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«Die Zeit ist reif für Brioche-Brote»

Die Pandemie hat viele neue Essgewohnheiten mit sich gebracht. Nebst Gastronomen müssen sich denen auch Bäckereien, Konditoreien und Confiserien anpassen.

Der Wissenschaftler Walter Freund hat in der Bäckerbranche viel bewegt. (ZVG)

Walter Freund, was raten Sie Ihren Bäcker- und Konditorkollegen und -kolleginnen nach zwei Jahren Pandemie?
Zahlreiche Menschen haben das Kochen am eigenen Herd wiederentdeckt und liebgewonnen. Wenn nun vermehrt zuhause gegessen wird, brauchen Bäckereien Produkte, die auch am nächsten Tag noch Genuss vermitteln.

Woran denken Sie dabei?
Ich muss noch etwas ausholen. Jedes Unternehmen braucht Produkte, die einzigartig sind und mit wenig Aufwand in möglichst vielen Variationen angeboten werden können, aber am Abend nicht als Retouren enden. Wie wäre es mit einem Brioche-Brot als ganzjährige Spezialität Ihres Hauses?

Weshalb empfehlen Sie ein Brioche-Brot?
Die Zeit ist reif. Nicht nur für Brioche-Brote. Doch der Duft von frischen Brioches ist extrem verführerisch. Der Teig ist einfach herzustellen, kann lange gereift werden und lässt viele Formen zu. Zudem kann der Basisteig variantenreich ergänzt werden.

Wie würden Sie vorgehen?
Ein Brioche-Rezept ist schnell gefunden. Auf der Webseite der Richemont-Fachschule gibt es sogar eines mit 50 Prozent Butter. Der Teig für die Brioche-Brote wird zu Beginn der Tagschicht hergestellt, aufgearbeitet und dann, in Formen gefüllt, gekühlt. So kann er mindestens zwölf Stunden reifen und gären. Rechtzeitig zu Beginn der letzten Auslieferung werden die Brote dann frisch gebacken in die Läden gebracht – oder noch besser, direkt in den Verkaufsstellen gebacken.

Deren Duft wird sicher den Verkauf fördern. Brioches werden in der Schweiz als Portionen-Brötchen mit Wellenrand und Gupf angeboten. Sie reden von Broten.
Genau. Wer sagt, dass Brioches nur als Portionen angeboten werden können? Nehmen Sie eine Kasten- oder Gugelhupfform, vier oder sechs Teiglinge zu jeweils 50 Gramm, wirken diese rund und rollen sie in Hartweizengriess. Dieser gibt Farbe. Das Einlegen zeigt die pure Handwerkskunst, hat aber noch einen weiteren Vorteil: Die Portionen können ohne Schneiden abgerissen und verzehrt werden. Ein solches Brioche-Brot wirkt zwar sehr rustikal, schmeckt aber lecker. Die Bestreuung und der Glanz erhöhen zudem die Wertigkeit.

«Für Ihr eigenes Brioche-Brot brauchen Sie eine Gewürzmischung. Die macht das Produkt einzigartig.»


Nun geht es um weitere Variationen. Was empfehlen Sie?
Anhand der Basis-Rezeptur entwickeln Sie einen Jahresplan für die Variationen: Für Woche 22 mit Cranberrys, für Woche 23 mit dunklen Schokodrops und für Woche 31 mit gerösteten Walnüssen, Datteln und Feigen, jeweils in kleinen Stücken.

Können Brioche-Brote auch salzig-würzig zubereitet werden?
Natürlich können Sie auch Mozzarella oder Greyerzer in und auf den Teig geben. Geniessen Sie dabei wieder die Freude am Entwickeln von neuen Rezepten und Variationen. So werden Sie auch ertragen, dass nicht alle Ihre Ideen von den Kunden mit Begeisterung aufgenommen werden. Doch bleiben Sie fit für eine jüngere oder ganz neue Kundschaft.

Wozu raten Sie beim Entwickeln von neuen Rezepten für eine junge Kundschaft?
Für Ihr eigenes Brioche-Brot brauchen Sie zudem eine Gewürzmischung, die das Produkt einzigartig macht. Trauen Sie sich, Neues auszuprobieren. Mischen Sie Macisblüte, Vanille, Zitro-nenpulver, Tonkabohne, Nelken, Zimt und Ingwer für die Grundschärfe mit einer Spur von Par-mesan. Gerade Tonkabohne und Ingwer liegen im Trend und kommen bei jungen Kunden gut an.

Seit 2004 haben Sie 66 Gastkolumnen für das Richemont-Fachblatt geschrieben. In der aktuellen Ausgabe erschien die letzte. Was raten Sie dem Bäckergewerbe?
Bitte seien – und bleiben – Sie flexibel. Sorgen Sie für ein Angebot für jüngere Kunden – ganz nach dem Motto: Der Wandel ist das Beständige.

(gab)


Zur Person

Prof. Dr. Walter Freund ist Konditormeister und Lebensmittelwissenschaftler. Nach vielen Jahren an der Universität arbeitet er als Berater für Bäckereien. Er schrieb auch regelmässig Kolumnen für das Richemont-Fachblatt.


Informationen

Richemont Fachblatt Ausgabe 2/2022