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Flüchtlinge kochen Menü aus der fernen Heimat

Zwei Afghaner in der Küche, ein Eritreer im Service – eine Woche lang servieren Flüchtlinge im Zürcher «Holzschopf» ihre Spezialitäten.

Bunte Vorspeisenplatte mit libanesischen Oliven, Hummus und Bolani. (She)

«Shah, noch zweimal Mantu für Tisch vier», tönt es aus der Küche. Auf kleinen Tellerchen arrangiert der 22-Jährige die afghanischen Teigtaschen, gefüllt mit Poulet auf Tomaten und Joghurt. Es ist persische Woche im Zürcher Restaurant Holzschopf. An vier Abenden arbeiten Flüchtlinge in Andreas Handkes Betrieb – ein Eritreer im Service und zwei Afghanen in der Küche. Shah ist einer von ihnen. Handke selbst wirft ein Auge auf die Zubereitung, Mitinhaber Timon Ruther schaut als Serviceleiter nach dem Rechten.

Gastronomie als ideales Feld für Integration

Im Rahmen des diesjährigen Food Zurich Festivals wird auf Nachhaltigkeit geachtet. «Doch das bedeutet nicht nur die Nachhaltigkeit von Produkten», wie «Holzschopf»-Betreiber Handke erzählt, «man darf den Menschen an sich nicht ausser Acht lassen und muss soziale Verantwortung tragen.» So kam dem Küchenchef die Idee zum kulinarisch-kulturellen Austausch. Über Freunde aus Integrationsprojekten traf er die drei jungen Männer, die Lust zum Kochen und auf Service hatten. Viel Erfahrung hatten sie nicht, dafür Motivation und Lernbereitschaft. «Es war schön zu sehen, wie sie innerhalb weniger Tage aufgeblüht sind und nun viel selbstbewusster auftreten», freut sich Handke. Klar, einige Hürden galt es zu Beginn zu überwinden. Das Zeitgefühl wird in anderen Kulturen eben ganz anders ausgelebt. Und auch die Sprache ist manchmal eine Barriere. «Doch die Gastronomie ist ein dankbares Feld und das soziale Engagement wird von den Gästen extrem geschätzt – das Thema bewegt», stellt Handke fest. «Am ersten Abend haben die Gäste applaudiert, so begeistert waren sie. Die drei Jungs sind dann ganz rot angelaufen. Da geht einem das Herz auf. Viele der Gäste haben sogar Geld gesammelt, um sie zu unterstützen», erinnert sich Handke. Er setzte sich zum Ziel, positive Emotionen bei den Gästen und den «Lehrlingen auf Zeit» zu verbreiten – und das ist ihm gelungen.

Gesetz erschwert die berufliche Zukunft

So motiviert einige Ankömmlinge zur Integration sind, so kompliziert ist das Schweizer Flüchtlingsgesetz. Asylsuchende mit Ausweis N dürfen keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und auch keine Lehre beginnen. Erst mit der Aufenthaltsbewilligung F werden sie offiziell zu vorläufig aufgenommenen Ausländern. Dieses Prozedere kann Jahre dauern, wie Andreas Handke weiss. Sein Ziel ist, Flüchtlinge für die Gastronomie zu begeistern und ihnen so einen Weg in die berufliche Zukunft zu ebnen. Auch aus diesem Grund eröffnet er im Februar nächsten Jahres einen neuen Gastronomiebetrieb, der sich Arbeitsintegration zum Ziel setzt. Bis dahin sammelt er noch Erfahrungen – es ist ein lehrreicher Austausch für beide Seiten. So kaufte Handke zu Beginn den falschen Reis für das Hauptgericht. Erst als Shah ihm die Konsistenz zeigte, sah er den Unterschied. Zum Glück trafen sich alle bereits eine Woche zuvor, um das Menü für die 20 Gäste pro Abend zu besprechen. 

Afghanische Küche mit persischen und indischen Einflüssen

Die Rezepte für die Themenwoche erarbeiteten sie gemeinsam mit Nafissa Saya, einer Kollegin Handkes. Vor 20 Jahren flüchtete sie selbst aus Afghanistan und betreibt nun unter anderem ein Catering-Unternehmen. Sie übernahm auch die Zubereitung einiger Vorspeisengerichte, die sehr aufwendig in der Produktion sind. So bereitete sie neben den gefüllten Teigtaschen «Mantu» auch «Bolani» zu, im Öl ausgebackene Teigfladen mit Kartoffel-Lauchzwiebel-Füllung. Zudem wurden ein Salat mit Minze und Schafskäse, libanesische Oliven, Hummus und eine Suppe aus roten Linsen mit Kürbis den Gästen zur Vorspeise gereicht. Der Hauptgang bestand aus dem typischen Festtagsessen der Afghaner: «Kabuli», ein würziger Reis mit Poulet. Das Dessert hatte wiederum einen orientalischen Touch mit Nougat, Feigen, Datteln und Pistazien. Natürlich durfte auch der traditionelle gesüsste Tee nicht fehlen – so war das Menü aus der Heimat komplett.

(Anna Shemyakova)


Mehr Informationen unter:

www.restaurant-holzschopf.ch