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Kompetenz hat weder Geschlecht noch Aussehen

Alice Kuperman Nogueira (32) spricht vier Sprachen fliessend und bildet sich laufend weiter. Trotzdem hat sie – von Kopf bis Fuss tätowiert – Mühe, ihre Traumstelle zu finden.

  • In ihrer Freizeit treibt Alice Kuperman Nogueira viel Sport. Dazu gehört beispielsweise auch Poledance, wofür sie mehrmals die Woche trainiert. (ZVG)

«Mir wurde schon oft gesagt, dass ich heute vermutlich reich wäre, wäre ich der Informatik treu geblieben. Schliesslich ist Informatik die Zukunft. Das stimmt zwar, aber es ist nicht meine Zukunft», sagt Alice Kuperman Nogueira überzeugt. Mit Wissenschaft befasst sich die Gastronomin zwar nach wie vor, jedoch nur in der Freizeit. Ihre gastronomische Laufbahn startete sie mit einem Lehrgang an der Barfachschule in München. Die Diplome, die sie seither gemacht hat, kann sie schon fast nicht mehr zählen. Aktuell bildet sie sich zur Sake-Expertin aus.

Die Nadel im Heuhaufen

Als Freelancerin ist sie mal hier und mal dort tätig. Das Geschäft läuft, die Abwechslung macht ihr Spass. Auf Dauer möchte sie das jedoch nicht machen. «Ich würde sehr gerne wieder in der gehobenen Hotellerie arbeiten, jedoch im Restaurant- und Bankettbereich. Um ehrlich zu sein, hatte ich es mir nicht so schwer vorgestellt, einen tollen Arbeitgeber zu finden», führt sie aus. Doch in der Schweiz bekomme sie – im Gegensatz etwa zu Deutschland – deutlich zu spüren, dass Betriebe sich von ihren Tattoos abschrecken lassen. Komme es dann zum Vor­stellungsgespräch, seien die Bedingungen oft haarsträubend. «Letztens bot mir ein Fünfsternehotel im Kanton Graubünden für eine Leitungsfunktion mit einem dicken Anforderungskatalog 5000 Franken brutto. Eine Frechheit», sagt die Gastronomin.

«Wer gut ausge­bildete Fachkräfte sucht, muss auch bereit sein, ihnen gute Löhne zu zahlen und ihnen zuzuhören.»

Alice Kuperman Nogueira, Freelancerin


Entmutigen lässt sich die Whisky-Expertin, die nebst Deutsch auch fliessend Englisch, Portugiesisch und Französisch spricht, von solchen Gesprächen nicht. Kürzlich veröffentlichte sie ein Inserat auf Facebook, in dem sie auf ihre Stellensuche hinwies. Seither bleibt das Telefon kaum mehr still. «Ich erhalte viele Anfragen und hatte auch schon einige Bewerbungsgespräche. Das freut mich», sagt sie. Eilig habe sie es allerdings nicht. «Ich warte lieber, bis ich den Arbeitgeber gefunden habe, der meine Fachkompetenz zu schätzen weiss und auch bereit ist, diese fair zu entlöhnen.»

(Désirée klarer)


Zur Person

Alice Kuperman Nogueira kommt ursprünglich aus Brasilien und ist eine Nachfahrin jüdischer Flüchtlinge. Als sie sieben Jahre alt war, verliessen ihre Akademiker-Eltern Brasilien. Sechs Jahre lang lebte sie in Paris, danach für 17 Jahre in Berlin. Durch Corona ist sie 2019 in der Schweiz gelandet. Sie wohnt in Chur. Dort möchte sie auch bleiben.

instagram.com/alice_kuno