Pasquale Altomonte wurde beim Swiss Culinary Cup 2017 für seine aussergewöhnliche Karriere ausgezeichnet. Der Spezialpreis beinhaltete eine Weinreise ins italienische Friaul.
«Meine Kunden wollen immer meinen Weinkeller sehen. Dabei sind es die Reben, welche die Qualität des Weins bestimmen.» Mauro Cencigs Weinkeller ist dann auch gar kein Keller. Ziemlich unspektakulär stehen auf seinem Bauernhof im friulanischen Manzano (I) einige Betontanks an der Wand. Der Weinbauer zeigt nur kurz darauf und widmet sich dann sofort seiner Leidenschaft: den Weinreben. Seine Augen leuchten, wenn er den Gästen aus der Schweiz vom Boden im Weingebiet Colli Orientali erzählt, der reich an Ton ist und dadurch das Wasser speichert und es langsam an die Pflanzen abgibt. So herrschen auch in trockenen Zeiten perfekte Bedingungen für die Reben.
Sein Geld steckt Mauro Cencig lieber in seine Felder und seine Weiterbildung als in teure Gerätschaften, die nach der Ernte zum Einsatz kommen. Dafür kennt er seine Reben ganz genau. Und weiss zum Beispiel, dass auf den Feldern mitunter schon im Abstand von 50 Metern ein ganz anderes Mikroklima herrschen kann. Statt mit Dünger arbeitet er mit Gräsern. Im Herbst beispielsweise holen Kleeblätter den Stickstoff aus der Luft und transportieren ihn in den Boden. Wann geerntet wird, entscheidet der Geschmackstest: «Wenn die Kerne süss sind, sind die Trauben bereit.»
Die Besucher sollen die Qualität des Cencig-Weins gleich selbst beurteilen. Der Weinbauer führt sie in die kleine Gaststube, die zum Bauernhof gehört. Die Wände sind gelb gestrichen, von der Holzdecke hängen Weingläser, bemalte Eier und Steinherze. Mauro Cencig tischt selbstgemachte Salami auf und Käse aus der Region. Dazu gibt es ein Glas Friulano – ein trockener Weisswein mit einem leicht bitteren Mandelaroma.
«Wenn du nicht gut arbeitest, sagen dir die Trauben, wann sie geerntet werden wollen. Wenn du gut arbeitest, bestimmst du selbst, wann geerntet wird», fasst Mauro Cencig seine Philosophie zusammen. Wenn das Wetter schlecht ist, verbringt er entsprechend mehr Zeit bei den Reben. «Die Konkurrenz muss dann oft eine Woche früher als geplant ernten – ich nicht.» In einem guten Jahr guten Wein zu machen, sei keine Hexerei. «Aber in schlechten Jahren schmeckt man, wie viel Arbeit in die Trauben gesteckt wurde.»
Mauro Cencig ist einer der friulanischen Winzer, von denen Rafael Sigrist von der Kochwerk GmbH in Luzern seine Weine bezieht. Das Kochwerk bietet eine Lounge-Bar, eine Küche, einen Raum fürs Backoffice, einen Saal sowie einen Seminarraum zur Vermietung an und importiert ausschliesslich Weine aus dem Friaul. SCC-Sponsor Sigrist hat seine Wurzeln im Friaul und ist von der Qualität der Weine überzeugt: «Leider kennt man das Weingebiet Friaul in der Schweiz aber fast gar nicht.» Nicht zuletzt deswegen hat er den Spezialpreisgewinner Pasquale Altomonte mit auf eine Reise in das Gebiet genommen. Vor Ort soll sich dieser selbst von der Vielfalt und Qualität der friulanischen Weine überzeugen.
Besonders begeistert zeigt sich Pasquale Altomonte vom «Naos Rosso» des Weinguts Pitars – eine Cuvée aus der einheimischen Sorte Refosco sowie 30 Prozent Merlot und 10 Prozent Cabernet Franc. Der Wein zeichnet sich durch einen langen mineralischen Nachgeschmack aus – typisch für die Weinregion Friuli Grave. «Der Boden ist hier sehr steinig, das hält die Wurzeln trocken und gibt dem Wein den typisch mineralischen Geschmack», sagt Marketing Manager Nicola Pittaro.
