Nur Vater und Sohn de Watteville wussten, was im kühlen Keller hinter einer verschlossenen Tür vor sich ging.
Maurice und Paul de Watteville vertreten die 15. und 16. Generation auf der Domaine de Montbenay in Mont-sur-Rolle/VD. Seit 1543 ist das Weingut im Besitz der weitverzweigten Familie. Dieser gehörte einst auch das Von-Wattenwyl-Haus in der Berner Altstadt, das 1934 in den Besitz der Schweizerischen Eidgenossenschaft überging. Heute wird das Haus für Empfänge des Bundesrates genutzt. Regelmässig finden dort die so genannten Von-Wattenwyl-Gespräche zwischen dem Bundesrat und den Regierungsparteien SVP, SP, FDP und CVP statt. Dies meist vertraulich und hinter verschlossenen Türen.
Ob zufällig oder gewollt: Die neue Weinlinie der Domaine de Montbenay trägt den Namen «Cuvée Confidentielle». Zur Reifung haben die Winzer ihre Weine einem sehr alten und natürlichen Material anvertraut. 32 Terracotta-Amphoren stehen seit dem Sommer 2019 hinter einer dicken Eichentür in einem der Keller des Anwesens. «Mein Vater hatte diese auf einer Reise durch das südfranzösische Roussillon entdeckt», sagt Paul de Watteville. «Die Amphoren wurden von Hand gefertigt. Wir konnten die letzten kaufen. Denn als Folge der Corona-Pandemie wurde die Produktion aufgegeben.»
Als Maurice de Watteville das Weingut 1988 übernahm, pflanzte er als Erstes Syrah-Reben an. Paul de Watteville wurde Winzer und Weintechnologe und steht kurz vor dem Abschluss seines Önologiestudiums. Er ergänzte den Sortenspiegel 2015 und 2016 mit Sauvignon Blanc. Der Vater beschaffte die Amphoren und der Sohn stellt dieses Jahr den Rebbau auf die biologische Bewirtschaftung um. Vinifiziert wird zum Teil mit hundertjährigen Pressen und in uralten Fässern. Werden die Gerätschaften der Vorfahren nicht gebraucht, sind sie Teil des Weinmuseums, das die Domaine beherbergt. Von altem Schrot und Korn sind jedoch weder die Weine der klassischen Linie noch die der neuen «Cuvée Confidentielle». Letztere umfasst fünf sortenreine Lagenweine.
Anders als in Barriques werden die Weine beim Ausbau in Terracotta nicht aromatisiert. Sie behalten die Typizität der Rebsorte und den Charakter des Terroirs. Trotzdem funktioniert der langsame Sauerstoffaustausch, den die Weine zur Reifung benötigen. «Die Porosität der Amphoren ist sogar so gross, dass rund 15 Prozent des Inhalts verdunsten», sagt Paul de Watteville. «Doch als ‹part des anges› verdunstet nur das Wasser, und das konzentriert die Weine.» Nach sechs bis zehn Monaten in den Amphoren sind die Weine bereit zum Abfüllen.
Vom fruchtig-würzigen Chasselas «Clos du Château» 2019 gibt es rund 1300 Flaschen. Der Chardonnay und der Sauvignon Blanc stammen aus der Lage «Les Trésières». Beides sind Gaumenweine und kräftige Essensbegleiter. Vom Jahrgang 2019 gibt es zwischen 250 und 450 Flaschen. Ebenso rar sind der Pinot noir «Clos du Château» 2019 und der Syrah «Clos de Montbenay» 2019. Die beiden Rotweine wurden entrappt und spontan vergoren. Alle Weine der Linie «Cuvée Confidentielle» reiften auf den Feinhefen.
Wer die Weine verkosten will, kann einen Probierkarton mit zwei Flaschen Chasselas und je einer Flasche der vier anderen Weine bestellen.
(Gabriel Tinguely)