Der junge Chefkoch, Giuseppe d'Errico, kam vom französischen Drei-Sterne-Restaurant ins «Ornellaia» nach Zürich. Dort entwickelt er seine Handschrift gekonnt. Eine Mischung aus französischer Technik und italienischer Lebensfreude.
Hotellerie Gastronomie Zeitung: Sie haben Ihre Heimat Italien verlassen, um in Frankreich zu arbeiten. Wie kamen Sie in die Schweiz?
Giuseppe d’Errico: Um mich beruflich weiterzuentwickeln, zog ich im Alter von 22 Jahren nach Frankreich. Nach acht Jahren hatte ich dort gelernt, was ich wollte, suchte eine Stelle als Küchenchef, und Rudi Bindella wählte mich für sein neues Ristorante Ornellaia in Zürich aus. Ich wollte wieder italienisch kochen.
Vorher arbeiteten Sie vier Jahre im renommierten Restaurant Maison Troisgros in Roanne.
Ein sehr strukturiertes Familienunternehmen. Ich arbeitete unter Chef Michel Troisgros in dieser Institution, die schon über fünfzig Jahre lang drei Michelin-Sterne ziert. Er hat in der vierten Generation in den 70er- und 80er-Jahren massgeblich zur Entwicklung der Nouvelle Cuisine beigetragen. Ich arbeitete mich in einem halben Jahr zum Sous-chef hoch und war dreieinhalb Jahre lang in dieser Position tätig. Ich habe viel Verantwortung. Wir kochten einerseits 40-jährige Klassiker, andererseits moderne Gerichte für jüngere Gäste.
Was haben Sie bei Michel Troisgros gelernt?
Pünktlichkeit, Organisation und Disziplin. Diese Tugenden impfe ich heute meiner Brigade im «Ornellaia» ein. Ich lernte, mit einer Präzision und Sensibilität zu arbeiten, die ich vorher nicht hatte. Früher war ich impulsiver, emotionaler. Ich probierte ein Rezept aus, kochte es einmal so, einmal so. Meine Zeit im Dreisternehaus lehrte mich, immer in derselben Qualität zu liefern. Heute mache ich keine Kompromisse mehr bei Rezeptur und Qualität. Ich stelle sicher, dass ein Rezept immer gleich gekocht wird und es alle kochen können. Ich lernte, meine Kreativität beim Rezeptieren auszuleben, um danach konstant, beinahe pragmatisch zu arbeiten.
Wie arbeiten Sie heute?
Anstatt mit 18 Köchen und sieben Pâtissiers arbeite ich im «Ornellaia» mit sieben Köchen. Zwei davon sind mir nach Zürich gefolgt. Hier kann ich meine Handschrift einbringen. Ich arbeite mit der Technik, dem Respekt vor dem Produkt und der Sensibilität, die ich in Frankreich lernte, verbinde sie mit meiner Liebe zur italienischen Kultur und zu den Produkten meiner Herkunft. Durch meine Erfahrung, die ich in Frankreich sammeln durfte, gehe ich anders an italienische Gerichte heran. Pappa al Pomodoro zum Beispiel – eine toskanische Suppe aus Brot und Tomaten – serviere ich als Amuse-Gueule in Form einer Cherry Tomate.
Wie kamen Sie auf diese Idee?
Ich provoziere gerne mit Amuse-Gueule und Desserts. Mit den Grüssen aus der Küche kann ich von Anfang an die Aufmerksamkeit der Gäste gewinnen. Ich überrasche sie gerne mit einem Augenzwinkern. So habe ich beispielsweise als Pre-Dessert eine Minischeibe einer Wassermelone mit Zucchetti und gefrorener Grapefruit kreiert. In Gedanken bin ich ständig am Kreieren.
Haben Sie ein Signature Dish?
Dazu ist es noch zu früh. Vieles ist noch in der Entwicklung. Im Moment sind noch alle meine Gerichte Signature Dishes, da ich erst seit vier Monaten in Zürich arbeite und alle Rezepte selbst schreibe und entwickle.
Was wollen Sie im «Ornellaia» erreichen?
Ich will die Exzellenz der italienischen Küche präsentieren. Punkte und Sterne streben wir nicht an. Ich will mir und meinem Team diesbezüglich keinen Druck machen. Wir freuen uns aber über allfällige Auszeichnungen.
Weine sind ja ein grosses Thema im Ristorante Ornellaia. Wie arbeiten Sie mit Daniele Zucca, Ihrem Sommelier, zusammen?
Wir bieten eine kleine Auswahl von 17 Weinen aus dem Weingut Ornellaia sowie acht Eigenbauweine von Bindella in verschiedenen Jahrgängen an. Wir sind gefordert, denn die gehaltvollen Rotweine aus dem «Ornellaia» passen nicht unbedingt zu kalten Speisen und solchen mit Gemüse, wie ich sie im Sommer serviere. Im Winter ist dies einfacher. Wenn wir uns eingearbeitet haben, werden wir ein Menü mit Weinbegleitung anbieten.
(Interview Sarah Sidler)
Das Ristorante Ornellaia ist ein Gemeinschaftswerk des toskanischen Weinguts und der Zürcher Familie Bindella. Ornellaia wurde 1981 im Weindorf Bolgheri gegründet. Die Weinkarte umfasst sowohl Raritäten und ältere Jahrgänge aus dem Ornellaia Archivio Storico als auch grossformatige Flaschen, die für gewöhnlich nur bei internationalen Auktionen ersteigert werden können. Komplettiert wird das Angebot mit einer Weinauswahl von Bindellas Tenuta Vallocaia in Montepulciano.
Giuseppe d’Errico absolvierte nach der Matura die «Alma – La Scuola Internazionale di Cucina Italiana» in Colorno (I). 2007 trat der damals 20-Jährige seine erste Stelle als Chef de partie in «La Locanda di Bu» in Nusco (I) an. 2011 zog es ihn nach Frankreich. Erst war er zwei Jahre als Chef de partie im «Aux Anges» in Roanne tätig und bis März 2018 im Restaurant Maison Troisgros in Ouches als Sous-chef.