Der Juni steht im Zeichen von Pride und damit für mehr Toleranz und Akzeptanz in der Gesellschaft. Auch Gastronomie und Hotellerie setzen sich dafür ein.
Am 26. September 2021 war es so weit. Das Schweizer Stimmvolk sagte mit 64,1 Prozent Stimmen Ja zur «Ehe für alle» und setzte damit ein starkes Zeichen für eine offene Schweiz. Am 1. Juli dieses Jahres tritt das Gesetz in Kraft. Dass die Toleranz in der Gesellschaft gestiegen ist, ist laut Simon Gisin (36) und Thomas Thommen (54), die bereits 2019 in Wien geheiratet haben, deutlich spürbar. «Für uns ist das sehr spannend. Vom früheren Verstecken zu heute; für die meisten Jungen an der Universität ist das überhaupt kein Thema mehr. Das ist natürlich ein unbeschreiblich schönes und dankbares Gefühl. Zudem steigert es das Selbstbewusstsein der Jungen enorm», sagen die beiden. Zusammen betreiben sie das Onlinegeschäft Rainbowshop. Nebst der weitherum bekannten Regenbogenfahne findet sich hier eine Vielzahl an Fahnen, die alle für etwas anderes stehen. Um Verwirrung vorzubeugen, haben Thommen und Gisin ein Fahnenlexikon bereitgestellt.
Die Bestellungen haben in den letzten Jahren stetig zugenommen. «Nach der Abstimmung im Jahr 2021 verzeichneten wir einen explosionsartigen Zuwachs. In Zahlen ausgedrückt, sind die Bestellungen um einige hundert Prozent gestiegen», sagt Thommen. Zum Pride Month gehen auch Bestellungen von Hotels und Restaurants ein. «Neben den Städten Basel, Zürich, Bern, St. Gallen und Luzern ist auch die welsche Schweiz offener als zum Beispiel der Kanton Graubünden», zählt Thommen auf. Das bedeute jedoch nicht, dass die Menschen selbst nicht aufgeschlossen seien.
Mit der Schulung durch die Beratungsfirma Out Now können Hotels zusätzlich ein Zeichen setzen. Seit 2020 bietet die Firma Kurse an, in denen Mitarbeitende im Umgang mit LGBT sensibilisiert werden. Nach Abschluss des Kurses gibt es ein Zertifikat. «Anfänglich hatten wir plötzlich mehr LGBT-Gäste. Die Zahl ist momentan aber eher konstant tief», sagt Hotelier Philip Hauser vom «Belvedere» in Grindelwald/BE. Der Lehrgang sei bei den Mitarbeitenden gut angekommen. «Doch er war nur ein kleiner Teil unserer Schulungen, die helfen sollten, unsere Gäste besser zu verstehen und ihren Aufenthalt so schön wie möglich zu gestalten», so Hauser.
Auch der «Limmathof» in Baden/AG verfügt über das Zertifikat. «Wir wollten unser bereits gut geschultes Team erneut sensibilisieren. Es gab viele praktische Beispiele, welche bei der täglichen Arbeit direkt umgesetzt werden konnten», sagt Muriel Peterhans, Verantwortliche Marketing, Sales und Events. Ein Beispiel ist etwa, dass Mitarbeitende darauf hingewiesen werden, bei zwei gleichgeschlechtlichen Personen nicht automatisch danach zu fragen, ob man zwei Einzelbetten statt eines Doppelbettes wünsche.
Mit den vielen ausländischen Gästen könnten Gastgewerbe und Hotellerie noch mehr zur Vielfalt beitragen, findet Thommen. Zum Beispiel, indem Mitarbeitende entsprechende Pins tragen. «Das wird von vielen aus der Community gerne als Buchungshilfe genommen», sagt er.
(Désirée Klarer)
Das Akronym LGBT kommt aus dem Englischen und steht für Lesbian (lesbisch), Gay (schwul), Bisexual (bisexuell), und Transgender. Das sind Menschen, die sich nicht oder nur teilweise mit dem bei der Geburt zugewiesenen biologischen Geschlecht identifizieren können. Oftmals wird das Akronym um weitere Buchstaben ergänzt wie zum Beispiel A für asexuell.