Im Grossraum Zürich kommt kein Gastronom um den Früchte- und Gemüsehändler Marinello herum.
Tiziano Marinello, Sie führen das Geschäft Ihrer Vorfahren weiter. War für Sie immer klar, dass Sie in die Fussstapfen Ihres Vaters treten würden?
Nein, überhaupt nicht. Ich war ein miserabler Schüler. Es reichte mir gerade noch knapp, eine Lehrstelle im Detailhandel zu bekommen. Während der Lehrzeit aber machte ich den Knopf auf und holte nicht nur die Berufsmaturitätsschule nach, sondern hängte eine höhere Wirtschaftsschule an, die heutige Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW).
Wie ist es, in einem erfolgreichen Gemüsehandelsgeschäft aufzuwachsen?
Meinen Vorfahren fiel nichts in den Schoss. Sie haben für ihren Erfolg hart gearbeitet. Mir ist es immer wieder wichtig zu betonen, dass es ohne meine Urgrossmutter unser Geschäft gar nie gegeben hätte.
2015 verkaufte Ihr Coucousin die Marinello-Läden an die Migros. Was hatte das für Konsequenzen für das Standbein Grosshandel?
Die Läden und der Grosshandel hiessen zwar beide Marinello, doch es waren immer zwei Firmen. So konnten wir beides gut trennen. Mein Coucousin war fair genug, nur die Läden an die Migros zu verkaufen, nicht aber den Brand. Das hat uns sehr geholfen.
Sie beliefern vor allem die Gastronomie im Grossraum Zürich mit Gemüse und Obst. Nie Expansionsgelüste gehabt?
Nein, wir sind in und um Zürich zu Hause. Hier kennt man uns. Neben der Gastronomie um Zürich machen wir einen Drittel unseres Umsatzes mit Wiederverkäufern, die oft in der übrigen Schweiz tätig sind. Unsere Ware kommt so in die ganze Schweiz.
Wie schlimm war für Sie die Schliessung der Restaurants?
Das war der blanke Horror. Die Gastronomie ist unser Hauptkunde. Wir machten während des Lockdowns lediglich 20 Prozent unseres normalen Umsatzes. Wir waren deshalb sehr dankbar für die Kurzarbeitsentschädigung. Sie hat uns geholfen zu überleben.
Jetzt sind die Restaurants wieder offen. Welche Gemüse haben zurzeit Saison?
Im Moment sind wir in einer unspektakulären Zwischensaison. Die Saison der Zitrusfrüchte geht zu Ende, die Spargelsaison hat noch nicht richtig begonnen. In diesen Tagen kommen zwar die ersten Spargel aus dem deutschen badischen Raum, aber noch in kleinen Mengen. Wir sind gespannt, wie die Spargelsaison laufen wird. Die letzten zwei Jahre fand sie für uns wegen der geschlossenen Restaurants nicht statt.
Trotz Zwischensaison – können Sie uns ein paar Zahlen nennen, damit wir eine Vorstellung von Ihrem Warenumschlag haben?
Das mit den Zahlen ist so eine Sache. Die kommunizieren wir ungern. Aber damit Sie eine ungefähre Vorstellung haben. Heute, Ende März, haben wir rund 23 Tonnen Ware auf 21 Touren ausgeliefert.
Was ist derzeit im Trend?
Wir setzen auf Regionalität, wie viele in der Gastronomie auch. Wir verkaufen zwar alles, aber pushen Exotisches nicht. Nehmen wir zum Beispiel die Avocado. Wir haben diese zwar im Sortiment, aber wir machen beim Preisdumping nicht mit. Dafür setzen wir auf Einheimisches wie Topinambur, auch wenn wir mit einer Exoten-Aktion mehr verdienen würden.
(Interview Ruth Marending)
Tiziano Marinello (42) ist in Winterthur aufgewachsen. 2012 hat er die Aktienmehrheit von seinem Vater übernommen und steht seither an der Spitze der Marinello AG. Das Unternehmen ist in der Zürcher Markthalle daheim.