Der Grand Prix du Vin Suisse zeichnete Ende Oktober die besten Schweizer Weine aus und kürte das «Weingut des Jahres 2020».
Herzliche Gratulation zum Titel «Schweizer Weingut des Jahres 2020». Emmanuel Carron, was bedeutet Ihnen als Direktor der Cave St-Pierre in Chamoson/VS dieser Titel?
Emmanuel Carron: Das ist eine sehr schöne Belohnung für die Arbeit eines ganzen Teams, das sich stets für die Qualität seiner Weine eingesetzt hat. Wir sind stolz und glücklich. Persönlich ist es ein Höhepunkt meiner beruflichen Laufbahn und auch eine Verpflichtung, in der gleichen Linie fortzufahren.
Und für Sie, Thierry Ciampi?
Thierry Ciampi: Natürlich ist der Titel eine grosse Freude, der zeigt, dass wir mit unseren Bemühungen im Dienste der Qualität vorankommen.
Von Ihren zwölf für den Grand Prix du Vin Suisse eingereichten Weinen wurden vier mit Gold und fünf mit Silber ausgezeichnet. Wie erreicht man das?
Emmanuel Carron: Es ist unerlässlich, dass alle Mitarbeitenden an das Projekt glauben und am gleichen Strick ziehen. Es erfordert auch eine gemeinsame Vision zwischen dem Management und dem Önologen.
Thierry Ciampi: Wir beginnen mit der Selektion im Rebberg, dann im Keller und pflegen die Weine in jedem Stadium auf dem Weg von der Traube bis in die Flasche.
Einer Ihrer Gold-Weine ist der Fendant Réserve des Administrateurs 2019. Was ist dessen Geheimnis?
Thierry Ciampi: Der Fendant wird zum Teil ohne biologischen Säureabbau vinifiziert. Die Proportionen bleiben unser Geheimnis.
Ausgezeichnet wurde auch die Cuvée du 3ème Millénaire 2018, eine Assemblage. Was können Sie darüber erzählen?
Thierry Ciampi: Die Cuvée du 3ème Millénaire besteht zu einem grossen Teil aus Syrah. Dazu kommen Merlot, Cabernet Franc und Cabernet Sauvignon. Alle reiften separat während zehn Monaten in Barriques. Das ergibt einen tiefen, kräftigen und komplexen Wein mit Waldbeerfrucht, Noten von Tabak und feinem Tannin.
Mit welcher Reife bietet ein Wein optimalen Trinkgenuss?
Thierry Ciampi: Das hängt ganz von der Rebsorte und der Weinbereitung ab. Fendant aus dem Stahltank gefällt bereits in seiner Jugend. Eine im Barrique gereifte rote Assemblage braucht etwas mehr Zeit.
Emmanuel Carron: Eine schwierige Frage. Denn es kommt auch noch darauf an, ob ein Wein mit Freunden, in der Familie oder allein in einem ruhigen Moment genossen wird. Zudem muss man die Weine gut kennen und eine gewisse Auswahl im Keller haben. So findet sich zu jeder Gelegenheit der passende Tropfen.
Zusätzlich zur Réserve des Administrateurs bieten Sie Weine mit poppigen Etiketten und Namen wie Sunshine oder Blackout an. Wen sprechen Sie damit an?
Thierry Ciampi: Mit dieser Linie wollen wir junge Menschen für Wein begeistern. Die Weine sind zugänglich, machen Spass und man soll sie – ohne traditionelle Rituale – einfach unter Freunden geniessen wollen.
Emmanuel Carron: So ist es. Junge für Wein zu begeistern, erfordert eine etwas modernere Sprache. Doch es ist ausgesprochen wichtig, dass der Inhalt hält, was das Design der Etikette ver-
spricht.
Wo können interessierte Gastronomen Ihre Weine kaufen?
Emmanuel Carron: Wir arbeiten mit zahlreichen regionalen Fachhändlern zusammen. Natürlich können unsere Weine direkt bei der Cave St-Pierre in Chamoson bestellt werden. Eine Auswahl gibt es auch bei Aligro.
Wie beschreiben Sie die aktuelle Situation des Weinbaus im Wallis?
Emmanuel Carron: Im Weinbau gab es schon immer Höhen und Tiefen. Aber noch nie in dem aktuellen Ausmass. Von der Produktion bis zum Verkauf müssen wir alles hinterfragen. Sicher ist, dass die Solidarität des Verkaufs, der Gastronomie, mit der Produktion, den Winzern und Önologen, gestärkt werden muss.
Was werden Sie an Weihnachten kochen?
Thierry Ciampi: Das ist noch nicht definiert. Fest steht jedoch bereits, dass es dazu Réserve des Administrateurs geben wird.
Emmanuel Carron: Wenn ich hier sage, welches Gericht ich kochen werde, wird meine Frau lachen, wenn sie diesen Beitrag liest. Deshalb wähle ich lieber den Wein aus. Wie bei Thierry stehen dieses Jahr auch in meiner Familie Weine aus dem Keller der Cave St-Pierre im Rampenlicht.
(Interview Gabriel Tinguely)
Emmanuel Carron (55) ist seit 2012 Direktor der Cave St-Pierre in Chamoson/VS. Er wohnt in Fully/VS, pflegt nebenbei den Familienrebberg und fährt im Winter Ski.
Thierry Ciampi (42), Ingenieur in Rebbau und Önologie, arbeitet seit 19 Jahren bei der Schenk SA, zu der die Cave St-Pierre gehört. Fischen ist eines seiner Hobbys.