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Hofkellerei: ein Restaurant, älter als Graubünden

Ein Restaurant, zwei Brüder und 600 Jahre ­Geschichte. ­In der «Hofkellerei» in Chur/GR werden neue Traditionen geschaffen.

  • Nach einer Renovation stehen seit November 2023 die Türen des historischen Restaurants wieder für Gäste offen. (Bilder zvg)
  • Statt Thunfisch verwendet Michèl Hug Forellen aus Alvaneu/GR. Das Fleisch fürs Vitello tonnato: stammt vom Bündner «Puurachalb».
  • Michèl Hug führt mit seinem Bruder die Hofkellerei.

In der Churer Altstadt führt eine Treppe zum Hofbezirk hoch. Dort befindet sich nicht nur das bischöfliche Schloss, sondern auch das älteste Restaurant des Kantons Graubünden, die «Hofkellerei». An der Fassade des Torturms, der direkt an besagter Treppe steht und in dem sich das Restaurant Hofkellerei befindet, prangt der Schriftzug «Gotische Trinkstube von 1522».

Diese Jahreszahl ist etwas irreführend, denn die Entstehung des Restaurants lässt sich sogar auf das 14. Jahrhundert zurückführen. Um 1522 allerdings wurden die Trinkstube und der Saal der «Hofkellerei» mit einem spätgotischen Innenausbau versehen. So oder so, das Restaurant gegenüber dem bischöflichen Schloss ist älter als der Kanton Graubünden. Der feiert dieses Jahr sein 500-jähriges Bestehen.

Von Anfang an ein öffentliches Restaurant

Viele historische Restaurants waren ursprünglich Bauernhöfe, Metzgereien, Postkutschenstationen oder Warenumschlagsplätze, die begannen, Gäste zu bewirten. Die «Hofkellerei» in Chur hingegen war von Anfang an als öffentliches Wirtshaus konzipiert. Und zwar zum Ausschank des bischöflichen Weins. Noch heute können die Gäste der «Hofkellerei» unter anderem Weine aus dem in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden bischöflichen Rebberg trinken. So etwa den «Amadeo Primus», ein Pinot Noir, und den «Amedeo Amabilis», ein Churer Schiller.

Die Ehre, den bischöflichen Wein zu produzieren, hat Cottinelli Weinbau aus Malans/GR seit 1999. Den Auftrag, die zwölf Hektar Riesling-Sylvaner- und Pinot-Noir-Reben zu bewirtschaften, erhielt Cottinelli vom damaligen Churer Bischof Amédée Grab.

Im Hofbezirk sind langjährige Partnerschaften keine Seltenheit. Das gilt auch für die «Hofkellerei». Die letzte Wirtin Frida Beccarelli hat das Restaurant 1966 übernom-men und es bis zu Beginn der Renovationsarbeiten geführt. Als sie in Rente ging, war sie 86 Jahre alt.

Neuer Wind in alten Mauern

Am 25. November 2023 ist die «Hofkellerei» nach gut drei Jahren Umbauzeit wieder eröffnet worden. Neben technischen Erneuerungen wurde das Treppenhaus heller gestaltet. Zudem hat das Restaurant eine neue, grosszügige Küche erhalten. Diese verfügt nicht nur über die modernsten Geräte, sondern auch über eine der schönsten Aussichten über die Churer Altstadt.

Geführt wird das historische Lokal von Michèl und Daniel Hug. Die Brüder sind Köche und haben ihre Grundbildung am Zürichsee absolviert. Michèl im «Seedamm Plaza» in Pfäffikon/SZ, Daniel im Hotel Sedartis in Thalwil/ZH.

Im gemeinsamen Führen eines Betriebs haben die Hugs viel Erfahrung. Zusammen mit ihrer Mutter führten die Brüder ein Restaurant in Spanien. Als die Mutter ins Pensionsalter kam, wurde der Betrieb aufgelöst und das Brüderpaar kamen in die Schweiz zurück. Hier führte es fünf Jahre das Berggasthaus Dürrboden im Dischmatal/GR.

