In Sachen Regionalität ist Hansjörg Ladurner seinen Kollegen einen Schritt voraus. Der Küchenchef bezieht nicht nur Tiere aus der Nähe. Bald bepflanzt er einen eigenen Acker.
Spricht man Hansjörg Ladurner auf Regionalität an, hat er für das inflationär verwendete Thema nur ein müdes Lächeln übrig. Seit über 20 Jahren bezieht der Küchenchef und Gastgeber des Restaurants Scalottas Terroir auf der Lenzerheide seine Lämmer bei Carlo Zanetti aus dem Puschlav. Regelmässig erkundigt sich Hansjörg Ladurner vor Ort nach dem Wohlbefinden der Tiere.
In der Zwischenzeit tut der Küchenchef dies auch bei Petra Hartmann, die «seine» Schweizer Hühner und Hähne in Muldain pflegt, sowie bei Bruno Hassler oberhalb der Lenzerheide. Bei ihm wach-sen Turopolje-Schweine, Hochlandochsen und Pfauenziegen auf. Er füttert sie mit trockenem Brot und spricht mit ihnen. Doch Namen gibt der Koch ihnen keine. Nie. «Ich vermenschliche meine Tiere nicht. Doch ich will aufzeigen, wie man mit Tieren umgehen könnte und sollte.» Gemeinsam mit René Bissig und Thomas Bocksch bietet er im «Scalottas Terroir» – das zum Hotel Schweizerhof gehört – seit vier Jahren eine konsequente alpine Küche an. Die Zutaten beziehen sie bei Produzenten, die ihre Nachhaltigkeitsphilosophie teilen. Für ihre Küche wurden sie mit 14 Gault- Millau-Punkten und dem «Bib Gourmand» des Guide Michelin ausgezeichnet.
Egal welche Gattung: Die Tiere des 47-jährigen Küchenchefs leben mindestens doppelt solange wie sogenannte Nutztiere und verbringen die allermeiste Zeit im Freien. Hansjörg Ladurner begleitet sie durchs Leben und aus Respekt vor dem Tier bis zum nahen Schlachter. «Das ist nicht schön, doch es gehört dazu.» Während der Metzger die Tiere schlachtet, macht Hansjörg Ladurner den Feinschnitt in der Küche des «Scalottas Terroir». Während der Betriebsferien hat er zwei Tage lang ein Yak von Hans Heinz aus Sufers zerlegt. Jetzt findet man es auf der Speisekarte unter «Pulled Yak mit Süsskartoffelstampf, Röstzwiebeln und Bratwurst». Ist das Tier vollständig verwertet, wechselt Hansjörg Ladurner das Gericht aus. «Die Natur gibt meine Karte vor, laufend werden Komponenten ausgewechselt.»
Die vielen Stammgäste des Terroir-Kochs verstehen seine Philosophie inzwischen und wissen etwa, warum es nach der Mauser keine Eier gibt. Doch Hansjörg Ladurner geht weiter. Gemeinsam mit Marcel Heinrich, landwirtschaftlicher Berater und Bergkartoffelbauer, sowie mit Bergbauer Bruno Hassler plant er, einen Acker in Zorten anzulegen. Ackerbohnen, Kartoffeln und Getreide wollen sie darauf anbauen. Der rund zehn Aaren grosse Acker soll von Bruno Hasslers Pferden gepflügt werden. Es ist angedacht, dass die «Schweizerhof»-Gäste bei der Pflege mithelfen können. «Damit wollen wir aufzeigen, dass eine Zusammenarbeit zwischen Bauern und Hotels Sinn macht. Und in Sachen Regionalität einen Schritt weitergehen, sodass wir bald Brot aus eigenem Getreide backen können.»
(Sarah Sidler)
Hansjörg Ladurner wurde 1971 geboren und absolvierte seine Lehre im Hotel Meranerhof in Meran (I). Seit 1991 arbeitet er in der Schweiz mit Stationen in den Hotels Kronenhof in Pontresina, Albana in Silvaplana und Beatus in Merligen. Seit 2007 ist er Küchenchef und Gastgeber im Restaurant Scalottas.