Veränderungen beim Konsum werden in der Insel-Restauration nicht erst seit Corona mit Argusaugen beobachtet.
Vinzenz Meier, Sie sind Bereichsleiter Hotellerie der Insel-Gruppe in Bern. Wie viele Mitarbeitende verpflegen sich auf dem Campus des Inselspitals?
Aufgrund der Corona-Vorschriften arbeiten viele Insel-Mitarbeitende im Homeoffice, es finden praktisch keine Vorlesungen für Studierende statt. Zudem fehlen Besuchende und Anlässe auf dem Insel-Campus. Deshalb verpflegen wir in unseren sieben Restaurants zurzeit täglich nur rund 3000 Mitarbeitende. Dazu kommen gut 800 Patientinnen und Patienten pro Service.
Welche Anforderungen stellen die Mitarbeitenden an die Ernährung?
Wichtig sind kurze Wege zu den Restaurants, ein schneller Service, günstige Preise und freie Sitzplätze auch zu Stosszeiten. Doch das allein lockt keine Gäste in die Restaurants. Ein breites Angebot und dennoch eine klare Positionierung sind nötig. Das ist mit sieben Restaurants auf dem Campus gut abzudecken. Dazu kommen qualitativ gutes Kochen sowie freundliche Mitarbeitende, welche die Stammkundschaft kennen und pflegen. Auch die Transparenz in Bezug auf regionale Beschaffung und Herkunft der Lebensmittel ist wichtig.
Wie gesundheitsbewusst sind die Mitarbeitenden eines Universitätsspitals?
Bei mehreren tausend Gästen ist das Spektrum sehr breit. Uns ist sehr wichtig, dass wir für alle Essgewohnheiten Angebote bieten können. Dabei wollen wir die Gäste nicht erziehen, sondern ihnen Auswahl bieten. Viele Gäste scheinen sich bewusst zu ernähren. Doch gibt es Frittiertes oder ähnliche Renner auf dem Menu, ist die Schlange dort am längsten.
Wie haben sich die Ernährungsgewohnheiten während der Pandemie verändert?
Die Bandbreite ist und bleibt gross. Themen wie Regionalität, Saisonalität, Fair Trade, ohne Palmöl, möglichst keine Allergene, aus tiergerechter Haltung oder vegan verweben sich. Dazu kommen punktuell Hypes aus der Superfood-Ecke. Diese Anforderungen haben unser Angebot modularer und spannender werden lassen. So haben wir im Oktober 2021 eines der Restaurants neu positioniert und umgestellt auf vegi/vegan. Das hat eingeschlagen wie eine Bombe. Wir haben dort auch neues Publikum gewonnen.
Wie hoch ist der Anteil an vegetarischen oder veganen Gerichten?
Abgesehen vom neuen Restaurant liegt der Vegi-Anteil in gewissen Menüplankonstellationen bei gut 50 Prozent. Unter unseren Gästen gibt es eine grosse Anzahl Flexitarierinnen und Flexitarier.
Welche Rolle spielen Alternativprodukte zu Fleisch und Milch?
Unser Fokus liegt nicht auf einem möglichst hohen Anteil an Alternativprodukten. Unsere Gäste schätzen die Originalgerichte viel mehr. Ziegenfrischkäse mit Traubenkonfit im Filoteig mit Sauerkirschen-Chutney ist viel attraktiver als ein Convenience-Fleischersatz in Steakform.
Wie kommt das an?
Sehr gut. Wir haben das Vertrauen der Gäste. Da können wir uns auf eine lange Tradition stützen. Denn wir waren und sind ehrlich in dem, was wir tun. Dabei ist es nicht einfach, die Trends richtig zu erkennen und geschickt ins Angebot einzubauen, ohne sich zu verzetteln. Wichtig ist uns auch, dass die eigenen Mitarbeitenden affin sind für diese Themen und sich bewusst und gerne mit auf diesen Weg begeben.
Wie hat Corona das Angebot und die Betriebsabläufe beeinflusst?
Auf die Angebotsplanung hatte Corona keinen entscheidenden Einfluss. Unsere Restaurants waren immer offen, wobei die Sitzplätze aufgrund der Abstände weniger wurden. Das Geschirrkonzept «Drei Wege» mit Bring your own, Einweg-Take-away- und Mehrweggeschirr bot unseren Gästen eine nachhaltige Alternative, wenn die Sitzplätze knapp wurden. Wie sich die Konsumationsgewohnheiten bezüglich Delivery entwickeln werden, beobachten wir mit Argusaugen.
In welche Richtung wird sich die Insel-Restauration weiterentwickeln?
Viele Standards haben sich bewährt. So soll die Insel-Restauration Mitarbeitenden und Studierenden genauso wie Patienten und Gästen weiterhin einen unverzichtbaren Mehrwert bieten. Vielfalt und Qualität tragen zum positiven Image und guten Arbeitsklima bei. Der Genuss wurde noch modularer: trendig, währschaft, gesund, abwechslungsreich, nachhaltig – zum Mitnehmen oder Verweilen. Dabei bieten die vielen Bauvorhaben auf dem Insel-Campus enorme Chancen.
Ist der Fachkräftemangel auch in der Insel-Gastronomie ein Problem?
Nein, kein akutes. Die Insel-Gruppe hat wegen Corona keine Kündigungen ausgesprochen. Gewiss gab es in den letzten zwei Jahren auch Abgänge durch natürliche Fluktuation. Entgegen dem allgemeinen Branchentenor konnten wir die Stellen wieder besetzen. Häufig hat uns das Beziehungsnetz bestehender Mitarbeitender im Sinne von Weiterempfehlung geholfen.
(Interview Gabriel Tinguely)