Im Thurgauer Dorf Strohwilen steht die modernste Destillerie der Schweiz. Diese bietet weit mehr als Whisky und Gin.
Zwei Destillationsapparate aus glänzendem Kupfer und Chromstahl stehen in der ehemaligen Käserei. Das Gebäude von 1904 ist das Herzstück der Macardo Swiss Distillery in Strohwilen. Mit viel Liebe zum Detail renoviert und mit einem spektakulären Neubau ergänzt, wurden die Brennerei und das Fasslager vergangenen Dienstag eröffnet. Diese Woche folgt die Einweihung der Honesty Bar mit Cigar Lounge, des Verkaufsladens sowie der zehn Gästezimmer und zwei grosszügigen Appartements.
Die Eigentümer und Bauherren von Macardo sind Martina und Andreas Bössow. Sie absolvierte die Hotelfachschule Lausanne, er ist Geomatiker und Betriebsökonom mit einem Faible für Destillate. «Immer wieder habe ich Brennkurse in Deutschland, Österreich und Südtirol besucht», erzählt Andreas Bössow, der in Dubai ein Handelsunternehmen aufbaute und Start-ups unterstützte. Martina Bössow kümmert sich als Mitinhaberin um die Finanzen und das Marketing des Handelsunternehmens, der Macardo Destillerie und der Fischzucht am Bechtel. «Als uns 2015 die Brennerei im Thurgauischen angeboten wurde, haben wir nicht lange gezögert», ergänzt Andreas Bössow.
Mit der Übernahme der 2007 gegründeten Macardo Destillerie engagierten die Bössows den Vorarlberger Brennmeister Bartholomäus Fink. Zum Whisky kamen Spirits wie Gin und Wodka, die Vieilles, im Fass gereifte Edelbrände
aus Thurgauer Früchten sowie Tresterdestillate.
Der Thurgauer Bourbon, kurz Thurbon, wird beispielsweise aus Schweizer Roggen, Gerste und mehr als 51 Prozent Mais hergestellt. Er ist einer der ersten ausserhalb der USA destillierten Bourbons. Wie sein Vorbild aus Tennessee reift auch der Thurbon – die Namensfindung ist eine längere Geschichte – mehrere Jahre in Fässern aus amerikanischer Weisseiche. Da kommt das imposante Fasslager ins Spiel. Obwohl es mehr nach Beton als nach Holz und Whisky riecht, bietet es viel Raum für Emotionen. Noch lange sind nicht alle Lagerplätze mit Fässern belegt. 450 Stück sollen es dereinst sein. Jedes einzelne mit einem Sensor versehen, der den «Angels’ Share», den unvermeidbaren Verdunstungsverlust bei der Holzfassreifung registriert. Mit Sensortechnologie und der Anpassung des Mikroklimas rund um das Fass soll dieser möglichst klein gehalten werden.
Das Gegenstück zum «Angels’ Share» ist der «Devil’s Cut», der Diebstahl des Teufels. Dieser bezeichnet die Menge an Destillat, die beim Leeren eines Holzfasses in dessen Wänden verbleibt. So reichte ein Laphroaig-Fass, um dem «Slightly Smoky»-Macardo-Whisky eine rauchige Note zu verleihen.
Probieren können Gäste des Hauses alle Macardo-Destillate in der Honesty Bar. Die ist nicht bedient. Wie zu Hause kann sich jeder Gast selber bedienen. Abgerechnet wird auf Vertrauensbasis. Wer dieses Angebot nutzen will, bucht
am besten auch ein Zimmer im Macardo Premium B & B. Die Zimmer bieten allen Komfort und am nächsten Morgen einen faszinierenden Weitblick auf den Alpstein, den Säntis und ein reichhaltiges Frühstück.
(Gabriel Tinguely)