Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Von Mais-Barthaaren und Brotlimonade

Paul Ivić führt in Wien eines der besten vegetarischen Restaurants der Welt. Doch es überraschen nicht nur die Gerichte.

  • Dieses Spiegelei ist ein veganes Dessert. Die Konsistenz kommt echtem Eigelb sowie Eiweiss verblüffend nah. (ZVG)
  • Vergangenes Jahr wurde das Restaurant Tian in Wien komplett neu gestaltet. Die verwendeten Materialien sind zum Teil recycled.

Fragt man einen der besten vegetarischen Köche der Welt nach seinem Grund, fleischlos zu kochen, erhält man eine mehrschichtige Antwort: «Vor zehn Jahren brauchte ich eine neue Herausforderung. Grundnaiv wollte ich alte Denkmuster durchbrechen. Auch störte es mich, wie Vegetarier abgestempelt werden, deshalb wollte ich etwas gegen den Vegi-Einheitsbrei tun.» Man merkt, Paul Ivić ist aufmerksam, mutig, überlegt sich viel und handelt danach.

Mit Erfolg. Der 42-jährige gebürtige Tiroler mit kroatischen Wurzeln ist seit der Eröffnung 2011 Küchenchef und Geschäftsführer des Restaurants Tian in Wien. Die ersten zwei Jahre seien sehr schwierig gewesen. Nicht nur an genügend Gäste zu kommen, sondern auch Köche zu finden, die hinter dem Konzept stehen, sei herausfordernd gewesen. Nun zählt Paul Ivić auf langjährige Mitarbeiter. Das zahlt sich aus. Seit 2014 zieren ein Michelin-Stern sowie 17 Gault-Millau-Punkte das rein vegetarische Restaurant. Es wird als drittbestes vegetarisches Restaurant Europas und fünftbestes der Welt gehandelt. 

25 Kilo für einen Liter

Mit dem Stern sei das Vertrauen seitens der Gäste gekommen. Seit eineinhalb Jahren ist das Hauptrestaurant in Wien täglich ausgebucht. «Der Eigentümer des Restaurants Christian Harper und ich wollten das Vegetarische neu definieren. Das ist uns gelungen», freut sich Paul Ivić. Wie, das zeigt der Auftakt des aktuellen Achtgängers. «Mais und Steinklee» präsentiert sich als eine Mais-Essenz, die aus einem blauen, speziell stärkehaltigen Mais sowie Safran aus der Region besteht. Für einen Liter Essenz wurden 25 Kilo Mais eingekocht. Separat gibt’s einen konfierten, grillierten Minimais mit Steinklee-Öl und einer Rauchmayonnaise. Dazu einen Maiskrapfen, gefüllt mit Mais-Ketchup und Mais-Chips mit Popcorn und Barthaaren vom Mais. 

Mais-Essenz und Morchelketchup

Gekocht wird mit biologischen Lebensmitteln von Produzenten in und um Wien. Die «Tian»-Crew ist im Anbau involviert und bewirtschaftet ein eigenes Feld. Sitzt ein Produzent mal auf einer Tonne hochwertiger Lebensmittel, kauft Paul Ivić sie ein und fordert seine Mitarbeiter auf, «etwas daraus zu machen». So entstand etwa das Morchelketchup. «Es geht uns ums Ganzheitliche. Wir kaufen biologisch ein, auch die Weine. Der Boden ist unsere wichtigste Substanz.» 

So überrascht Sommelier André Drechsler nicht nur mit naturbelassenen Schaumweinen wie Pet Nats oder dem Blaufränkischen des Schweizer Elektromonteurs Mike Muff, sondern auch mit der nichtalkoholischen Speisebegleitung. Zum Gericht Heurige aus neuen Kartoffeln, Lärchenchips, Lauch und Kefir wird ein Schwarztee-Kombucha mit Gerstengras, Karottengrün und Wacholder serviert. Michael Peceny und Mathias Martin scheuen sich nicht davor, Spargeln zu fermentieren, Stachelbeeren einzumaischen oder Kwas, die alte Brotlimonade, mit Kokosmilch zu mischen.

(Sarah Sidler)



Fakten und Zahlen


Öffnungszeiten Tian Wien:
mittwochs bis samstags ab 18 Uhr

Anzahl Mitarbeiter Wien: 
15

Standorte: 
Wien: Tian Restaurant und Tian Bistro am Spittelberg; München: Tian Restaurant

Informationen:
www.tian-restaurant.com