Was in der Hotellerie und im Flugverkehr gut funktioniert, wird nun auch in der Gastronomie getestet: dynamische Preise. Mal mit mehr, mal mit weniger Erfolg.
Seit fast zwei Jahren arbeitet das Restaurant Moment in Bern ab und zu mit dynamischen Preisen. Heisst: Am Wochenende, wenn die Auslastung höher ist, steigt auch der Preis der Menüs. «Auch wir merken, dass vieles teurer geworden ist», sagt Inhaber Sven Stauffer. Daher musste man die Preise anpassen. «Den Preis generell für alle Menüs zu erhöhen, hinterliess bei uns aber einen fahlen Beigeschmack», so Stauffer. Daher habe man sich für dynamische Preise entschieden. Die Gäste werden über diese Preispolitik transparent auf der Speisekarte informiert. Trotzdem habe es bisher kaum Rückmeldungen gegeben. Ganzjährige dynamische Preise kommen für das «Moment» allerdings nicht infrage. In den umsatzstarken Jahreszeiten Herbst und Winter gilt ein Fixpreis. «Das Konzept Dynamic Pricing führen wir je nach Saison, Jahreszeit oder Event ein. Die Preise sollen für alle stimmen», so Stauffer.
Wieder abgeschafft wurden die dynamischen Preise hingegen bei der Familie Wiesner Gastronomie. Mit dem neuen Modell wollte man die Nachfrage während weniger frequentierter Zeiten – vor dem Mittag sowie nachmittags – steigern.
Daniel Wiesner, Familie Wiesner Gastronomie
«Wir erhofften uns durch günstigere Preise für Online-Take-away und Delivery-Bestellungen, den Umsatz in diesen Randzeiten zu erhöhen», sagt Co-Geschäftsführer Daniel Wiesner. Allerdings habe man keinen merklichen Effekt auf den Umsatz bemerkt, weshalb das Preismodell wieder verworfen wurde. «Wir haben festgestellt, dass für diese Zeiten in der Schweiz kein grosses Bedürfnis besteht zu essen und daher die günstigeren Angebote wenig genutzt wurden», so Wiesner. Sein Fazit: Dynamisches Pricing scheint in der Gastronomie wenig erfolgreich zu sein, da es schwierig ist, das Essverhalten der Gäste in bestimmten Zeitfenstern zu ändern. «Zudem wird dynamisches Pricing in der Gastronomie möglicherweise noch nicht ausreichend verstanden oder geschätzt.» Komplett abgeschlossen hat Wiesner mit dem Konzept allerdings nicht: «Wir behalten das im Hinterkopf und verfolgen, was andere Gastronomen und Branchen weltweit machen.»
Wie dynamische Preise in der Gastronomie von den Gästen wahr-genommen werden, hat Nicolas Fahrni in seiner Bachelorarbeit für die Hochschule Luzern im Auftrag des Branchenverbands Gastrosuisse untersucht. Er kommt zum Schluss, dass dynamische Preise in der Individualgastronomie einen eher negativen Einfluss auf die Wahrnehmung haben. Je vertrauter das Publikum allerdings mit dieser Art des Pricings ist, desto weniger stark ist der negative Effekt. Fahrni rät zu einer schrittweisen Einführung, um die Gäste an die neue Art der Preisgestaltung zu gewöhnen. «Zudem ist es sinnvoll, das Gespräch mit den Gästen zu suchen.»
Die befragten Betriebe, welche mit dynamischen Preisen bereits erste Erfahrungen gesammelt haben, erhielten kaum Feedback von den Gästen – weder negatives noch positives. «Insgesamt gab es keine grossen Rückmeldungen von den Gästen», sagt etwa Daniel Wiesner. Wer zu Randzeiten bestellte, habe sich wohl über den niedrigeren Preis gefreut, dies aber nicht gross kundgetan. Ähnlich still blieben die Gäste des «Moment» in Bern.
Die dynamische Preisgestaltung hat in der hiesigen Gastronomie anscheinend noch einen eher schwierigen Stand. Ganz abschreiben sollte man sie dennoch nicht – verbessert sich die Akzeptanz künftig, könnten dynamische Preise helfen, die Auslastung besser zu steuern.
(Angela Hüppi)
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