Markus Strähl will eine letzte Amtszeit im Zentralvorstand absolvieren. Dort wird derzeit eine neue Strategie für die Regionen entwickelt.
Markus Strähl, wie haben Sie das vergangene, turbulente Jahr erlebt?
Es war paradox: Ich bin zwar pensioniert, aber aufgrund der Corona-Krise habe ich im vergangenen Jahr viel mehr gearbeitet als sonst. Ich war als Aushilfe in einer Bäckerei tätig und aufgrund von Krankheits- oder Quarantäneausfällen gab es viel mehr Einsätze für mich.
Wie hat die Bäckerbranche die Corona-Krise erlebt?
Sicher etwas anders als die Gastronomie. Teils gab es enorme Umsatzsteigerungen, weil die Restaurants geschlossen waren. Ich arbeite in Eglisau/ZH, dort merkte man zudem, dass die Kunden nicht mehr im nahen Deutschland einkaufen konnten. Auch jetzt nach den Öffnungen sind manche Menschen noch vorsichtig mit Restaurantbesuchen. Ich denke aber, dass sich die Situation bis zum Herbst normalisieren wird.
Sie sind auch nach der Pensionierung noch immer beruflich im Einsatz. Wo trifft man Sie derzeit an?
Aktuell arbeite ich im «Hiltl» in der Badi Mythenquai am Zürichsee. Mit vegetarischer Küche habe ich sonst nicht viel am Hut, aber die Vegi-Hamburger sehen fast echter aus als jene aus Fleisch (lacht). Nun hoffe ich sehr auf eine Normalisierung, denn ich will unbedingt noch ein Jahr lang im Take-away-Bereich des Hallenstadions in Zürich arbeiten. Danach werde ich dort nach 40 Jahren aufhören.
Was hat Sie als Jugendlicher dazu bewogen, Bäcker zu werden?
Der Beruf hat mich schon immer fasziniert. Ich liebe das Handwerk und die Kreativität, die man als Bäcker und Konditor ausleben kann. Wichtig ist, dass man am Ball bleibt und sich immer weiterbildet. Manchen Jungen fehlt dieser Ehrgeiz. Leider, denn nur so kommt man im Beruf weiter.
Sie sind Präsident der HGU, Region Zürich. Welche Themen beschäftigten die Mitglieder in diesem schwierigen Jahr besonders?
Ich denke, uns alle haben ähnliche Themen und Ängste beschäftigt. Wir vom Vorstand hatten über Whatsapp fast jeden zweiten Tag Kontakt untereinander, so hat uns die schwierige Zeit sicher auch zusammengeschweisst. Schwierig war es, mit den Mitgliedern direkt in Kontakt zu treten. Zum Glück haben die Verbände die Telefonaktion gestartet, um den Puls an der Basis zu fühlen und auf Fragen direkt eingehen zu können.
Seit 2010 sind die Bäcker Teil der Hotel & Gastro Union. Wie haben Sie diese Integration erlebt?
Die Integration war lange geplant und ging eigentlich reibungslos über die Bühne. Bei einigen älteren Mitgliedern gab es etwas Skepsis, ob die Bäcker in so einem grossen Verband überhaupt noch eine Stimme haben würden. Diese Zweifel verflogen dann aber relativ schnell. In der Region Zürich treffen sich immer noch rund 40 Mitglieder zu kleinen Anlässen, der Zusammenhalt ist also geblieben.
Die Skepsis war also unbegründet?
Ich denke, das hat sich mittlerweile deutlich gezeigt. Ausserdem war der Fall klar: Alleine hätte unser Verband nicht überlebt, wir brauchten den grösseren Verbund.
Im Herbst wird der Zentralvorstand neu gewählt. Sie sind seit neun Jahren dabei – und noch länger?
Ich werde mich auf jeden Fall ein letztes Mal zur Wahl stellen. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Jahren mehr Junge finden, welche bereit sind, Führungsrollen in den Regionen zu übernehmen. 50 Prozent unserer Mitglieder sind unter 30, nur leider sieht man sie an den Anlässen kaum.
Was wird Sie im Zentralvorstand sonst noch beschäftigen?
Wir arbeiten derzeit daran, eine neue Strategie für die Regionen zu erarbeiten. Ziel ist es, die Aufgaben für die Vorstandsmitglieder, welche nebenbei alle berufstätig sind, ein wenig zu reduzieren und besser zu verteilen. Dieses Projekt möchte ich unbedingt noch abschliessen.
Die HGU kämpft seit Jahren mit Mitgliederschwund. Wie lässt sich das ändern?
Ich habe leider auch kein Patentrezept. Ich denke, es sollte wie früher funktionieren. Die Mitglieder wissen, wie wichtig die Union ist. Dies sollten sie nach aussen tragen und ihre Berufskollegen motivieren, ebenfalls beizutreten. Gerade die Jungen wissen oft gar nicht, was die Union für sie alles erreicht hat und immer noch erreicht. Das muss sich unbedingt wieder ändern.
(Interview Angela Hüppi)
Markus Strähl ist seit über 50 Jahren Bäcker-Konditor und war unter anderem als Produktionschef in der Bäckerei Milchbar in Zürich, danach im Café Ammann und in der Bäckerei Kern tätig. 2010 trat er der HGU bei, vorher war er 20 Jahre lang Vizepräsident des sbkpv. Seit 2012 ist er im Zentralvorstand, seit vier Jahren Präsident der Region Zürich.