Kümmert sich bald eine frühere Prostituierte um das Vegi-Buffet? Serviert demnächst ein Ex-Junkie den Kaffee?
Noch einen Monat dauert es bis zur Eröffnung des neuen Hiltl-Restaurants an der Zürcher Langstrasse. Die Suche nach Mitarbeitern ist in vollem Gang. Der vegetarische Betrieb begeht hierfür einen unkonventionellen Weg. «Wir möchten, insbesondere an der Langstrasse, auch Menschen eine Chance bieten, die einen unkonventionellen Lebenslauf haben und nicht dem gängigen Schema unserer Leistungsgesellschaft entsprechen», wird auf der Firmen-Website angekündigt. «Wir nehmen das soziale Engagement sehr ernst und setzen uns für die Integration gesellschaftlich Benachteiligter ein.»
Was heisst das konkret? Gemeinsam mit der Werbeagentur Ruf Lanz wurde eine Kampagne mit acht Plakaten umgesetzt, die Benachteiligte zum Bewerben anspornen soll. «Wir suchen Mitarbeiterinnen, die momentan noch fleischliche Gelüste befriedigen», heisst eine Botschaft. Auf einem anderen schwarzen Plakat steht in Neonfarben: «Wir suchen Mitarbeiter, die künftig lieber mit Gemüse als mit Gras dealen.» Oder ganz schlicht: «Wir suchen Mitarbeiter mit vielen Lücken im Lebenslauf.»
Ist die Kampagne seriös zu nehmen oder letztlich doch nur eine witzige Werbung, um auf die bevorstehende Eröffnung des Restaurants im «Chreis Cheib» aufmerksam zu machen und Sympathiepunkte zu gewinnen? Derzeit sind Stellen als Barista, Buffetmitarbeiter, Mitarbeiter Fertigungsküche, Schichtleitung Fertigungsküche/Buffet sowie als Reinigungsmitarbeiter ausgeschrieben. Und das älteste vegetarische Restaurant der Welt (seit 1898) verspricht: «Wir bieten gesellschaftlich Benachteiligten echte Job-Chancen.»
Gut möglich also, dass man im Betrieb, der ein Restaurant, eine Bar, einen kleinen Shop und einen Club beinhalten wird, den Kaffee von einem ehemaligen Junkie serviert bekommt und eine frühere Prostituierte sich um das Buffet kümmert.
Benachteiligte als Gastro-Mitarbeiter zu engagieren – das ist für die Sozialeinrichtung Caritas und die SV-Stiftung, die Projekte zur gesunden Ernährung fördert, längst Alltag: In ihren elf «Bon Lieu»-Restaurants erhalten beispielsweise Sozialhilfebezüger, Arbeitslose und IV-Rentner eine Chance zum Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt. Und: Anspruchsberechtigte Gäste können Gutscheine beziehen und so für eine Preisreduktion von 75 Prozent konsumieren.
(Benny Epstein)
Mehr Informationen unter:
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