Hausgemachte Glace ist im Trend. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Cocktails, des Nachbarn Kirschen oder biologische Marroni – alles wird zu Eis gemacht. So verhilft Glace auch im Winter zu Mehrumsatz.
Wollen Sie Ihren Drink flüssig oder gefroren?» Was im ersten Moment verwirrend klingt, fragt man in der Styx-Bar am Basler Rheinufer die Gäste. Denn bis Ende September wird die Bar in der Altstadt tagsüber auch als Cocktaileria und Gelateria Eis-A betrieben. Und was dort angeboten wird, ist alles andere als alltäglich.
«Wir haben uns überlegt, wie wir die doch eher dunkle Bar in den Sommermonaten zusätzlich füllen können», sagt Fabio Gemperli. Der Geschäftsführer der Bar sowie der Restaurants 1777 und Ufer 7 hat das Konzept gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Tanja Orlando entwickelt. Alle drei Betriebe gehören zur Wyniger-Gruppe von «Teufelhof»-Direktor Raphael Wyniger.
Von Beginn weg sei klar gewesen, dass wieder etwas Spezielles die Bar beleben soll. Bis April kannte man das Lokal als «Speak-easy Bar», in die man nur mit entsprechendem Code gekommen ist – wie zur Zeit der Prohibition. Und wieder fand man im Ausland Inspiration: «Ich war begeistert von den mit Stickstoff zubereiteten Glaces in New York und dachte sofort daran, solche in Basel anzubieten», erzählt Tanja Orlando.
Mit Stickstoff zubereitete Glaces seien cremiger und intensiver im Geschmack. Nach einem Brainstorming mit Fabio Gemperli und den Barkeepern Kim und Julian Bhorania sowie Diego Abt bei einer guten Flasche Wein stand fest: «Wir machen unsere eigene Glace, aber einzigartig.» So entstanden die zwei Stickstoff-Sorten Vanille mit Ovomaltine-Crunch und Karamellsauce sowie das Gurke-Minze-Sorbet, eigentlich ein schleckbarer Virgin-Cocktail.
«Wir machen unsere Stickstoffglaces immer frisch. Der Show-effekt begeistert die Gäste», so Barkeeper Julian Bhorania. Und die Barkeeper wären keine angefressenen Berufsleute, wenn sie die Stickstoff-Glace-Maschine nicht bereits dazu benutzten, um echte Cocktail-Glaces herzustellen. «Der Gin Tonic ist mir schon einmal gelungen, wie auch ein Caipirinha und Mojito. Wir sind voll motiviert, denn der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt», freut sich Julian Bhorania. Doch es sei gar nicht so einfach, das richtige Verhältnis zwischen Wasser, Alkohol und Zucker zu erwischen.
Das merkten die Betreiber der Cocktaileria-Gelateria Eis-A bereits bei der Erarbeitung ihrer fünf verschiedenen Cocktailglaces. Smash the Mule, Mint Julep oder Devil’s Candy heissen drei der Kreationen aus Wasser, Alkohol und Eis mit einem Alkoholgehalt zwischen 2,8 und 3,5 Prozent. Die Sorbet-Kreationen sind in Becher gegossen und mit Stängel versehen. «Die Cocktailglaces kann man zuerst wie Stängeliglace essen, und wenn sie zu flüssig werden, trinkt man sie», erläutert Tanja Orlando. So könnten ihre Cocktails auch am nahen Rhein-ufer genossen werden.
Da die Gelateria dienstags bis sonntags von 15 bis 20 Uhr geöffnet ist, soll für jedermanns Geschmack etwas dabei sein. Deshalb bieten die Barkeeper tagsüber auch 13 Sorten «normale» Glaces an. Neben den gängigen Sorten wie Schokolade, Vanille oder Pistazie findet man jedoch auch hier Aussergewöhnliches: Glaces, die nach Zuckerwatte, Hanf oder Heu schmecken. Im «Kindheitstraum» sind ganze Gummibärli und die Matcha-Glace mit Chiasamen ist für Veganer und Kalorienzähler ohne Reue geniessbar.
«Unser Ziel ist es, die Restaurants Ufer 7 und 1777 mit eigenen Glaces zu beliefern», sagt Fabio Gemperli. Die Cocktaileria-Gelateria Eis-A diene ihnen dazu herauszufinden, welche Glaces die Gäste wollen. Und wenn ihre Sorten in den Restaurants bekannt werden, helfe dies wiederum, auf die Styx-Bar aufmerksam zu machen, wo Glaces auch als Cocktails daherkommen.
Etwas weiter südwestlich in der Schweiz: Die Philosophie der Gelateria di Berna sind frische Gelati. «Unsere Mitarbeiter stellen an jeder unserer fünf Verkaufsstellen in Bern und Zürich täglich Gelati her. Das Angebot wechselt und variiert leicht von Filiale zu Filiale. Doch mindestens 24 Sorten bieten wir überall an», erläutert Hansmartin Amrein, einer der Gründer, das Angebot.
