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Kinderverbot sorgt für Kopfschütteln

In «Oma’s Küche» auf Rügen sind Gäste unter 14 Jahren abends nicht willkommen. Schweizer Gastronomen sind sich einig: ein grosser Fehler.

Essen, nicht spielen: Tischmanieren werden hie und da über Bord geworfen, damit die Eltern ungestört speisen können. (ZVG)

«Das erste kinderfreie Restaurant auf Rügen – zumindest ab 17 Uhr. Gäste ab 14 Jahren sind herzlich willkommen.» Dies sind die Einstiegssätze auf der Homepage von «Oma’s Küche», einem Restaurant auf der deutschen Ostseeinsel.

Auch tagsüber versprüht «Oma’s Küche» keine Kinderliebe. Auf der Kinderkarte heisst es: «Oma hat ein Herz für Kinder, aber nur wenn Kinder artig auf ihrem Arsch sitzen bleiben, nicht alles anfassen und weder Gäste noch Kellner nerven.» Und: «Oma’s Küche» sei ein Restaurant, kein Abenteuerspielplatz.

Gastgeber Rudolf Markl erklärt sich gegenüber «Spiegel Online». Er sei kein Kinderfeind: «Ich habe früher einen Weihnachtsmarkt mit Kinderkarussell betrieben und viel für die Kleinen gemacht.» Zuletzt aber sei es in seinem Lokal immer wilder zu- und hergegangen. Tischdecken wurden von fremden Leuten heruntergezogen, Rotwein ausgeschüttet, es wurde sogar mit Essen zum Nachbartisch  geworfen. Noch schlimmer: «Manche Eltern haben unsere Servicekräfte noch beschimpft, wenn sie darauf hingewiesen wurden, dass es so nicht geht.» So habe er sich fürs Kinderverbot am Abend entschieden.

Bei Bindella essen Kinder pauschal für 9 bis 15 Franken

In der Schweiz sorgt die Geschichte für Kopfschütteln. «Kinder stehen bei uns im Mittelpunkt», betont Rudi Bindella jr., dessen Familienunternehmen hierzulande vierzig italienische Restaurants zählt. In diesen essen Kinder bis und mit zwölf Jahren in Begleitung Erwachsener pauschal für 15, in den Betrieben Santa Lucia, Spaghetti Factory und Latini gar für nur 9 Franken. «Wir kalkulieren fair – und investieren in die Zukunft. Kinder sind unsere Kunden von morgen. Sie sollen die Vielfalt der italienischen Küche entdecken und nach Lust und Laune wählen können.»

Zudem schult er sein Personal im Umgang mit den jungen Gästen. «Kinder spüren schnell und intuitiv, ob sie willkommen sind und ernst genommen werden. Fühlen sie sich nicht wohl, möchten sie nicht mehr in das Restaurant – auch als Erwachsene nicht. Darum sind sie ein zentraler Baustein in der Schulung unserer Mitarbeitenden.»

Bei Grandits gibt es exklusive Einblicke in die Pâtisserie

Sogar in der Spitzengastronomie stösst das Kinderverbot auf Unverständnis. Tanja Grandits, die in Basel das «Stucki» führt, findet «ein solches Kinderverbot saublöd». Die Zwei-Sterne-Köchin heisst Kinder jeden Alters willkommen. «Gerade Samstagmittag kommen vielfach Eltern mit ihren Kindern. Vom Baby bis zum Teenager. Aber auch am Abend sitzen Kinder bei uns an den Tischen.» Eine Kinderkarte gibt es bei Tanja Grandits, die selbst Mutter eines Teenagers ist, nicht. «Wir begegnen den Kindern auf Augenhöhe. Die meisten suchen sich ein, zwei Gerichte von der Karte aus. Aber wer lieber Pasta oder Schnitzel mit Pommes mag, der kriegt das bei uns selbstverständlich.» Als Höhepunkt führt «Stucki»-Küchenchef Marco Böhler die Kinder zuletzt jeweils an der Hand in die Küche, wo sie beim brillanten Pâtissier Julien Duvernay ihre Lieblingsglace aussuchen dürfen, die dann vor den leuchtenden Kinderaugen angerichtet wird. «Nur schade finde ich es, wenn die Kids während des Essens mit dem iPad rumspielen. Tischkultur ist doch etwas Schönes.»

Was Grandits an den jungen Gästen besonders mag, ist deren Feedback. «Ein lautes ‹mmmmh› oder ein verzogenes Gesicht – Kinder sind so ehrlich, sie sind sehr wertvoll.» Hunde sind in «Oma’s Küche» übrigens willkommen. Auch abends.

(Benny Epstein)


Das kinderfreundliche Interview mit Rudi Bindella lesen Sie unter:

www.hotellerie-gastronomie.ch