Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Es geht darum, den ganzen Berg zu sehen»

Trotz gleicher Erfahrungen haben Zürcher und Tessiner andere Lösungsansätze. Südschweizer Standpunkte zu vertreten, ist eine spannende Aufgabe.

Edoardo Casasopra engagiert sich für seinen Beruf beim Schweizer Kochverband skv, der HGU, der Hotel & Gastro Formation sowie dem WACS. (ZVG)

Edoardo Casasopra, Sie sind Prüfungsexperte für den Kochberuf. Die Fähigkeitsausweise und Berufsatteste sind vergeben. Wie sind die Prüfungen gelaufen?
 So wie ich gehört habe, ist alles gut gelaufen. Zum ersten Mal seit Jahren konnte ich persönlich keine Prüfungen abnehmen. Die Corona-Situation erforderte meine Präsenz im  Restaurant  Mikron in  Agno/TI.

Wie war die Situation im Betrieb?
Wir haben immer gearbeitet. Als «Mikron» eine kurze Zwangspause einlegte, bauten wir für die Gemeinde einen Mahlzeitendienst auf. Nach dem Lockdown gab es bei «Mikron» Kurzarbeit in der Produktion und auch für uns im Restaurant. Die Verpflegung der Mechaniker vor Ort war immer garantiert. Ich bin froh, dass alle langjährigen Mitarbeitenden ihre Stelle behalten konnten. Leider mussten wir einige Aushilfen entlassen. Die Compass Group bot allen Angestellten eine grosszügige Unterstützung an.

Viele Lernende befürchteten, dass sie während der Betriebsschliessungen nicht genügend ausgebildet würden. Teilen Sie diese Befürchtungen?
Nein. Davon habe ich nichts gehört – auch nicht von Fachlehrern. Im Gegenteil. Während des Lockdowns hatte Hotel & Gastro Formation Ticino gut gearbeitet und den Lernenden jede erdenkliche Unterstützung geboten.

Gab es situationsbedingte Lehrabbrüche?
Nein, auch davon weiss ich nichts. In der schwierigen Zeit haben Lernende, Ausbildner und Fachlehrer gut zusammengearbeitet. Wer das Glück hatte, eine Lehrstelle zu finden, ist zufrieden. Auch werden die Lehren abgeschlossen. Für Junge, die sich engagieren, ist es einfach, das Fähigkeitszeugnis zu erlangen. Danach gilt es, die jungen Berufsleute in der Branche zu behalten. Das ist unsere ­Herausforderung.

Wie präsentiert sich die Situation auf dem Tessiner Arbeitsmarkt?
Die aktuelle Situation ist etwas paradox. Fachleute würde es geben. Doch wegen der Restriktionen fehlt es zurzeit an Arbeit. Klar gibt es auch Betriebe, die gut gebucht sind. Noch stehen wir vor weiteren Lockerungen und die Sommersaison hat noch nicht volle Fahrt aufgenommen (das ­Interview wurde Mitte Juni geführt). Warten wir also ab.

«Wir brauchen gute Fachkräfte. Auch um den Nachwuchs auszubilden.»


Wechseln wir das Thema. Sie sind seit 2015 Mitglied des Zentralvorstands (ZV) der Hotel & Gastro Union (HGU). Kandidieren Sie wieder?
Ja. Ich kandidiere noch einmal für drei Jahre. Dies wäre dann das dritte und letzte Mandat.

Was fasziniert Sie an der Mitarbeit im ZV?
Das Ausarbeiten neuer Strategien. Auch, dass ich als Tessiner eine andere Sicht der Dinge einbringen kann. Deutschschweizer und Tessiner sehen beide den Gotthard, jedoch von einer anderen Seite.

Woran erinnern Sie sich besonders gerne?
(lacht) Das war ganz klar die ZV-Sitzung im Tessin. Da konnten wir Tessiner zeigen, was wir für die Branche tun können und auch ­machen.

(Interview Gabriel Tinguely)


Zur Person

Edoardo Casasopra lernte Koch und sammelte Berufs­erfahrung in den besten ­Hotels in Lugano/TI. Seit 1997 führt er das Restaurant der Mikron SA in Agno/TI. Er liebt alles, was mit dem Meer zu tun hat: das ­Schwimmen, die Küche und Ferien am Mittelmeer.