Obwohl das Image etwas schlechter wurde, sind die meisten Lernenden mit der Ausbildung zufrieden. Trotzdem wollen nur 30 Prozent sicher in der Branche bleiben. Was müssen wir tun, damit sich das ändert?
Die gute Nachricht vorneweg: Die Jugendlichen sind im Grossen und Ganzen zufrieden mit der Ausbildung, wie die Grafiken zeigen. So bezeichnen gut Dreiviertel der Befragten die Qualifikation des Ausbildners als gut bis sehr gut. Nur sieben Prozent finden sie ungenügend. Die Zeit, die sich die Ausbildnerin, der Ausbildner nimmt, finden 63 Prozent gut bis sehr gut. Das zwischenmenschliche Klima im Betrieb finden 69 Prozent gut oder sehr gut. 11 Prozent finden es ungenügend.
Beim Image sieht die Sache schon etwas weniger gut aus. Nur 57 Prozent finden, die Gastrobranche habe ein gutes Image. Fast jeder Fünfte findet, es sei ungenügend bis schlecht. Hier zeigt sich auch eine Tendenz gegenüber 2004: Das Image der Branche hat sich in den Augen der Lernenden verschlechtert. Das hat dann wohl auch zur Folge, dass nur 30 Prozent sicher in der Branche bleiben. Fast die Hälfte verlässt die Branche oder weiss nicht, ob sie bleiben will. Untersuchungen zeigen dann auch, dass vier Jahre nach der Lehre nur noch knapp die Hälfte in der Branche arbeitet. Das so viele die Branche verlassen, halten Experten für verheerend. Denn zurzeit klagen alle Branchen über zu wenig Fachkräfte. «Wir bilden Lehrlinge aus, und wenn sie gut ausgebildet sind, springen sie in andere Sektoren ab», sagt Max Züst, Direktor der Hotel & Gastro Formation, dazu. «Das ist für unsere Branche eine Investition ohne Nutzen.» Damit dies weniger geschieht, bietet die Hotel & Gastro Formation ab diesem September Weiterbildungskurse für Ausbildner an.
Als Gründe dafür, weshalb so viele die Branche verlassen, nannte der Ökonom Rudolf Strahm den tiefen Lohn und die Arbeitsbedingungen. Stefan Unternährer, Leiter bei den Verhandlungen zum Landes-Gesamtarbeitsvertrag L-GAV bei den Arbeitnehmern, stimmt Strahm zu. «Das Gastgewerbe braucht marktgerechte Löhne, sonst wandern die Mitarbeitenden in andere Branchen ab. Denn der Lohn ist ein wichtiger Grund für die Abwanderung.» Die Abwanderung ist umso schlimmer, wenn man berücksichtigt, dass es immer weniger Jugendliche gibt, die eine Ausbildung im Gastgewerbe machen. Die Zahl der Lehrlinge hat laut Bundesamt für Statistik in den letzten sechs Jahren über 20 Prozent abgenommen. Der Grund dafür liegt auch in der Demografie. Die Zahl der Jugendlichen nimmt europaweit ab.
Kein Wunder, klagen Wirte und Hoteliers landauf, landab, dass sie keine qualifizierten Fachkräfte finden. Doch was müsste man tun, um die Lernenden und Ausgebildeten in der Branche zu halten?
Für Roland Barmet, Gastgeber im Hotel Cascada in Luzern, ist dies der wichtigste Punkt: «Wir müssen die Mitarbeitenden wertschätzen. Dann bleiben sie länger, bei mir sind es im Schnitt über zehn Jahre.»
Max Züst
Unser liberaler Zeitgeist mit abgeflachten Hierarchien in Familie und Schule muss auch in der Lehre seine Fortsetzung finden. Jugendliche wünschen sich, dass ihre Chefs an ihrem Leben teilnehmen. Sie hoffen auf Verständnis, wenn’s mal nicht läuft. Es gilt, das Lust- und Freudvolle unserer Berufe zu vermitteln, nicht das Erschwerende. Was ist wohl-tuender als einen glücklichen Gast zu verabschieden? Ab September lanciert Hotel & Gastro Formation Schweiz -Weiterbildungstage für Berufsbildner/-innen mit dem übergeordneten Ziel, Lernende nach Abschluss als Fachkräfte in der Branche zu halten. Dabei geht es um
Selektionsfragen (falscher Beruf), Sozialverhalten, aber auch um zu komplizierte Bildungsunterlagen.
Max Züst ist Direktor der
Hotel & Gastro Formation in Weggis.
Urs Masshardt
Wir tun Vieles, damit die Fachkräfte in der Branche bleiben. So engagieren sich die Mitglieder der Hotel & Gastro Union bei den Lehrplänen, damit diese attraktiv und praxisnah sind. Zurzeit werden
diverse Berufsbilder in der Gastronomie überarbeitet. Wir haben erreicht, dass
einige Weiterbildungen wie die Berufsprüfungen für die Mitarbeitenden weitgehend kostenlos sind. Auch haben wir Voraussetzungen für gute Arbeitsbedingungen geschaffen. Zudem regelt der Landes-Gesamtarbeitsvertrag L-GAV schweizweit gültige Minimalanstellungsbedingungen. Doch neben den engagierten Mitarbeitenden braucht es auch engagierte Wirte und Hoteliers. Die Ausbildner müssen eine gute Ausbildung bieten und die Lernenden wertschätzen. Dann bleiben sie nach der Lehre auch eher in der Branche. Denn nur gemeinsam bringen wir die Branche weiter.
Urs Masshardt ist Geschäftsleiter
und -Bildungsverantwortlicher der
Hotel & Gastro Union.
Was ist der Lehrlingsbarometer?
Seit 2004 ermittelt die Hotel & Gastro Union, wie zufrieden die Lernenden der Hotel- und Gastrobranche mit der -Ausbildung sind. Es ist die einzige Umfrage zum Thema. Dieses Jahr haben rund 4000 Lernende teilgenommen. Ausgewertet hat die Umfrage das Forschungsinstitut GfK Switzerland, Rotkreuz. Die Umfrage ist repräsentativ.
(Mario Gsell)
Der Lehrlingsbarometer zeigt es leider einmal mehr. Jahr für Jahr wollen nur rund die Hälfte der Lernenden in der Branche bleiben. Studien zeigen dann auch, dass vier Jahre nach der Lehre die Hälfte abgewandert ist. Das ist mehrfach schade. Schade für die Branche, die viele Fachkräfte verliert, und schade, weil unsere Branche spannende Berufe und gute Perspektiven bietet. Dank der Mitglieder der Hotel & Gastro Union kann man beispielsweise fast kostenlos die
Berufsprüfung und die höhere Fachprüfung machen. Über Karrieren von Gastgewerblern, die als Tellerwäscher begannen und später die Berufsprüfung absolvierten, haben wir schon mehrfach berichtet. Zudem kann man in kaum einer anderen Branche so einfach im Ausland arbeiten.
Als Gründe fürs Verlassen der Branche nennen die Lernenden neben wenig Wertschätzung die schlechten Arbeitsbedingungen und den relativ tiefen Lohn. Seit Jahrzehnten setzen sich die Mitglieder der Hotel & Gastro Union für Verbesserungen ein. Doch von rund 240 000 Mitarbeitenden in der Branche sind nur knapp 22 000 bei der HGU organisiert. Wer seine Arbeit in der Branche liebt und nur wegen schlechter Arbeitsbedingungen geht, sollte sich stattdessen in der HGU organisieren. Mit mehr Mitgliedern lässt sich mehr verbessern.