Seit Sommer 2017 ist Björn Wertli Direktor von Gastrosocial. Im Interview berichtet er, wie die Ausgleichs- und Pensionskasse des Hotel- und Gastgewerbes wegen Corona vor diverse Prüfungen gestellt wurde und wird.
Björn Wertli, 2020 war ein sehr herausforderndes Jahr für Gastronomen und Hoteliers. Wie haben Sie das erlebt?
Sowohl für unsere Kunden als auch für uns ist die Corona-Pandemie ein prägendes Ereignis. Vor Beginn der Pandemie führten wir intern eine Grundsatzdiskussion, ob Home-office für uns überhaupt eine Option wäre. Dann zwang uns aber der Lockdown im März 2020 dazu, die Mitarbeitenden nach Hause zu schicken.
Wie hat sich das Homeoffice auf den betrieblichen Alltag ausgewirkt?
Dank der Flexibilität unserer Mitarbeitenden, welche die Einschränkungen in Bezug auf Ergonomie und Infrastruktur in Kauf nahmen, sowie des raschen Handelns unserer IT, konnten wir den Betrieb stets aufrechterhalten. Auch die Zusatzaufgaben wie zum Beispiel die Ausrichtung von Corona-Erwerbsersatzentschädigungen konnten wir meistern.
Was sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Gastrosocial Pensionskasse?
Dank des Durchhaltewillens unserer Kunden sowie der Stützungsmassnahmen des Bundes – insbesondere, dass viele Unternehmer für ihre Mitarbeitenden Kurzarbeit beantragen konnten – hat sich die Anzahl der bei uns angeschlossenen Betriebe und deren Lohnsumme nicht gross verändert. Wir sind unseren Kunden auch sehr dankbar, dass sie ihre Sozialversicherungsbeiträge trotz der Krise weiterhin regelmässig bezahlt haben.
Wie sieht die allgemeine finanzielle Lage der Gastrosocial Pensionskasse aus?
Wir konnten in den vergangenen Jahren zusätzliche Kunden aus der Gastronomie und der Hotellerie gewinnen. Dabei ist es uns auch gelungen, das gesunde Verhältnis zwischen der Zahl der Rentner und der aktiv Versicherten beizubehalten. Die Vorsorgegelder sind sicher, die Marktschwankungen des vergangenen Jahres konnten abgefedert und die Kosten tief gehalten werden. Die Performance der Pensionskasse liegt bei 4,79 Prozentund der Deckungsgrad beträgt 124,4 Prozent per 31. Mai 2021. Mit unserer ausgewogenen und breit diversifizierten Anlagestrategie konnten wir über die Jahre sehr gute Renditen erzielen und die Reserven weiter ausbauen.
Welche Reserven sprechen Sie an?
Wir wollen unseren Versicherten auch zukünftig einen Umwandlungssatz von 6,8 Prozent auf den obligatorischen und 6,5 Prozent auf den überobligatorischen Leistungen bieten können. Dafür benötigen wir entsprechende Reserven.
Wie sind die Aussichten für 2021?
Wir rechnen für 2021 mit einem Rückgang der Anzahl an gastgewerblichen Betrieben sowie an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die bei uns versichert sind. Gleichzeitig erwarten wir aber spätestens für 2022 wieder eine Erholung.
À propos Blick in die Zukunft: Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Wie gehen Sie damit in der Vermögensanlage um?
Im Anlagebereich wird in diesem Zusammenhang oft von ESG gesprochen, wobei E für Umweltaspekte (Environment), S für soziale Aspekte (Social) und G für Führung und Kontrolle (Governance) in der Wirtschaft stehen. Wir beschäftigen uns bereits seit vielen Jahren mit diesen Themen. Die Abwägung von Chancen und Risiken in diesen Teilbereichen gehört zu einer umsichtigen Anlagetätigkeit.
Wie geht Gastrosocial dabei vor?
Als Pensionskasse muss die Rendite-Erzielung für die Destinatäre, also für die Begünstigten, zentral bleiben. Die bei uns eingesetzten internen und externen Portfoliomanager beurteilen ESG- Aspekte und berichten darüber in ihren regelmässigen Publikationen und den Review-Meetings mit unserer Abteilung Vermögensanlagen. Bei der Eignungsbeurteilung neuer Manager überprüfen wir immer, wie das Thema Nachhaltigkeit abgedeckt wird.
Welche Vorteile ergeben sich daraus für die Versicherten?
Auf diese Weise können wir die Anlagerisiken reduzieren und einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten, ohne Abstriche bei den Renditen machen zu müssen. Dadurch ist das Vorsorgevermögen langfristig vorteilhafter investiert. Wir sind überzeugt, dadurch einen Mehrwert für unsere Destinatäre zu erreichen, indem wir das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite in unserem Portfolio verbessern.
Was können die Kunden und Versicherten von der Gastrosocial Pensionskasse in Zukunft erwarten?
Die Versicherten können auch in Zukunft eine attraktive Verzinsung erwarten. Wir setzen uns dafür ein, weiterhin den vorteilhaften Umwandlungssatz beizubehalten, um unseren Versicherten eine möglichst hohe Rente gewähren zu können. Wir werden weiter in die Digitalisierung investieren, um den administrativen Aufwand für unsere Kunden verkleinern und die Verwaltungskosten weiterhin sehr tief halten zu können. Das Kundenportal PartnerWeb-connect zum Beispiel soll in Zukunft auch für die Pensionskasse eingeführt werden. Im Bereich der Ausgleichskasse hat es sich bereits bewährt.
Ist die Gastronomie bereit für die Digitalisierung?
Gastronomie- und Hotelleriebetriebe werden immer digitaler. Einige sind hier schon sehr weit fortgeschritten, und allmählich verschwinden auch die letzten Faxgeräte. Gastrosocial prüft die weitere Digitalisierung in Bezug auf Formulare und digitale Unterschriften. Seit vorletztem Jahr werden auch die Lohnhefte nur noch auf Wunsch verschickt. 85 Prozent unserer Kunden melden die Löhne bereits online.
Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie in die Digitalisierung investieren. Ist dies in diesen unruhigen Zeiten nicht ein wenig gewagt?
Gastrosocial plant längerfristig. So investieren wir aktuell auch in die Erneuerung unserer Website, um für unsere Kunden die Abläufe zu optimieren und ihnen eine möglichst nutzerfreundliche Plattform zur Verfügung zu stellen. Wir wollen ihnen einen optimalen Service bieten und damit sind Investitionen in die Digitalisierung verbunden. Wenn wir jetzt nicht investieren, müssen wir dies später doppelt nachholen.
(Interview Angela Burkart)
Ein Blick zurück auf das vergangene Jahr: Der Geschäftsbericht 2020 der Ausgleichs- und Pensionskasse des Hotel- und Gastgewerbes Gastrosocial ist online! Neben einem Einblick in den Geschäftsverlauf stellt Gastrosocial darin vier Betriebe vor, die schon vor Corona einen herausfordernden Alltag hatten.
www.gastrosocial.ch/gb