Serie: Fair produziertes Fleisch (Teil 6)
Um im Restaurant Parkhuus exklusive Spezialitäten aus Schweizer Fleisch anbieten zu können, tüftelt der Executive Chef gemeinsam mit seinem Metzger.
Frank Widmer hat Blut geleckt während des temporären Konzepts «Hunger» im Restaurant Parkhuus. Der Executive Chef des Hotels Park Hyatt Zürich verarbeitete dort während vier Monaten ausschliesslich Schweizer Fleisch und zwar vollständig. Während dieser Zeit kamen unkonventionelle Spezialitäten auf den Tisch des Fünfsternehauses wie überbackene Markbeine oder gekochte Knie. Erarbeitet hat Frank Widmer diese mit Metzgermeister Ernst Brönnimann aus Jona.
Die Gäste liebten das Konzept. So auch das Head Office der HyattKette: «Es wurde gewünscht, dass wir weiterhin auf nachhaltige Schweizer Produkte setzen und unsere enge Zusammenarbeit weiterführen», so Frank Widmer. «Wir tun das mit Vergnügen», schmunzelt er und erarbeitete das aktuelle Konzept des Restaurants: «Jage, fische, sammle im Wald uf de Wise und im Wasser». Im Mittelpunkt der neuen Philosophie steht der Ursprung der Produkte.
In der Zwischenzeit ist Ernst Brönnimann in Jona nicht nur der Metzger seines Vertrauens geworden, sondern auch ein Freund. 95 Prozent des verkauften Fleisches im «Parkhuus» stammen von ihm. Ernst Brönnimanns Philosophie stimmt: «Ich beziehe mein Fleisch nur von Bauern aus der Region. Alle Tiere sind in artgerechter Umgebung und mit natürlichen Futtermitteln aufgezogen worden. Die Rinder wachsen in Mutterkuhhaltung auf.»
Das passt Frank Widmer. «Wir treffen uns wöchentlich und tüfteln oft spätabends noch gemeinsam an unseren neuen Ideen.» Ernst Brönnimann verrät dazu: «Wir profitieren extrem voneinander, auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind. Ich berate und produziere und erhalte von Frank sowie seinen Gäste unmittelbares Feedback. Eine wertvolle Erfahrung.»
Oft sind ihre Ideen etwas unkonventionell und gründen darin, dass die beiden möglichst alles vom Tier verwenden wollen. So sind im «Parkhuus» seit einiger Zeit Mostbröckli aus Ochsenherzen im Angebot – und verkaufen sich gut. Während der Metzgermeister und der Chefkoch die Produkte gemeinsam ersinnen, kauft Ernst Brönnimann die Tiere bei den Bauern seines Vertrauens, verarbeitet und salzt sie ein oder räuchert sie. In Frank Widmers grossen Reifeschränken im Restaurant hängen sie dann publikumswirksam. Durch diese enge Zusammenarbeit kommen die «Parkhuus»-Gäste» in den Genuss von selbstgetrocknetem Hausschinken und Speck. Derzeit wird an einer Trockenfleischspezialität aus Lammgigot getüftelt, und zu Weihnachten soll es gar Gänseschinken geben.
Am besten verkauft Frank Widmer Schweizer Bisonfleisch. Fleisch, das selbst Ernst Brönnimann mit seinen guten Beziehungen nur mit viel Aufwand auftreiben kann: «Es gibt einfach zu wenige Bisons hier.» Damit auch von diesen Tieren möglichst alle Stücke verkauft werden können, wird das Fleisch im «Park Hyatt Zürich» nur als Platte angeboten. Küchenchef Sebastian Wirsching bereitet damit Ragout, Entrecôte und Ravioli zu.
Mit einer weiteren Spezialität kann Frank Widmer seine Gäste in der Wildsaison überraschen: «Wir erhalten exklusiv sämtliches im Herbst erlegtes Wild aus dem Joner Wald. Das sind vornehmlich Rehe», erzählt Ernst Brönnimann. Dieses gibt er zu einem grossen Teil ans «Hyatt» weiter, froh, einen Abnehmer dafür gefunden zu haben. «Weil diese regionale Kostbarkeit etwas teurer ist als importiertes Wild, fand sie in der hiesigen Gastronomie bisher keinen reissenden Absatz.»
Doch weil Restaurant-Geschäftsführer Armin Waldvogel darauf achtet, dass die spannenden Geschichten hinter den Produkten erzählt werden, bezahlen die Gäste im «Parkhuus» diesen Extrafranken gerne.
(Sarah Sidler)