Der kreative Berner Gastronom ist Mitgründer von «Der Gewerbeverein» mit nachhaltig sozialer Ausrichtung.
Michel Gygax, unter dem Dach der KG Gastrokultur führen Sie fünf unterschiedliche Restaurants und eine Weinhandlung. Wie ist der Sommer nach der Pandemie gelaufen?
Gut. Sehr gut sogar. Natürlich in jedem Betrieb ein bisschen anders. Das schöne Wetter hat den Betrieb im Garten beflügelt. Die Tische unter der schattenspendenden Linde beim Restaurant Schloss in Köniz/BE waren gefragt. Auch der Aussenbereich des «Eiger» in Bern war immer gut besucht. Im «Du Nord» hingegen war es den Gästen draussen manchmal fast zu heiss.
Wie sind die Aussichten für den Herbst und Winter?
Die Sommerfeste sind sehr gut gelaufen. Noch sind die Auftragsbücher für den Herbst und Winter nicht so voll wie auch schon. Auch ist unklar, wie sich die Corona-Situation in den kommenden Monaten entwickeln wird. Seit zwei Jahren stellen wir fest, dass viele Buchungen kurzfristig kommen. Wir denken schon, dass Anfragen eingehen und wir zahlreiche Aufträge realisieren dürfen.
Sorgen Sie sich über den angekündigten Energiemangel? Wie reagieren Sie auf die gestiegenen Energiepreise?
Unser Energiebezug liegt in der Kategorie Grundversorgung, und wir haben keine Verträge auf dem freien Markt. Deshalb sind wir in Bern und Köniz von teuren Energiepreisen etwas weniger betroffen. Wir rechnen damit, dass die Kosten um fünf Prozent steigen. Die Energiekosten sind jedoch viel kleinere Kostentreiber als die steigenden Personal- und Warenkosten. Wie und wann wir die Preise anpassen, ist noch offen.
Fühlen Sie sich von der Politik genügend unterstützt?
Beim Branchenverband Gastro-suisse gibt es verschiedene Flügel und Sektionen. Einige setzen sich für alle ein. Andere politisieren rückwärtsgerichtet und insbesondere an der urbanen Gastronomie vorbei. Gastrobern beispielsweise machte während der Pandemie einen guten Job. Für Gastrosuisse habe ich mich fremdgeschämt. Von der traditionellen Gewerbepolitik fühle ich mich schlecht vertreten. Deshalb habe ich 2019 mit Gleichgesinnten den «Gewerbeverein» gegründet.
Zusammen mit Aline Trede, Nationalrätin/GPS, präsidieren Sie den «Gewerbeverein». Welche Ziele verfolgt dieser?
Wir beschäftigen uns intensiv mit den vier Säulen der Nachhaltigkeit. Dazu gehören die soziale Menschlichkeit, eine ganzheitliche Ökologie, faire Wirtschaftlichkeit sowie die kulturelle Identität. Schweizweit hat «Der Gewerbeverein» 430 Mitglieder. Die meisten davon sind inhabergeführte KMU und Selbständige. Wir organisieren regelmässig kleinere Netzwerkanlässe bei Mitgliedern und unterstützen uns gegenseitig.
Sind neben Ihnen weitere Gastrounternehmer dabei?
Ja, sehr viele sogar. Auch zahlreiche Lebensmittelproduzenten sind dabei. Alle Unternehmen, die Nachhaltigkeit leben, sind herzlich willkommen.
Was konnte «Der Gewerbeverein» bereits bewegen?
Im Vorstand arbeiten vier Nationalrätinnen und Nationalräte mit. Sie können unsere Anliegen in die nationale Politik tragen. Während der Pandemie hatten wir eine Hotline eingerichtet, die Partnern Auskunft über die komplizierten Regeln der Kurzarbeit und der Entschädigungen gab. Auch konnten wir einen gewissen Druck aufrechterhalten, damit KMU angemessen entschädigt wurden. «Der Gewerbeverein» ist Partner der Berner Klimaplattform, die den CO₂-Ausstoss verringern will.
Woran arbeiten Sie aktuell?
Wir sind am Aufbau von Sektionen. Und wir schärfen das Bewusstsein der Mitglieder, wo sie ihr Geld ausgeben – ob sie in die Schweizer Produktion investieren oder in ausländische Ware. Mit unserem Konsumverhalten und dem Geldfluss können wir viel bewirken.
(Interview Gabriel Tinguely)
Michel Gygax machte das KV. Kurz danach wechselte er in die Gastronomie und organisierte vielekulinarische und kulturelle Events. Heute leitet er die KG Gastrokultur und die Weinhandlung Weinerlei mit drei Partnern in Bern.