«Wir hatten mit dem Gasthaus Dürrboden schon einen alten, geschichtsträchtigen Betrieb», sagt Michèl Hug. Alte Gebäude und ihre Geschichte faszinieren ihn. Dass er mit seinem Bruder nun das älteste Restaurant im Kanton Graubünden führt, sei aber reiner Zufall.

Neue Bündner Gerichte

Die Stammgäste der «Hofkellerei» freuen sich, dass die historischen Räume – das Restaurant sowie der Turmsaal – wieder öffentlich zugänglich sind. Auch dürfen sie sich weiterhin über Bündner Spezialitäten freuen. Allerdings handelt es sich dabei nicht um altbekannte Speisen wie Capuns oder Maluns.

Michèl Hug erklärt: «In Chur gibt es genug Restaurants, in denen man die traditionellen Klassiker geniessen kann. Statt dies auch zu tun, erschaffen wir lieber eine neue Tradition mit zeitgemässen Bündner Spezialitäten.» 

So hat Michèl Hug beispielsweise den Klassiker Vitello tonnato «eingebündnert». Dazu hat er den Thunfisch durch einheimische Forelle aus Alvaneu/GR ersetzt. Der Lachs für Pappardelle Salmone al Limone stammt aus dem Misox/GR und das Tiramisù macht er nicht mit Amaretto, sondern Churer Röteli.  

(Riccarda Frei)


Fakten und Zahlen

Sitzplätze

25 bis 30 im Restaurant, 60 im Turmsaal.

Öffnungszeiten

Mi. 17.30–22 Uhr; Do. bis Sa.11.30–14.30 Uhr und 17.30–22 Uhr; So. 11–16 Uhr

Angestellte

Zwei Servicekräfte, eine Küchenhilfe und künftig ein lernender Koch EFZ.

Betriebsinhaber

Domkapitel Chur

Pächter und Küchenchefs

Michèl und Daniel Hug

Durchschnittsbon

80 Franken


«Wir machen eine moderne Küche hinter alten Mauern»

Michèl Hug, seit November führen Sie mit Ihrem Bruder zusammen die «Hofkellerei» in Chur. Wie läuft es?

Gut. Mein Bruder Daniel und ich sind ein sehr gut eingespieltes Team. Er ist für die Produktion zuständig. Ich arbeite bei ihm in der Küche mit, erledige aber auch die organisatorischen sowie administrativen Arbeiten. Entscheidungen fällen wir gemeinsam. Sollten wir uns uneinig sein, habe ich das letzte Wort.

Besitzer der «Hofkellerei» ist das Domkapitel. Sind Sie als Geschäftsführer angestellt?

Nein, wir haben das Restaurant gepachtet und sind selbständige Unternehmer.

Müssen Sie sich dennoch an kirchliche Vorgaben halten wie kein Fleisch in der Fastenzeit oder spezielle Öffnungszeiten an Feiertagen?

Wir profitieren mit Kommunionsfeiern, Taufessen und Hochzeiten von der Nähe zur Kirche. Dennoch sind wir in unserer Angebotsgestaltung vollkommen frei. 

In Chur, der ältesten Stadt der Schweiz, führen Sie das älteste Restaurant des Kantons. Setzen Sie das Historische werbemässig um? 

Noch nicht. Wir sind uns aber bewusst, dass die Geschichte der «Hofkellerei» ein einzigartiges Erkennungsmerkmal ist, das wir künftig besser nutzen wollen. Ideen wie zum Beispiel eine Infotafel an der Hauswand oder der Kontakt zu einem Historiker sind vorhanden.

Sie betreiben ein modernes Restaurant hinter alten Mauern. Wo zeigt sich das? 

In erster Line in der Art wie und was wir kochen. Wir verwenden regionale Produkte, stellen fast alles selber her, vermeiden Food Waste und kombinieren traditionelle einheimische und internationale Gerichte zu neuen Bündner Spezialitäten. Und wir nutzen ein modernes Reservationssystem.


Zur Person

Michèl Hug ist 1994 ­geboren. Der gelernte Koch hat neben Restaurants auch die Kochschule von Food-events in Kaltbrunn/SG geleitet.