Pascal Trottmann merkt als Berufsfachschullehrer, dass die aktuelle Situation Lernende auch stärkt.
Pascal Trottmann, was beschäftigt Sie als Berufsfachschullehrer derzeit besonders?
Da ich in drei Bereichen beruflich tätig bin, zeigen sich mir drei verschiedene Bilder der jungen Generation. Ihre Situation beschäftigt mich, ihre Sorgen gelangen häufig an mich. Doch die Jungen meistern die schwierige Situation gut. In der Schule wird einander Mut zugesprochen, Halt gegeben. Ich bin stolz auf sie.
Wie sehen die drei verschiedenen Ausgangslagen denn aus?
Die angehenden Restaurationsfachpersonen (Refa) befinden sich in einer schwierigen Situation. Meinen Refas fehlen die sozialen Kontakte enorm, sie sind gerne unter Menschen. Die Schule wurde für sie zum Treffpunkt, ihr Zusammenhalt verstärkte sich. Sie haben Berufsstolz und Branchenidentifikation entwickelt. Neben ihnen unterrichte ich vorläufig Aufgenommene in der Vorlehre Integration Gastronomie. Viele von ihnen wollen nachher Restaurantangestellte (Rean) werden, was im Moment leider unrealistisch ist. Für diese Menschen ist die Situation in einem fremden Land enorm schwierig. Als Allgemeinbildungslehrer bilde ich Zimmerleute aus. Für diese ist die Situation teilweise surreal, da sie auf der Baustelle ziemlich normal arbeiten dürfen, in ihrer Freizeit jedoch enorm eingeschränkt sind.
Welche Sorgen wiegen auf?
Besonders die Refas haben Angst, dass sie nun auf dem Arbeitsmarkt weniger Wert haben. Doch Freude, Passion und Interesse werden junge Berufsleute weiterhin in eine sichere berufliche Zukunft führen. Die Ausbildung macht nur einen kleinen Teil des Berufslebens aus.
Rund ein Fünftel aller Betriebe mussten bereits schliessen. Wird es künftig nicht genügend Arbeitsplätze in der Gastronomie geben?
Diese Angst besteht. Doch ich weise die Lernenden darauf hin, dass sie mit ihrer Berufsausbildung über einen wesentlichen Vorteil verfügen. Es wird sich vieles verändern. Doch der Markt und das Bedürfnis der Menschen nach Restaurants und Hotels bleiben bestehen. Die Jungen haben heute die Chance, mit kreativen Ideen ihren Teil zu einer Veränderung beizutragen.
In welche Richtung können diese Veränderungen gehen?
Die Menschen haben offensichtlich Sehnsucht nach Gastronomie. Sie sitzen in Winterjacken auf den Terrassen. Delivery wird von älteren Generationen entdeckt. Zudem ist die Wertschätzung für die Dienstleistungen in der Gastronomie und Hotellerie gestiegen. Die Menschen spüren, welche wichtige Rolle das Gastgewerbe in ihrem Leben spielt. Das spiegelt sich neu im Umgang und in der Sprache zwischen Gastgebern und Gästen. Es ist eine grosse Chance, das Bedürfnis der Gäste jetzt aufzugreifen, die Freude und Wertschätzung abzuholen und zu bestätigen. Das kann ein nachhaltig anderes Verhältnis zwischen Gast und Gastgeber bewirken. Es liegt nun an den Gastgebern, dieses Verhältnis aufrechtzuerhalten.
Wie bereiten Sie die Abschlussklassen auf das Qualifikationsverfahren in dieser neuen Situation vor?
Dadurch, dass wir seit letztem Sommer durchgehend Präsenzunterricht hatten, ist der theoretische Teil gut abgedeckt. Für den praktischen Teil hat die Gastro Formation Bern ein Projekt für Lernende auf die Beine gestellt, so dass sie während drei Tagen an verschiedenen Standorten praktische Arbeiten üben und Prüfungsdurchgänge machen konnten.
Wie ich gehört habe, stellten Sie ein zusätzliches Projekt auf die Beine.
Ja, ich habe im Februar doppelt so viele Schultage angeboten. Wir wollten diese Tage vorholen, damit die Lernenden nicht zu Hause herumsitzen und sie später verstärkt in ihren Betrieben eingesetzt werden können, wenn diese wieder aufgehen. Doch leider durften die Lokale im März nicht öffnen. Die Tage wurden kompensiert.
Was übten Sie in diesen zusätzlichen Schultagen?
Neben der Theorie das praktische Handwerk wie Käseplatten zubereiten, das fachgerechte Servieren oder den Weinverkauf. Denn den Lernenden fehlen vier Monate praktisches Arbeiten vor dem Gast. Ausgenommen sind hier diejenigen, die ihre Ausbildung in Hotels absolvieren. Diese waren teils verstärkt im Einsatz.
Ihr Einsatz beschränkt sich nicht auf die Berufsschule. Welche Herausforderungen stehen als Mitglied des Zentralvorstands der HGU an?
In den Bereichen Strategie, Zukunft und Finanzen konnten wir vieles erreichen. Diese Arbeiten würde ich im ZV gerne weiterführen, um die Branche in dieser schwierigen Zeit weiterhin zu unterstützen.
(Interview Sarah Sidler)
Pascal Trottmann (39) gibt als dipl. Berufsfachschullehrer am Bildungszentrum Emme in Burgdorf/BE Berufskunde Refa, Vorlehre Integration Gastro und allgemeinbildenden Unterricht in verschiedenen Berufen. Der Vater zweier Buben ist gelernter Koch EFZ, Servicefachangestellter EFZ sowie Hotelier/ Restaurateur HF.