«Klar wäre es billiger, wenn wir alle Gelati an einem Standort produzierten. Doch die Vibrationen beim Transport schaden der Qualität und so sind wir flexibler.» So flexibel, dass in der Filiale Länggasse kurzerhand ein Kornelkirschen-Gelato produziert wurde, nachdem ein Nachbar die Früchte vorbeibrachte. Die Berner Gelatofans machen Eiscreme aus allem, was ihnen gefällt: seien es Tannenspitzli, Sauerampfer, Grapefruit mit Pfeffer oder Ananas und Basilikum.
Die vier Gründer der Gelateria di Berna Susanna Moor, Hansmartin Amrein und seine Brüder Michael und David haben das Handwerk vor zehn Jahren in einem sechsmonatigen Praktikum in einer Gelateria in Verona (I) gelernt. Mit diesem Wissen haben sie während eines weiteren halben Jahres ihre 150 eigenen Rezepte erarbeitet. Mit Erfolg: 2017 verkauften sie 12 000 Liter Gelati. Eben haben sie ihre sechste Filiale eröffnet: ein Pop-up in Bern-West.
Während drei Monaten werden dort voraussichtlich ihre Gelati verkauft. In den festen Filialen bis Anfang November. Danach werden die Lokale für vier Monate kostengünstig vermietet. Während der Wintermonate belebten schon Bistros, Bäckereien und Käseläden die Gelaterien. «Wir vermieten gerne an Junge, die etwas Neues ausprobieren. Meist im kulinarischen Bereich», so Hansmartin Amrein. «So können wir Quartiere, die dank unserer Gelaterien zum Treffpunkt wurden, auch im Winter beleben.»
Egal ob Sommer oder Winter, in den drei Tschingg-Take-aways und -Restaurants in Zürich gibt es immer Gelati. «Die Schweizer lieben Glace, auch im Winter», sagt Geschäftsführer Francesco Baumgartner. Rund einen Drittel seiner Glace verkauft er in den Wintermonaten.
Während seine Köche derzeit einmal wöchentlich zwischen acht und zwölf Sorten Eis zum Beispiel aus Blaubeer-Joghurt oder grünem Apfel mit Minze herstellen, seien die Glaces im Winter dann aus Marroni oder Blutorangen. Weil der Glaceverkauf schon immer sehr gut lief, will der Italiener die Produktion nun pushen: «Es hat sich gezeigt, dass die Zürcher offen sind für spezielle Kreationen. In diesem Bereich wollen wir ausbauen.» Zudem ist der Betrieb derzeit in der Testphase für vegan und biologisch hergestelltes Eis. Natürlich werden die neuen Sorten auch in der vierten Filiale im Zürcher Löwenbräu-Areal nahe dem Limmatplatz erhältlich sein. Dieser neue «Tschingg»-Standort wird voraussichtlich im kommenden Februar öffnen.
(Sarah Sidler)
Geisskalt
Der Ziegenhof Blüemlisberg produziert in handwerklicher Manier 20 verschiedene Sorten Glace aus Bergziegenmilch. Die Glace-Rezeptur haben sie an der Molkereischule in Sursee selber entwickelt. Ziegenmilch ist bekömmlicher als Kuhmilch, deshalb begeistern die «Geisskalt-Glaces» durch ihre Leichtigkeit.
www.bluemlisberg.swiss
Schintbühl-Glace
Unter dem Motto «Guets vom Buurehof» werden auf dem Hof Schintbühl in Ebnet über 25 Sorten Glace aus eigener Jersey-Milch produziert. Die meisten Aromen sind mit dem Regionallabel «Echt Entlebuch» ausgezeichnet und werden ohne künstliche Farb- und Aromastoffe hergestellt.
www.schintbuehlglace.ch
Il Sorriso
Sonia Gabusi hat ihr Handwerk an der Universität Gelato Carpigiani in Bologna gelernt. Sie stellt ihre Glaces in Handarbeit her und verwendet dafür weder Farb- noch Konservierungsstoffe. Ihre Sorbets bestehen auch aus Banane, Grapefruit oder Mintrone, einer Mischung aus Minze und Zitrone.
www.gelati-ilsorriso.ch
Skadi
Berliner stellen diese Frozen Cocktails aus natürlichen Zutaten her. Die Beutel enthalten Sex on the Beach, Summer Passion, Whiskey Sour, Moscow Mule oder Vodka Mate mit je 10,6 % Alkohol. Die Cocktails können nach zwölf Stunden im Tiefkühler als Eis genossen werden.
www.skadi.berlin
Cocktaileria-Gelateria Eis-A c/o Styx Bar
Untere Rheingasse 9
4058 Basel
www.styxbar.ch
Gelateria di Berna Laboratorio Marzili
Marzilistrasse 32
3005 Bern
www.gelateriadiberna.ch
Tschingg AG
Oberdorfstrasse 8
8001 Zürich
Tel. 043 210 38 07
www.tschingg.eu