Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Ich hätte den Namen wechseln sollen»

Mario Gsell war über zwanzig Jahre für den Hotellerie Gastronomie Verlag tätig. Nun geht er in Pension. Zeit für einen Rückblick sowie Ausblick auf den nächsten Lebensabschnitt.

Mario Gsell zieht sich in die Politik und ins Privatleben zurück. (Filipa Peixeiro)

Mario Gsell, sowohl das Gastgewerbe wie auch die Zeitungsbranche haben sich in den vergangen zwei Jahrzehnten stark verändert. Welche Entwicklung hat Ihre Arbeit besonders beeinflusst?
Als ich vor 21 Jahren in den Verlag kam, stand die Digitalisierung noch ganz am Anfang. Ich erinnere mich, dass wir Redaktoren keinen eigenen Mailzugang hatten. Mails kamen im Sekretariat an und wurden ausgedruckt. Auch das Internet war noch ganz am Anfang. Das heisst, recherchieren war viel zeitaufwendiger als heute. Diesbezüglich hat das Internet die Arbeit erleichtert, aber im Gegenzug hat sich das Arbeitsvolumen erhöht. Redaktorinnen und Redaktoren schreiben längst nicht mehr nur für unsere Printprodukte, sondern bespielen zudem Webseite, Facebook, Linkedin, die App der Hotel & Gastro Union sowie unseren Newsletter.

Welche Story wird Ihnen immer in Erinnerung bleiben?
Ich habe einmal, als die Zeitung noch «eXpresso» hiess, im Vorfeld des WEF einen kritischen Artikel über das Weltwirtschaftsforum geschrieben. Als Journalist wollte ich dann nach Davos, um über die Demonstrationen vor Ort zu berichten und mit Hoteliers zu reden. Doch die Polizei liess mich nicht nach Davos hinein. Zusammen mit der Mediengewerkschaft Comedia, heute Syndicom, haben wir gegen dieses Vorgehen geklagt. Vor Bundesgericht haben wir verloren, doch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte gab uns schliesslich Recht.

Auf welche Ihrer Leistungen sind Sie besonders stolz?
Ich bin stolz darauf, wie die Zeitung heute daherkommt. Wir bieten einen guten Mix aus Branchen- und Verbandsnachrichten sowie aus kurzen Meldungen und längeren Texten. Das kommt bei der Leserschaft gut an und wird auch von der Zulieferindustrie positiv wahrgenommen. Darum verzeichnen wir entgegen dem allgemeinen Trend in der Zeitungsbranche einen Zuwachs an Inseraten. So einen Erfolg erzielt man nur mit einem guten Team.

Gibt es etwas, dass Sie aus heutiger Perspektive anders machen würden?
Ja, das gibt es: Als ich Verlagsleiter wurde, war die Zeitung ziemlich am Boden. Sie wurde kaum gelesen und die Hotel & Gastro Union diskutierte sogar über die Einstellung des Verlags. Es war klar: Die Zeitung braucht eine Veränderung. Wir haben wieder mehr Emotionen und Menschen in die Zeitung gebracht und ihr Format verkleinert. Aber wir haben den Namen der Zeitung beibehalten.

«Meine letzten Worte als Verlagsleiter? Einfach Danke!»

 

Deshalb haben viele in der Branche die Neuerungen lange nicht bemerkt. Es hat gut fünf Jahre gebraucht, bis wir wieder die Nummer eins auf dem Markt geworden sind. Unter anderem, weil «Hotellerie Gastronomie Zeitung» ähnlich klingt wie die Namen anderer Gastronomiefachzeitungen. Vor 2011 hiess unsere Zeitung «eXpresso». Dieser Name ist unverwechselbar. Könnte ich die Uhr zurückdrehen, würde ich diesen Namen wieder einführen. Inzwischen ist das aber nicht mehr nötig, weil die Zeitung gut etabliert ist.

Mit der Pensionierung beginnt für Sie ein neuer Lebensabschnitt. Welche Pläne haben Sie für diesen?
Ich werde mich etwas zurücklehnen und am Morgen länger schlafen. Trotz Pensionierung bleibe ich als Gemeinderat in Mauensee/LU und auch anderweitig politisch tätig. Zudem vermieten meine Frau und ich ein Bildungs- und Ferienhaus in der Toskana.

Sie übergeben die Verlagsleitung an Jörg Ruppelt, Ihren bisherigen Stellvertreter. Welche Tipps geben Sie ihm mit auf den Weg?
Er soll sich selber bleiben. Wichtig ist auch die Wertschätzung der Mitarbeitenden. Die Leute im Verlag machen einen guten Job. Das darf, ja, muss man ihnen auch sagen. Zudem ist Vertrauen in die Leute wichtig. Aus meiner Sicht braucht es zudem eine gute Fehlerkultur. Alle machen mal Fehler. Als Vorgesetzter sollte man diese den Mitarbeitenden nicht vorwerfen, sondern zusammen schauen, wie man den Fehler in Zukunft vermeiden und was man aus ihm lernen kann.

Es gibt ja die berühmten letzten Worte. Wie lauten Ihre als Verlagsleiter?
Einfach Danke! Danke an all die Menschen aus der Gastronomie, die ich in den 21 Jahren kennenlernen durfte. Danke an die Leserinnen und Leser für ihre Treue. Danke an die Hotel & Gastro Union, die hinter der Zeitung steht, und Danke an das tolle Verlagsteam. Ich werde euch alle vermissen.Interview

(Riccarda Frei)


Zur Person

Mario Gsell ist seit Januar 2000 für den Hotellerie Gastronomie Verlag, vormals Gastronews, tätig: zuerst als Redaktor, dann als Verlagsleiter. In seiner Freizeit engagiert er sich politisch: als Mitglied der SP wie auch als Vorsteher Ressort Bildung und Umwelt im Gemeinderat Mauensee/LU.

www.collodi.ch