Zu Beginn der Zusammenarbeit des Kochwerks mit Pitars war das Castello Pitars noch ein Bauernhof. «Früher stellte fast jede Familie in der Region ihren eigenen Wein her, das hat bei uns Tradition», sagt Nicola Pittaro über die Anfänge des Weinguts. Erst sein Grossvater begann, das Weingut professionell zu entwickeln. Heute werden die Gäste in einem grossen Anwesen mit Blick auf die Weinreben begrüsst, der Wein wird in die USA, nach Japan und Thailand exportiert.
Die Weinreise durchs Friaul führt weiter zu Paolo Rodaro, der sich selbst als Rebell bezeichnet. «Konzentrieren Sie Ihren Wein durch Wasserentzug?», wird er manchmal gefragt. Anstatt zu antworten, zeigt der Winzer aus Spessa den Skeptikern lieber die über 10 000 Darren, in denen er seine Trauben nach der Ernte einen Monat lang trocknen lässt. «Dadurch entwickeln sich die grünen Tannine und der Wassergehalt der Beeren verringert sich», erklärt Rodaro. Es entstehen Weine mit besonders intensiven Bouquets.
Rodaro liebt es, zu experimentieren. «Ich bin einer der wenigen Weinbauern im Friaul, die in keiner Vereinigung mitmachen – ich will meine Kreativität nicht einschränken.» Fünf Prozent seines Umsatzes investiert er in die Forschung. Derzeit tüftelt er an einem süssen Rotwein mit 50 Gramm Zucker pro Liter. Dieser entsteht aus den kleinen Weintrauben, die nach der Ernte von den Reben abgelesen und bis Januar getrocknet wurden. Nun lagert das Weinexperiment in Eichenfässern: «Mal schauen, was daraus wird», so Rodaro.
Letzter Halt der Reise ist das Weingut Colutta in Manzano. Besitzer Giorgio Colutta kommt direkt vom Flughafen – die vergangenen Tage machte er in den USA Werbung für seinen friulanischen Wein. Die Führung durch sein Weingut und die Reben führt er trotzdem persönlich durch. Colutta setzt auf Nachhaltigkeit: Die Sorten Pinot Grigio, Refosco und Friulano sind mit einem Nachhaltigkeitslabel gekennzeichnet. Das Weingut sammelt Regenwasser für die Bewässerung, setzt Solarenergie ein und verwendet Schnittreste für die Beheizung.
Vier ganz unterschiedliche Winzer hat Pasquale Altomonte auf der Weinreise im Friaul kennengelernt. Zudem stand ein Besuch des malerischen Städtchens Spilimbergo, der dort ansässigen Mosaikschule und eines Produzenten des berühmten Prosciutto di San Daniele auf dem Programm der Reise.
Den SCC-Spezialpreis gewann der 39-Jährige für seine aussergewöhnliche Karriere. Der Chef de partie in einer Genfer Privatbank absolvierte nie eine Kochlehre. Dennoch schafft es der Autodidakt immer wieder in den Final prestigeträchtiger Wettbewerbe. Von der Weinreise mit dem Kochwerk lässt er sich auch kulinarisch von der traditionellen friulanischen Küche inspirieren. Für sein nächstes Wettbewerbsgericht kann er sich beispielsweise eine Variation des friulanischen Stockfischpürees mit Polenta, Baccalà mantecato, vorstellen: «Neu interpretiert natürlich.» Man darf gespannt sein, wie der Koch, der sich privat unter anderem mit der molekularen Küche beschäftigt, dieses traditionelle Gericht umsetzt.
(Angela Hüppi)
Der renommierte Kochwettbewerb wird durch den Schweizer Kochverband skv organisiert und durchgeführt. Dieses Jahr kreieren die Finalisten zwei Hauptgänge zum Thema «Kochen im Wandel». Qualifiziert haben sich: Sandra Aebi und Bettina Jenzer von der Stiftung für Betagte Münsingen/BE, Ernest Bardhoku vom Hôtel-Restaurant Au Sauvage in Fribourg, Dominique Schrotter vom Restaurant La Riva in Lenzerheide/GR, Tobias Jaberg von der Privatklinik Linde in Biel und Jürgen Sempach vom Restaurant Egghölzli in Bern. Der Final findet am Mittwoch, 26. September, in Baden statt.