restaurant super führt. Natürlich war der Initialaufwand gross, denn wir haben alle Gerichte der ersten Speisekarte gemeinsam probegekocht und daran gefeilt. Jetzt kreiert er sie, und ich probiere und berate. Als kreativer Koch braucht er seinen Freiraum, um zu wachsen. Natürlich nehme ich auch an den regelmässigen Teammeetings teil, an denen alles Relevante besprochen wird. Zudem helfe ich im Bereich Marketing aus. Noch heute erhalte ich viele Bewerbungen für das «Sens». Talente, die wir fördern möchten, fangen im «Birdy’s by Achtien» an, wachsen in ihrer Position in Brunnen oder kommen ins «Sens» oder in F & B-Outlets des «Vitznauerhofs».
Wie beschreiben Sie Ihr Restaurantkonzept?
Die Basis aus pflanzlichen Ingredienzen wird auf Wunsch von Fleisch und Fisch begleitet. So haben wir einfach die übliche Restaurant-Regel umgedreht: Statt zuerst Fisch oder Fleisch zu wählen, entscheidet man sich als Erstes für das vegetarische Gericht.
War Ihr Arbeitgeber einverstanden, dass Sie ausserhalb des «Sens» absorbiert sind?
Ja, denn er erkennt auch die Vorteile. Das «Birdy’s» ist einerseits eine Ausbildungsstätte für unsere Angestellten und andererseits ein zusätzliches Restaurant am See, das unseren Hotelgästen ein weiteres kulinarisches Erlebnis bietet. Bezüglich Cross-Marketing profitieren ebenfalls beide Seiten.
Haben Sie noch weitere Pläne?
Ja. Aber noch ist nichts spruchreif. Doch hoffentlich werden wir bald ein Restaurant in einem Schweizer Bergdorf eröffnen. Es bleibt spannend.
(Interview Andrea Decker)
Der Niederländer (34) ist verheiratet und lebt in Vitznau. Achtien wurde von Gault Millau als «Entdeckung des Jahres 2018» sowie zum «Aufsteiger des Jahres 2021» ausgezeichnet. 2021 wurde seine Arbeit mit einem zweiten Michelin-Stern und mit 18 Gault-Millau-Punkten geehrt.